Hilfen für Flutopfer Ortsvorsteher an der Ahr will Antragsverfahren für Hilfen vereinfachen
Grafschaft · Erst war der Vettelhovener Ortsvorsteher Franz Josef Schneider (CDU) mit einem Traktor im Ahrtal aktiv. Nun will er etwas gegen die bürokratischen Hürden für die Anträge aus dem Wiederaufbaufonds unternehmen und so auch das Durchhaltevermögen der betroffenen Bürger stärken.
Zu den Helfern der ersten Stunde nach dem Starkregenereignis im Juli gehörte auch der Vettelhovener Ortsvorsteher Franz Josef Schneider (CDU), der mit Traktor und Anhänger sowie mit zahlreichen freiwilligen Helfern aus der „WhatsVett“-Gruppe im Schlepptau zunächst in seinem Heimatdorf die schlimmsten Schäden beseitigte, bevor er dann zu Freunden ins Ahrtal hinunterfuhr. Dabei habe er in Gesprächen mit Betroffenen immer wieder festgestellt, dass die bürokratischen Hürden für den Antrag auf Mittel aus dem Wiederaufbaufonds zu hoch seien, so dass einige Hochwasseropfer frustriert auf ihren Anspruch auf finanzielle Unterstützung verzichtet hätten. Dagegen will Schneider etwas unternehmen.
Dabei geht es ihm in erster Linie darum, die mentale Situation der Betroffenen zu verbessern. „Viele sind psychisch schwer angeschlagen, und gerade in der jetzt beginnenden kalten und dunklen Jahreszeit wird das Problem erst so richtig an die Oberfläche kommen“, ist er überzeugt. Darum dürfe man auch nicht von den Flutopfer erwarten, dass sie wie völlig unbelastete Menschen problemlos in der Lage seien, solche – in bürokratischem Beamtendeutsch formulierten – Formulare auszufüllen.
Teams sollen die Anträge vollständig für die Bürger ausfüllen und Gutachten erstellen
Er schlägt vor, dass Dreier-Teams aus Verwaltungsmitarbeitern, Schadenssachverständigen und ortskundigen Vertrauenspersonen wie etwa Ortsbürgermeistern, Ortsvorstehern oder Gemeinderatsmitgliedern gemeinsam in den betroffenen Gebieten von Haus zu Haus ziehen und gemeinsam mit den Bewohnern die Formulare ausfüllen. Vor Ort könne gemeinsam das Ausmaß der Betroffenheit geklärt und die Höhe des Schadens ermittelt werden. Wobei Schneider auch klar ist: „Eine 100-prozentige Gerechtigkeit wird es in so einem Ausnahmefall niemals geben können.“ Der jeweilige Verwaltungsmitarbeiter könne dann entweder schon vor Ort oder aber im Anschluss im Büro den Antrag vollständig ausfüllen, so dass der Betroffene nur noch mit seiner Unterschrift die Richtigkeit zu bestätigen brauche. Die Teams könnten organisatorisch bei den jeweiligen Kommunen angesiedelt sein, die sich natürlich am besten vor Ort auskennen, aber vom Land und letztlich über den Wiederaufbaufonds finanziert werden, so Schneiders Vorstellung. Gerade die psychische Belastungssituation, in der sehr viele Flutopfer auch nach dreieinhalb Monaten noch gefangen seien, mache es erforderlich, schnell zu handeln, um die missliche Situation schnellstmöglich wieder in normale Bahnen zu lenken.
Auch die Bereitstellung von Handwerkern soll laut Schneider künftig über zentrale Stelle erfolgen
Dazu gehöre es auch, wenn das Geld für den Wiederaufbau auf dem Konto der Geschädigten eingegangen sei, so schnell wie möglich mit den notwendigen Arbeiten für den Wiederaufbau zu beginnen. Doch da steht das nächste Problem ins Haus: der absehbare enorme Mangel an Handwerkern, die die notwendigen Arbeiten zügig und fachgerecht übernehmen können. Auch hierfür hat sich Schneider eine Lösung ausgedacht, die allerdings von „ganz oben“ koordiniert werden müsste. Es sei nämlich nicht zu erwarten, dass die zahlreichen Handwerker insbesondere aus den Gewerken, die für den Wiederaufbau in kurzer Zeit benötigt würden, alle in der Region gefunden werden könnten. Zumal eine ganze Reihe von Handwerksbetrieben selbst von den Fluten betroffen und nur eingeschränkt einsatzfähig sei. Deshalb müsse auf Bundesebene und vielleicht sogar auf europäischer Ebene ein Programm gestartet werden, um die benötigten Handwerker schnellstmöglich in das Katastrophengebiet zu locken. Dafür sollen auch die Handwerkskammern und die Landesregierungen eingespannt werden, stellt sich Schneider vor.
Die benötigten Handwerksbetriebe sollen das Angebot bekommen, bei freier Kost und Logis für einen gewissen Zeitraum ihre Aktivitäten ins Ahrtal und in die benachbarten Gebiete zu verlegen, wo ihre Hilfe am dringendsten benötigt wird. Mithilfe einer „Handwerkerbörse“, ähnlich der Vorgehensweise des Helfer-Shuttles, könnten dann die aktuellen Bedarfe der Flutopfer mit den Angeboten an gerade verfügbaren Handwerksleistungen koordiniert werden. „Wie frustrierend muss es sein, wenn das eigene Haus, das von den Wassermassen zerstört wurde, endlich entkernt und durchgetrocknet ist – und dann findet man keine Handwerksbetriebe, die die Arbeit des Wiederaufbaus zügig in die Hand nehmen.“