Integration in Ahrweiler Mitten im Arbeitsleben

AHRWEILER · 25 Menschen mit Behinderung und 23 Betriebe erhalten zum Abschluss der Beruflichen Aktionstage Zertifikate.

 Zum Abschluss der Aktionstage stellten sich die Teilnehmer zum Gruppenbild.

Zum Abschluss der Aktionstage stellten sich die Teilnehmer zum Gruppenbild.

Foto: Martin Gausmann

Für Gärtnermeister Heribert Rech aus Hemmessen war die Woche mit Nathalie Hoppe (16) sehr lehrreich. Das lernbehinderte Mädchen aus der Bachemer Levana-Schule verbrachte anlässlich der Beruflichen Aktionstage, die zum zweiten Mal im Kreis Ahrweiler stattfinden, viel Zeit im Gewächshaus und bereitete die Frühlingsblumen zum Verkauf vor. "Dafür, dass es ihr erstes Praktikum war, war sie sehr souverän", lobte Rech.

Aber auch mit der engen Betreuung von Schule und Veranstalter, den Caritas Werkstätten der Sankt Raphael Caritas Alten- und Behindertenhilfe GmbH (CAB), war der Florist mehr als zufrieden. Er weiß, wie gut den jungen Menschen die Chance tut, in die Arbeitswelt reinschnuppern zu können, um im besten Fall einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu erhalten. "Ich hatte schon mal einen autistischen Jungen im Betrieb, der zunächst kein Wort sprach. Nach einem Jahr war er wie gewandelt. Ich würde das mit der Caritas jederzeit wieder tun."

Auch Peter Jansen, Geschäftsführer der Ahrweiler Lackfabrik, berichtete gestern bei der Abschlussveranstaltung im Kreishaus von seinen langjährigen Erfahrungen. Er ließ schon vor Jahren Lackdosen in der Werkstatt Cochem etikettieren, bis er 2010 einen Mitarbeiter von Caritas "XTERN" vermittelt bekam.

"Nach einem halben Jahr erhielt er einen festen Vertrag, ist voll im Betrieb integriert, bedient selbstständig mehrere Maschinen und zeichnet fürs Etikettieren von zwei Millionen Dosen im Jahr verantwortlich. Das ist keine Sozialtat, sondern dahinter steckt ein klares wirtschaftliches Interesse", so Jansen.

Als Hans-Dieter Frenzen, Beschäftigter der Caritas Werkstätten Sankt Elisabeth in Sinzig, von seinem Praktikum im Sozialamt der Kreisverwaltung berichtete, hörte Landrat Jürgen Pföhler, der auch Schirmherr der Aktionstage ist, genau hin. "Es hat mir gut getan und gut gefallen. Und ich habe mich nie überfordert gefühlt", so Frenzens Erfahrungsbericht über das Erstellen von Tabellen, Überprüfen von Rechnungen oder Ausstellen von Quittungen für Nachbarn in Not.

25 Menschen und 23 Unternehmen oder Behörden der Region wie ein Getränkehandel, die Stadtverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler, das Diakonische Werk oder ein großer Lebensmittemarkt ließen sich auf die Aktionstage ein.

"Die Menschen mit Behinderung, die das gewohnte Umfeld wie Schule oder Werkstatt verlassen, erhalten mehr Selbstbewusstsein, für die Unternehmen ist das Praktikum eine große Bereicherung", so Pföhler, der die Aktionstage "ein Musterprojekt der Inklusion" nannte. Im Beisein von Bürgermeister Guido Orthen dankte er der Stadt für die Möglichkeit, dass die Caritas in Ahrweiler eine weitere Werkstatt für 60 Personen bauen kann, die im Sommer eröffnet wird.

Franz Josef Bell, Geschäftsbereichsleiter Arbeit der CAB: "Das Integrationsmanagement ist fester Bestandteil unserer Wirkens. Wir suchen permanent Betriebe, haben in drei Landkreisen bereits 50 ausgelagerte Arbeitsplätze." Doris Hein, Leiterin der Virtuellen Werkstatt XTERN, ergänzte: "Unsere zentrale Aufgabe ist es, für den Übergang und die Vermittlung von Menschen mit Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu sorgen."

Für den Gesamtwerkstattrat - die Caritas hat an fünf Standorten 950 Beschäftigte - sprach Vorsitzender Wolfgang Wittenberg: "Ich danke für die Chance an der gleichberechtigten Teilhabe. Wenn sie in den Betrieben gelebt wird, dann ist Inklusion keine Worthülse mehr." Zum Abschluss überreichten Pföhler und Hein Zertifikate und Urkunden an die Teilnehmer.

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