Anlage in der Eifel unterstützt „Perseverance“ Radioteleskop Effelsberg bringt Nasa-Rover sicher zum Mars

Ahrgebirge · Eigentlich erforschen Astronomen mit dem Radioteleskop Effelsberg Himmelskörper außerhalb des Sonnensystems. Dennoch profitiert die Nasa bei ihrer aktuellen Mars-Mission von der Anlage in der Eifel - und das nicht zum ersten Mal.

 Das Radioteleskop Effelsberg hat vor rund 50 Jahren den Betrieb aufgenommen.

Das Radioteleskop Effelsberg hat vor rund 50 Jahren den Betrieb aufgenommen.

Foto: Martin Gausmann

Im Kontrollraum hat es so ausgesehen wie bei einer Weltraummission im Kennedy Space Center: Wenn auch nicht ganz so viele Menschen an nicht ganz so vielen und so riesigen Monitoren saßen, jubelten doch auch sie ob einer geglückten Mission. Nur befanden sie sich nicht in Florida sondern in der Eifel und blickten nicht gen Mond sondern auf den Mars. Genau in den von der Nasa so genannten „kritischen sieben Minuten“ während des Landeanflugs von Rover „Perseverance“ auf den Mars hatte Effelsberg vergangene Woche so guten Kontakt zum „Roten Planeten“ wie sonst nur ein anderer Ort auf der Erde: Green Bank im US-Bundesstaat West Virginia, wo das andere der beiden größten voll beweglichen Radioteleskope der Welt steht, das ebenfalls in die Marsmission eingebunden war.

Die trichterförmige Parabolantenne des Radioteleskops Effelsberg mit ihren 100 Metern Durchmesser dient sonst zum Empfang von Radiosignalen natürlichen Ursprungs aus dem Universum. Für die Marsmission war sie indes auf die künstlichen Signale ausgerichtet, die der Mars-Rover aussandte. Weil die Nasa selbst keine eigenen Empfangsantennen für Wellenlängen von 74 Zentimetern betreibe, habe sie um „Nachbarschaftshilfe“ gebeten, erklärt Norbert Junkes vom für das Radioteleskop Effelsberg zuständigen Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn.

Die eigentlichen Ziele des Radioteleskops Effelsberg sind viel weiter entfernt als der Mars

Der Mars sei zum entscheidenden Zeitpunkt rund elf Lichtminuten oder fast 200 Millionen Kilometer von der Erde entfernt gewesen. „Das ist für uns nur der kosmische Vorgarten“, sagt Junkes. Denn eigentlich forschen die Radioastronomen mittels der mit dem Teleskop eingefangenen Radiowellen von Himmelskörpern weit jenseits unseres Sonnensystems an Fragen wie: Was ist der Stoff, aus dem Sterne sind? Wo bilden sich Verdichtungen, aus denen neue Sterne entstehen? Wie sehen kosmische Magnetfelder bei Galaxien aus?

Das Radioteleskop blickt in Galaxien, die Milliarden Lichtjahre entfernt sind und spürt Radioquellen wie Supernovaüberreste oder Pulsare auf. Das Radioteleskop ist so etwas wie ein Auge ins Weltall. „Obwohl wir Radiowellen sprechen, ist es kein Ohr ins Weltall. Denn Radioprogramme kann man zwar hören, aber nur über einen Lautsprecher. Radiowellen, die das Teleskop empfängt, sind genauso elektromagnetische Wellen wie das Licht, das wir sehen. Nur, dass unsere Augen dafür nicht empfindlich sind, wohl aber der Parabolspiegel“, so Junkes.

Er kann extrem schwache Radiosignale messen und hat schon öfter für Schlagzeilen gesorgt. Etwa im Jahr 2008. „Damals hat eine unserer Doktorandinnen mit Effelsberg einen Weltrekord gesetzt, indem sie die fernste Signatur von Wasser im Universum gefunden hat“, berichtet Junkes. „Das Signal aus der Galaxie war mehr als elf Milliarden Jahre unterwegs. Es kam also aus einer Zeit, als es weder Sonne noch Sonnensystem überhaupt gegeben hat.“ Mit Hilfe des Radioteleskops sind auch Radiokarten des ganzen Himmels etwa bei 73 Zentimetern Wellenlänge entstanden, die die 408-Megahertz-Welt in schillernd bunten Farben abbildet, oder eine Himmelskarte im Licht der Wasserstofflinie, also des häufigsten Elements im Universum.

