Landtagswahl an der Ahr Mit dem Leihrad ins Parlament
KREIS AHRWEILER · Der General-Anzeiger stellt die Kandidaten zur Landtagswahl am 13. März im Wahlkreis 14 Bad Neuenahr-Ahrweiler vor. Heute: Wolfgang Schlagwein (Grüne).
Am 13. März ist Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Der GA wird in den nächsten Wochen in loser Folge die hiesigen Direktkandidaten der Parteien vorstellen. Heute: Wolfgang Schlagwein. Er tritt im Wahlkreis 14 für die Grünen an. Der 58-Jährige lebt in Bad Neuenahr, ist Mitglied des Stadtrates sowie des Kreistages. Seit einem Jahr gehört er als Nachrücker dem Landtag in Mainz an. Der gelernte Lehrer für Geografie und Geschichte war nach einigen Jahren im Rettungsdienst und einer Ausbildung bei Siemens zum Organisationsprogrammierer von 1989 bis 2014 im Rechenzentrum der damaligen Oberfinanzdirektion Koblenz tätig. 2010 erhielt er in Speyer den Deutschen Solarpreis. Mit ihm sprach Victor Francke.
Der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof hat die mangelnde Finanzausstattung der Kommunen durch das Land beklagt und Änderungen angemahnt. Bislang haben die Städte und Gemeinden jedoch von einem neuen Finanzausgleich noch nichts gemerkt. Wie sind Sie hier positioniert?
Wolfgang Schlagwein: Die Kommunen merken es: Es gibt ein Plus von 600 Millionen Euro im Ausgleichstopf seit 2013. Darin ist der Entschuldungsfonds nicht eingerechnet. Bis 2020 wird es eine Milliarde sein. 30 Prozent der Landesausgaben fließen inzwischen an die Kommunen. Allein unser Ahrkreis erhält 2016 zusätzliche Schlüsselzuweisungen von jetzt 6,6 Millionen Euro, die den Kreishaushalt ausgleichen.
Bildung ist in Rheinland-Pfalz von der Wiege an kostenlos. Es gibt keine Kita- oder Studiengebühren. Soll sich das ändern?
Schlagwein: Nicht nur, wenn Haribo nach RLP kommt, sind gebührenfreie Kitas ein Standortfaktor. Einkommen und Vermögen dürfen sich nicht weiter in wenigen Händen konzentrieren, soziale Herkunft darf nicht über Lebenschancen entscheiden. Wir investieren in kostenlose, auch frühkindliche Bildung, gemeinsames Lernen, öffentliche Ganztagsangebote statt in „Herdprämien“. Wir wollen auch technische und handwerkliche Ausbildung stärker fördern, beispielsweise den Meisterbrief.
Die amtierende Landesregierung hat sich eine Schuldenbremse auferlegt. Soll sie beibehalten werden?
Schlagwein: Die Schuldenbremse steht nicht zur Disposition, sondern in der Verfassung. Seit die Grünen 2011 an der Landesregierung beteiligt sind, ist das strukturelle Defizit im Landeshaushalt um über eine Milliarde abgebaut worden, von 1,5 Milliarden auf deutlich unter 500 Millionen Euro. Wir liegen damit gut und sogar mit Sicherheitspuffer in dem geplanten Korridor, der für einen ausgeglichenen Haushalt bis 2020 notwendig ist.
Fließt Ihrer Meinung nach genügend Geld des Landes in das nördliche Rheinland-Pfalz oder haben Sie den Eindruck, dass andere Regionen bevorzugt werden?
Schlagwein: Genügend Geld? Ist am Nürburgring zu wenig Geld geflossen? Die Grünen haben im Kreistag gegen eine sehr große Mehrheit dafür plädiert, die Millionen sinnvoller einzusetzen. Seit 2011 sind beispielsweise 14 Millionen Euro in die Verbesserung der Gewässer im Kreis geflossen. Mit bisher einer halben Million hat sich das Land am Naturschutzgroßprojekt Obere Ahr beteiligt. Oder mit fast einer Million Euro an der Erweiterung des erfolgreichen Industriegebietes Brohltal-Ost.
Welches Projekt in Ihrem Wahlkreis ist für Sie von herausragender Bedeutung. Wie werden Sie dieses angehen?
Schlagwein: Spätestens mit den Weltklimavereinbarungen von Paris ist klar: Die Energieversorgung gehört vollständig und schnellstens auf Erneuerbare Energien umgestellt. Nach dem Atomausstieg wollen wir nahtlos die Kohle ersetzen. Unsere Wirtschaft muss mit Ressourcen effizienter umgehen. Wie Energieeffizienz geht, zeigen meiner Meinung nach die Ahrtal-Werke in Bad Neuenahr heute schon. Wichtig ist und bleibt für mich: Wir nehmen die Erneuerbaren Energien dezentral, nämlich hier vor Ort, in unsere eigenen Hände.
Wenn Sie in den Landtag einziehen, was wird dann Ihre erste Amtshandlung sein?
Schlagwein: Ich werde endgültig von einem eigenen Fahrrad in Mainz Abschied nehmen und mich beim Fahrradmietsystem der Mainzer Verkehrsgesellschaft anmelden. Gebrauchsgegenstände wie Auto oder Fahrrad nicht jeder für sich allein, sondern gemeinsam nutzen: Auch das ist ein Weg, Ressourcen effizient einzusetzen.