Mahnwache in Remagen Remagen gedenkt der jüdischen Mitbürger

Remagen · Zur Erinnerung an die Reichspogromnacht fanden sich am Wochenende zahlreiche Remagener auf Einladung des „Bündnisses Remagen für Frieden und Demokratie“ auf dem Römerplatz zu einer Mahnwache zusammen. Vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in einer konzertierten Aktion Synagogen niedergebrannt, jüdische Geschäfte zerstört sowie Juden inhaftiert und getötet.

 Ortsvorsteher Wilfried Humpert (2.v.r.) und Beigeordneter Volker Thehos (r.) gedenken mit den Remagenern der Opfer.

Ortsvorsteher Wilfried Humpert (2.v.r.) und Beigeordneter Volker Thehos (r.) gedenken mit den Remagenern der Opfer.

Foto: Martin Gausmann

Ist momentan auch der 9. November als Tag des Mauerfalls vor 30 Jahren in aller Munde, so markiert dieses Datum auch einen anderen wichtigen, wenn auch erheblich dunkleren Tag deutscher Geschichte. Zur Erinnerung an die Reichspogromnacht, in der vom 9. auf den 10. November 1938 in einer konzertierten Aktion Synagogen niedergebrannt, jüdische Geschäfte zerstört und Juden inhaftiert und getötet wurden, fanden sich am Wochenende zahlreiche Remagener auf Einladung des „Bündnisses Remagen für Frieden und Demokratie“ hin auf dem Römerplatz zu einer Mahnwache zusammen.

Mit einem Kerzenmeer, Musik und Ansprachen wurde der Remagener Juden gedacht, deren Gotteshaus in dieser Nacht dem Erdboden gleichgemacht wurde. 1939 musste die jüdische Gemeinde das Gebäude an die Postdirektion Koblenz verkaufen. 1942, nach Deportation der letzten verbliebenen jüdischen Anwohner, konnten die zuständigen Behörden stolz verkünden, dass Remagen „judenfrei“ sei. Heute erinnert auf dem Römerplatz, dem ehemaligen Gelände der Synagoge, ein Mahnmal an die Gemeinde und die getöteten jüdischen Remagener.

István Szebegyinszki erinnerte mit seiner Klarinette an den reichen Schatz der Musik der europäischen Juden, den Klezmer. Zwischen andächtiger Freude und Melancholie krochen die Melodien den Umstehenden durch die Ohren direkt ins Herz. Agnes Menacher vom „Bündnis Remagen“ berichtete nach ihrer Begrüßung von der „reichsweiten Terroraktion“, die damals auch vor dem Ahrkreis nicht haltgemacht hat. Motorisierte Einheiten aus Neuenahr und Ahrweiler „hatten Eisenstangen dabei“ und zerstörten damit gezielt die Geschäfte der Juden, deren Männer vorher in Beugehaft genommen worden waren. Menacher wies darauf hin, dass das Remagener Gotteshaus einen großen Nachteil hatte: „Sie war die schönste Synagoge im Kreis Ahrweiler und sie stand frei.“

So konnte die Feuerwehr ohne Probleme für benachbarte Häuser dem Brand tatenlos zusehen, bis am Folgetag nur noch rauchende Ruinen übrig geblieben waren. Seit 1989 erinnert daran das Mahnmal.

Menacher kündigte an, dass sich das Remagener Bündnis dafür einsetzen möchte, dass der eigentliche Standort der Synagoge, auf dem sich heute der Innenstadt-Parkplatz befindet, in Zukunft würdiger gestaltet werden soll. Nikolay Vasilev, Vorsitzender der Jungsozialisten im Kreis Ahrweiler, bezeichnete die Pogromnacht als „ein dunkles Kapitel in der deutschen Geschichte“. „Heute verurteilen wir dies zutiefst“, gleichzeitig gelte es jedoch auch, Verantwortung dafür zu tragen, „dass so etwas nie wieder passiert.“

Vor dem Hintergrund des Anschlags von Halle im vergangenen Oktober sei ein Einstehen für Religionsfreiheit und die Freiheit von Verfolgung heute nötiger denn je. Nach Verlesen eines Zitats der von den Nazis ermordeten Anne Frank wünschte er sich, „dass wir eine Gemeinde sind, eine Gemeinde bleiben.“

Ute Metternich verlas die Namen der deportierten und getöteten Juden, welche in Verbindung zu Remagen stehen und es wurde still auf dem Römerplatz. Das Kaddisch, das traditionelle jüdische Totengebet, wurde auf Deutsch und Hebräisch verlesen. Ihren Abschluss fand die Mahnwache an den Stolpersteinen an der Markstraße. Die Kerzen am Mahnmal brannten die ganze Nacht durch.

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