Heimatforschung Wie Ahrweiler sich um seine Armen kümmerte

AHRWEILER · Hans-Georg Klein hat einen Doppelband der „Quellen zur Geschichte der Stadt Ahrweiler“ vorgestellt. Auf fast 1500 Seiten befasst sich der Heimatforscher mit der Armenfürsorge in Ahrweiler.

 Hans-Georg Klein stellt in der ehemaligen Synagoge seine beiden neuen Bände "Quellen zur Geschichte der Stadt Ahrweiler" vor.

Hans-Georg Klein stellt in der ehemaligen Synagoge seine beiden neuen Bände "Quellen zur Geschichte der Stadt Ahrweiler" vor.

Foto: Matin Gausmann

Akribisch betreibt Hans-Georg Klein seine Forschungen zur Geschichte Ahrweilers und bringt die Ergebnisse immer wieder zu Papier. Nun sind bereits Band zehn und elf der „Quellen zur Geschichte der Stadt Ahrweiler“ erschienen, in denen Klein einmal mehr die Ergebnisse aus seinen Forschungen in den Rechnungen der Stadt Ahrweiler präsentiert. Auf fast 1500 Seiten befasste sich der Heimatforscher mit der Armenfürsorge in Ahrweiler. Dort, wo heute Kranken- und Pflegekassen agieren, kümmerten sich im 16. und 17. Jahrhundert die Gilde und das Hospital. Schon damals wurden also die Armen und die Kranken betreut – zunächst noch in privater Initiative. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts ging dann die Fürsorge in kommunale Hände über.

„Die Armenfürsorge in Ahrweiler war ein weites Feld“, hatte Klein in seinen Recherchen festgestellt. Sie fußte auf zwei Säulen: der Gilde, die sich um die Armen in der Stadt kümmerte und dem aus der Gilde entstandenen Hospital im Weißen Turm, das sich der Kranken annahm. Klein gab den rund 60 Zuhörern bei der Präsentation seiner beiden neuen Werke einen kleinen Einblick in das Ahrweiler Leben des 16. und 17. Jahrhunderts und besonders in die Arbeit der Gilde. Grundlage aller Überlegungen seinerzeit war eine soziale und religiöse Mentalität, bei der fürsorglich über Generationen gedacht und die Toten nicht vergessen wurden.

Die Armen spielten hierbei eine große Rolle, Zielgruppe der Gilde waren die „Hausarmen“, vehement wehrte man sich allerdings gegen die Präsenz reisender Bettler, die nicht nur zum Betteln in die Stadt kamen. Ihnen wurde auch nachgesagt, dass sie Krankheiten einschleppten. Schon damals wurde reglementiert: Die ortsansässigen Armen erhielten Bettelscheine, die sie zur Almosenbettelei berechtigten. Eingesetzte Bettelvogte aber sollten die Vagabundieren der Stadt vom Leibe halten. Das gelang nicht gänzlich, so wurde 1803 eine „Überhäufung fremder Bettler“ in Ahrweiler beklagt. Die Gilden ließen den registrierten Armen in der Stadt Almosen zukommen. Betroffen waren etwa zehn Prozent der Bevölkerung, vermutete Hans-Georg Klein, der die Einwohnerzahl des Jahres 1603 anhand von 261 gezählten Haushalten auf rund 1050 Menschen hochrechnete.

20 Jahre vorher hatte ein Beleg 113 von der Gilde bedachte Arme benannt. In Armut fielen Menschen mit einem geringen Einkommen, Tagelöhner ohne eigenes Land, Behinderte oder Kriegsversehrte. Um sie kümmerte sich die Gilde, die Klein als „seltenes Exemplar mittelalterlicher Mildtätigkeit“ bezeichnete und die einer Bruderschaft gleichzusetzen war. Sie ließen den Armen sowohl Geld wie auch Kleiderspenden zukommen, sie zahlten auch das Schulgeld für Kinder armer Familien.

Bei seinen Forschungen zu Gilde und Hospital blieben für Hans-Georg Klein einige Fragen offen, wie die nach den Stiftern der Gilde, nach deren genauen Einnahmen und Ausgaben und nach den Hintergründen der enormen Geldgeschäfte, die sie tätigten.

Denn Gilde und Hospital erfüllten auch den Zweck heutiger Kreditinstitute.

Der kurze Exkurs des Heimatforschers gab einen Blick auf das, was die Leser der beiden neuen Quellen-Bände des Heimatvereins erwartet. Die ersten Ausgaben fanden noch am Abend der Vorstellung in der ehemaligen Ahrweiler Synagoge neue Besitzer. Sie sind zusammen für 40 Euro und einzeln für jeweils 28 Euro in der Buchhandlung am Ahrtor in Ahrweiler erhältlich.

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