Claudia Roth in Remagen Bundestagsvizepräsidentin spricht mit syrischen Flüchtlingen

REMAGEN · "Flüchtlinge" und "Integration" waren die beherrschenden Themen des Besuchs von Claudia Roth, die auf Einladung der Remagener Grünen gestern an den Rhein gekommen war. Die kleine Tour der Bundestagsvizepräsidentin begann mit einem Vortrag im "Studierendentreffpunkt Baracke".

 Claudia Roth un Grünen-Politiker aus dem Kreis Ahrweiler im Gespräch mit Flüchtlingen.

Claudia Roth un Grünen-Politiker aus dem Kreis Ahrweiler im Gespräch mit Flüchtlingen.

Foto: Martin Gausmann

Nach einem Abstecher zur Türkisch-Islamischen Moscheegemeinde bildete die bewegende Begegnung mit einer syrischen Flüchtlingsfamilie im Ratskeller des Rathauses den Abschluss ihres Besuchs in Remagen.

Begleitet vom Chef der Grünen-Fraktion im Remagener Stadtrat, Frank Bliss, dem Kreisgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Robert Kolle, dem Landtagsabgeordneten Wolfgang Schlagwein und der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke stand Claudia Roth beim Termin im Studierendentreffpunkt noch ganz unter dem Eindruck des aktuellen Schiffsunglücks im Mittelmeer, bei dem bis zu 700 Flüchtlinge ums Leben gekommen sein sollen. "Die europäische Flüchtlingspolitik ist gescheitert", erklärte die ehemalige Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen angesichts der neuerlichen Tragödie.

"Es ist ein Armutszeugnis, wenn den europäischen Staaten Menschenleben die acht Millionen Euro nicht wert sind, die für das italienische Seerettungsprogramm Mare Nostrum monatlich aufzuwenden wären", machte Roth ihrem Unmut Luft. Sie kritisierte, dass die europäische Flüchtlingspolitik generell auf Abschottung setze, statt legale Fluchtwege zu schaffen. Und es sei beschämend, dass die humanitäre Verantwortung auf wenige Regionen an den EU-Außengrenzen abgewälzt werde. Stattdessen forderten die Grünen ein gesamteuropäisches Konzept in Form einer menschenrechtsbasierten Flüchtlingspolitik, die den Menschen eine Perspektive auf Leben geben würde.

Nicht um Flüchtlinge ging es beim anschließenden Besuch in der Moscheegemeinde. Dort informierten deren Vorsitzender, Mehmet Kilinc, der für die Grünen im Stadtrat sitzende Ali Tzinali und der für Remagen zuständige Imam, Mevlüt Kaynak, den Gast aus Berlin über die Gemeinde.

Anschließend kam es im Ratskeller zu einer Begegnung mit einer achtköpfigen Familie aus Syrien. Claudia Roth ließ sich die dramatische Flucht schildern, die die Familie über die Türkei und Bulgarien im Mai vergangenen Jahres nach Deutschland führte. Da Bulgarien als sicherer Drittstaat gilt, droht der jesidischen Familie die Abschiebung.

Derzeit hoffen die Eltern und deren Kinder im Alter von 14 bis 27 Jahren, dass sie eine beim Oberverwaltungsgericht Koblenz anhängige Klage vor diesem Schicksal bewahren kann.

Roth zeigte sich sichtlich berührt von den Schilderungen der Familie. Zwei der Kinder verfügen über ein abgeschlossenes Jura-Studium, ein weiteres über eine medizinische Ausbildung und der Zweitjüngste über das Abitur. "Eine Abschiebung nach Bulgarien wäre unverantwortlich. Dort gibt es keine Infrastruktur für Flüchtlinge", so die Grünen-Politikerin, die überzeugt ist, dass "gute Argumente mehr zählen müssen als bürokratische Regelungen". Die Familie verfüge über sehr gute Voraussetzungen, um in Deutschland ein neues Leben beginnen zu können. "Geben Sie bitte nicht auf. Sie haben eine Zukunft", machte Claudia Roth der in Sinzig untergebrachten Familie Mut.

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