Verhandlung am Landgericht Koblenz Rätsel um schwarze Mülltüten

Bad Breisig/Sinzig/Koblenz · Diente ein Bungalow in Bad Breisig als Umschlagplatz für Drogen? Ein Verfahren am Landgericht Koblenz gegen mutmaßliche Drogenhändler aus Sinzig und Bad Breisig geht in die finale Phase. Dabei geht es auch um die Herstellung von Amphetamin aus Amphetaminöl. Den Angeklagten drohen hohe Haftstrafen.

 Das Koblenzer Landgericht.

Das Koblenzer Landgericht.

Foto: Martin Gausmann

Das Verfahren gleicht einem Marathonlauf, der nun in die finale Phase kommt: Seit Januar stehen Nacer A. und Mehmet K. nicht nur wegen regen Drogenhandels vor Gericht, sondern auch wegen der Herstellung von Amphetamin aus Amphetaminöl.

Bandenmäßig sei das „Geschäft“ organisiert gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Bei sechs Mitangeklagten wurden die Verfahren zum Teil abgekoppelt oder auch bereits abgeschlossen. Als Hauptdrahtzieher gilt Nacer A.: Die Staatsanwaltschaft fordert für ihn eine Haftstrafe von zwölfeinhalb Jahren, für seinen Helfer Mehmet K. fünf Jahre Gefängnis. Nacers Anwalt bewertete dieses hohe Strafmaß als völlig inakzeptabel. Das Urteil wird in der kommenden Woche erwartet.

Unter anderem Marihuanakäufe und -verkäufe im hohen zweistelligen Kilogrammbereich werden dem Duo, dessen Freundschaft inzwischen zum Erliegen gekommen zu sein scheint, zur Last gelegt. „Jeder in Bad Breisig, Remagen oder Sinzig wusste, dass der mit Drogen handelt“, sagte K. bereits im Frühjahr über seinen ehemaligen Freund vor Gericht aus.

Der mitangeklagte Mehmet K. bezeichnete sich selbst als ehemaliger Geschäftsführer eines Sinziger „Bistrorantes“, in dem einst eine Eisdiele, später eine Shisha-Bar unterbracht waren. Nacer A. sei der eigentliche Chef gewesen, er habe auch einen Umbau der Gastro-Einrichtung in erheblichem Maße finanziert. K. verwies auch auf einen Bad Breisiger Bungalow, in dem sich jede Menge Drogen befunden haben sollen, was angeblich auch auf eine Wohnung an der St. Nikolausstraße in der Quellenstadt zutraf.

Die Polizei war der Bande indes bereits im Herbst 2019 auf die Schliche gekommen: Man observierte, fotografierte und wertete Handy-Daten aus. Vor Gericht schilderte der Einsatzleiter die Beschattung von Nacer A. und Mehmet K., ohne jedoch allzu viel wirklich Beweiskräftiges vorlegen zu können. Von schwarzen – mutmaßlich mit Marihuana gefüllten - Müllsäcken war die Rede, die von Kofferraum zu Kofferraum gereicht wurden. Was sich tatsächlich in den Säcken gefunden hatte, wurde nicht geklärt. Auch präsentierte, nur wenig aussagekräftige Fotos von den mutmaßlichen Tätern bei der Verladeaktion sorgten nicht für Erhellung.

Nacers Anwälte wiesen darauf hin, dass ihr Mandat ja durchaus „geständige Einlassungen“ gemacht habe. Der Staatsanwalt entgegnete, dass es sich hier ausschließlich um Teilgeständnisse von Umständen gehandelt habe, „die wir ohnehin wussten und zweifelsfrei beweisen konnten“. Dennoch befanden die drei dem Angeklagten zur Seite stehenden Anwälte, dass das geforderte Strafmaß für Nacer A. viel zu hoch und völlig unverhältnismäßig sei.

Schließlich habe der Angeklagte in erster Linie mit „weichen Drogen“ gehandelt, die laut Koalitionsvertrag vermutlich schon in wenigen Wochen legalisiert würden. Auch habe Nacer A. mit seinen Aussagen durchaus zur Aufklärung beigetragen. „Was machen Sie mit einem Heroinhändler, wenn Sie schon einen Marihuanaverkäufer für mehr als zwölf Jahre ins Gefängnis bringen wollen?“, fragte einer der Verteidiger, der an das Gericht plädierte, eine weitaus geringere Strafe zu verhängen.

Die Anwälte des mitangeklagten Mehmet K. sollen am Montag zu Wort kommen. Der Kammervorsitzende schloss nicht aus, dass dann auch das Urteil gesprochen werden soll.

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