Vor 50 Jahren ist das Radioteleskop Effelsberg nach 3,5-jähriger Bauzeit am 12. Mai 1971 eingeweiht worden. Initiator des damals 34 Millionen D-Mark teuren Projekts der Max-Planck-Gesellschaft war Astrophysiker Otto Hachenberg, Professor an der Bonner Universität, der auch Direktor des MPIfR wurde, das 1967 gegründet wurde, um das Radioteleskop zu realisieren und zu betreiben. Wie Junkes weiter weiß, fiel die Wahl auf das Eifel-Tal unmittelbar an der Grenze des Kreises Euskirchen zum Kreis Ahrweiler, weil das Teleskop wegen des Institutssitzes in Bonn noch in Nordrhein-Westfalen liegen sollte.

Die umliegenden Hügel schützen das Teleskop vor Wind

Wichtig war aber auch, dass die sensible Anlage geschützt vor unerwünschter Störstrahlung liegt, weshalb heute auch noch jeder Besucher sein Handy zumindest in den Flugmodus versetzen soll. Außerdem boten die umliegenden Hügel Schutz vor Wind angesichts einer Antennenoberfläche von mehr als 9000 Quadratmetern, die bei Böen von mehr als 15 Metern pro Sekunde in eine sichere Position gebracht werden muss. Mehr als 3000 Tonnen schwer ist die Stahlkonstruktion des Teleskops, für dessen Bau sich die eigentlich konkurrierenden Konzerne Krupp und MAN als Arbeitsgemeinschaft zusammentaten, berichtet Junkes. Über Drehkränze und Zahnräder und auf einem Schienenkreis von 64 Metern Durchmesser kann der Koloss auf 0,3 Millimeter genau positioniert werden. Knapp fünfzehn Minuten dauert es, bis der Parabolspiegel des Teleskops um 360 Grad gedreht ist und in fünf Minuten ist er um nahezu 90 Grad zu kippen.

Insgesamt arbeiten rund 40 Mitarbeiter vor Ort, vor allem rund um die Uhr Operateure. Und nicht nur Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts sind dort tätig. Wissenschaftler aus aller Welt können sich um Zeiten bewerben, in denen sie mit dem Radioteleskop forschen. Ein Gutachtergremium entscheidet, wer den Zuschlag erhält.

Das Radioteleskop Effelsberg ist zwar nicht mehr das weltweit größte bewegliche Radioteleskop seit der Inbetriebnahme des zwei Meter im Durchmesser größeren Teleskops von Green Bank im Jahr 2000, aber es spiele weiter in der „Champions League“ mit, so Junkes. Das habe auch mit kontinuierlicher Weiterentwicklung und Wartung zu tun: Jeden Sommer kommen allein die Maler für rund acht Wochen. Solche Arbeiten erfolgen tagsüber, die astronomischen Messungen vor allem am Wochenende und speziell nachts, weil dann die Sonne, die ja auch eine starke Radioquelle ist, unterm Horizont steht.

Schon an der Mars-Mission „InSight“ war Effelsberg beteiligt

Bereits in November 2018 bei der Marsmission „InSight“ hat das Radioteleskop Effelsberg nach Nasa-Anfrage mitgewirkt. Aber auch nach der Landung von „Perserverance“ wendet es sich wieder vom Mars ab und seinem eigentlichen Metier zu. Konkret unter anderem Pulsaren, also den Endstadium der Sternentwicklung. „Deren Kerne sind so schwer wie die Sonne aber nur so groß wie Köln“, sagt Junkes. Pulsare seien nicht nur extrem dicht, sondern auch schnell und drehten sich bis zu 700 Mal und mehr pro Sekunde um die eigene Achse.

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