Monika Littau aus Remagen Die Demenz der Eltern in Prosa

Remagen · Eine Remagenerin, die jüngst mit dem Bonner Literaturpreis der Gruppe „Dichtungsring“ ausgezeichnet wurde, schreibt über die Demenzerkrankung ihrer Eltern. Mit ihrem Buch „Manchmal oben Licht“ blickt Monika Littau in die Vergangenheit und beschreibt die Beziehung zu ihren Eltern, deren Schicksal und den endgültigen Abschied.

 Widmete sich mit ihrem Buch der Demenzerkrankung bei ihren Eltern: Autorin Monika Littau aus Remagen.

Widmete sich mit ihrem Buch der Demenzerkrankung bei ihren Eltern: Autorin Monika Littau aus Remagen.

Foto: Martin Gausmann

Nachts um zwei schaut der Vater bei der Nachbarin nach, die sich vor Dieben fürchtet. Aber da ist nichts. „Hauptsache oben Licht“, sagt er und die Mutter pflichtet ihm bei. Doch die Demenz ereilt auch die beiden. „Die Mutter etwas zeitverzögert“, blickt Monika Littau zurück. „Zwischendurch waren sie auch wieder ganz klar.“ Die in Remagen-Unkelbach lebende, gerade mit dem Bonner Literaturpreis der Gruppe „Dichtungsring“ ausgezeichnete Autorin titelt daher ihre jüngste Veröffentlichung „Manchmal oben Licht. Ein Elternabschied in VII Stationen“.

Wenn nichts mehr ist, wie es einmal war

Vieles geht nicht mehr für die Eltern. Krebsgang ist angesagt. Vater, der das Großelterngrab pflegte, fuhr erst mit dem Auto, dann mit dem Fahrrad hin, verkaufte das Auto, gab das Grab auf, stellte den Grabstein in die Garage. Die Mutter verzweifelt darüber, mit der Fernbedienung des Fernsehers nicht telefonieren zu können. Die Dinge sind nicht mehr, was und wo sie sein sollen: „Hinterhältige Sachen mit lauter losen Fäden.“ Unsicherheit grundiert den Alltag der alten Leute.

Tochter Littau nimmt ebenso Freude wahr, etwa, wie der Vater strahlt, als sich Nachwuchs im Vogelkasten zeigt. Sie wollte schreibend ausdrücken, was sie beobachtete, wie sie fühlte. „Dieses Buch war mir ein Herzensanliegen“, sagt sie.

Doch welcher Form bedurfte es? Offenbar nicht der eines Romans, den sie vor zehn Jahren begann und ihn, obgleich auf 100 Seiten angewachsen, schließlich zur Seite legte. Sie wählte lyrische Prosa, schrieb kurze Texte, reduzierte sie wieder und wieder. „Das war die Hauptarbeit“, sagt sie selbst.

Eine, die sich gelohnt hat. Denn in den dichten, indes nicht vollends festgelegten Miniaturen schwingt so vieles mit von den Ängsten und der Verwirrung der Eltern, die zeitweilig spüren, dass etwas nicht stimmt, die eine Sehnsucht nach ihrem Zuhause umtreibt. „Aber der Ort war nicht mehr da“, sagt Littau –selbst im eigenen Haus nicht.

Schmerz und Nähe spielen eine Rolle

Zugleich dringen die Empfindungen derer durch, die die Eltern begleiten. „Jeden Tag war jemand bei ihnen, meine Schwester, ich und noch zwei Frauen im Wechsel.“ Indes schien die Zuwendung aus Elternsicht nie ausreichend. Als die Mutter sich einmal wünscht, die Tochter hätte keinen Beruf und wäre nicht verheiratet, um mehr Zeit für sie zu haben, schmerzt das.

Um Distanz bemüht, anonymisiert Littau im Buch die Begleiter, sie setzt ein fiktives „Du“ ein, wenn einer von ihnen gemeint ist. Gleichwohl stellt sich eine Nähe zu den Figuren ein. Der Vaterkontakt ist von Kindeszeiten an gut. Von ihm handeln die meisten Texte. Mit der Mutter gab es früher Kämpfe, „aber wir haben uns auch geachtet“. Und da sind einzigartige Zuwendungen: „Wie sie Dir über den Rücken strich, wie alle Gefrornis schmelzen durfte.“

Man spürt die Verbindung dieser Menschen untereinander, das Verständnis, Zärtlichkeit, Trauer und Littaus Anliegen, zu zeigen, „welchen Gewinn man in den Begegnungen trotz der Belastung“ hat.

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