Jugendbahnhof in Remagen Der Erfolg startete an Gleis 1

REMAGEN · Vor zehn Jahren war es ein "Herzenswunsch" des damaligen Bürgermeisters Lorenz Denn und ein "Traum" der Kommunalpolitik, das einzurichten, was nun seit einem Jahrzehnt unverzichtbaren Bestand in Remagen hat: den Jugendbahnhof.

 Das Spektrum des Angebots schließt auch künstlerische Projekte ein.

Das Spektrum des Angebots schließt auch künstlerische Projekte ein.

Foto: Martin Gausmann

Wurde bis zum Jahre 2002 offene Jugendarbeit in einer neben der Realschule stehenden Baracke, später dann in unzureichenden Räumen an der Kirchstraße angeboten, so verfügt die Römerstadt seither über eine Einrichtung, die längst zum Vorzeigemodell in der Region avanciert ist. Die Erfolgsgeschichte geht mit einem Namen einher: Johannes Heibel. Der Sozialpädagoge gilt als Motor der Jugendsozialarbeit in der Römerstadt.

Heibel stand im Winter 2001 auf dem zugigen Gleis 1 des Remagener Bahnhofs, als er auf dem Südtrakt des Gebäudes ein Schild "zu vermieten" sah. Wenig später hatte das Gebäude einen Mieter und der Jugendbahnhof zog ein. Fast 400 Quadratmeter standen fortan den Jugendlichen auf drei Etagen als offener Treff, als Begegnungsstätte und Ort des Miteinanders zur Verfügung.

Es gibt Tischtennisplatten, einen Filmraum, PC-Stationen mit Internetanschlüssen, einen Kraftraum und auch eine Küche, in der Jugendliche gemeinsam oder auch alleine kochen können.

Zwischen sieben und 22 Jahre sind die Mädchen und Jungen alt, die das Jugendbahnhofsangebot regelmäßig wahrnehmen. Für Mädchen gibt es ganz spezielle Angebote. In der Besucherstruktur sind sie allerdings deutlich in der Unterzahl: Fast 80 Prozent der täglich bis zu 50 "Bahnhofs-Gäste" sind männlich, die meisten haben einen Migrationshintergrund.

Seit es die Ganztagsschule gibt, hat sich das Jugendzentrumsangebot etwas verändert. Kamen Jugendliche zu Zeiten, als es noch keine ganztägige Schülerbetreuung gab, früher in den Treff, so ist das heute anders. Wenn Heibel heute die Bahnhofstüre für die Besucher aufschließt, dann haben die meisten bereits einen Acht-Stunden-Schultag hinter sich und möchten nur noch "abhängen" oder "chillen".

Das ist aber nicht die einzige Änderung, die der Sozialpädagoge in den vergangenen Jahren bei den Bedürfnissen, Auffälligkeiten und Verhaltensmustern der Jugendlichen festgestellt hat. "Viele wollen nur noch konsumieren und sind nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen."

Beispielsweise dann, wenn es darum geht, eine Disco oder ähnliches vorzubereiten. Gerne nehme man das Angebot wahr, ungerne jedoch die Arbeit auf sich, die mit ihrer organisatorischen Vorbereitung verbunden ist. Heibel: "Das war früher anders."

Nicht nur das. In der Zeit der elektronischen Medien und der virtuellen Welten bleibe auch die Kreativität bei so manchem auf der Strecke. Viele starren auf Handy- oder Tablet-Displays und registrieren kaum noch, was um sie herum so passiert. Der 56-Jährige sieht seine Aufgabe auch darin, hier entgegenzusteuern und bietet entsprechend Mitmachprogramme an.

Abgebaut werden konnten früher viel stärker vorhandene Aggressionspotenziale. "Die Auswüchse sind weniger geworden", berichtet Heibel. Möglicherweise hätten das Selbstbewusstsein stärkende Selbstbehauptungskurse und sensibel geführte Kick-Box-Angebote, in denen Disziplin und Respekt voreinander gelehrt würden, ihren Beitrag dazu geleistet.

"Ich habe meine Aufgabe hier von Anfang an sehr ernst genommen", berichtet Heibel, der bundesweit als engagierter Kämpfer gegen Kindesmissbrauch bekannt ist. Vor 20 Jahren gründete er den Verein "Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen".

Am Samstag, 27. Oktober, feiert der von Stadt und Kreis finanzierte Jugendbahnhof nun mit großem Programm Geburtstag. Auch hier steht dann Heibels Prämisse im Mittelpunkt: "Es geht um das Kindeswohl."

Geburtstagsprogramm
Ab 15 Uhr wird am Samstag, 27. Oktober, im Jugendbahnhof gefeiert. Gitarrengruppen treten ebenso auf wie Trommel- und Hip-Hop-Gruppen. Außerdem gibt es Show-Kampf-Vorstellungen, Infostände und Ausstellungen.

Die Jugendgruppenleiter aus den Ortsteilen Unkelbach, Kripp, Oedingen und Oberwinter stehen neben dem Leiter des Jugendbahnhofes zu Gesprächen bereit.

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