Ausstellung und Performance in der Galerie Bassi Ein Mühlstein aus Papier um den Hals

REMAGEN · Ganz aufrecht und beinahe nackt stand sie da, um langsam, begleitet von getragenen barocken Klängen, zuerst einen starren Reifrock überzustreifen und anschließend das bodenlange Ungetüm durch eine Halskrause zu ergänzen.

 "Körperhüllen im Wandlungsprozess" nennt Gabriele Kaiser-Schanz ihre Performance, die sie in der Galerie Bassi zeigte.

"Körperhüllen im Wandlungsprozess" nennt Gabriele Kaiser-Schanz ihre Performance, die sie in der Galerie Bassi zeigte.

Foto: Martin Gausmann

Der ausladende Kragen, auch Mühlstein genannt, ließ nur dosiert Bewegungen zu, so dass sich die Protagonistin zu schneller Musik vergeblich mühte, ihren Kopf auf die Schultern zu legen. Eine beklemmende Situation.

Vorgetragen wurde in der Galerie Rosemarie Bassi die Performance mit dem Titel "Körperhüllen im Wandlungsprozess" von Gabriele Kaiser-Schanz, einer in Essen lebenden Künstlerin. Gesellschaftliche Konventionen zu hinterfragen sowie ineinandergreifend in Foto, Objekt und Video dem Ursprung des Lebens und anderen zentralen Fragen nachzuspüren, das ist ihr künstlerischer Ansatz.

So zeigte die Künstlerin in der Ausstellung "Modus Vivendi" Korsetts aus Sisaldraht und variantenreich interpretierte Halskrausen aus Stahl mit Sisalfasern oder Zahnstochern. Daneben gab es organische Formen, etwa aufgebrochene Kokons sowie rundliche und ovale Gefäße aus kaschiertem Hanfpapier, zu sehen. Kaiser-Schanz hat zudem zauberhafte Zellkörper geschaffen, gleichsam materialisierte Leichtigkeit, Loch an Loch, gehäkelt aus Draht und Kunststoff.

Überhaupt zieht sich Transparenz als roter Faden durch, wie Fotocollagen und Rondells aus gläsernen Fotos erkennen lassen. Kaiser-Schanz, die Bühnengestaltung, textile Kunst und bildnerische Erziehung sowie Bildhauerei studiert hat, sagt über sich selbst: "Je älter man wird, umso mehr Perspektiven kann man einnehmen und umso klarer wird man in dem, was man transportiert." Die Künstlerin setzt sich mit dem manipulierten Körperbild der Hochglanzmagazine und der Castinghysterie auseinander, findet es "gefährlich, wenn der Bezug zum eigenen Körper verloren geht".

Welche Schmerzen, auch seelisch, das gewaltsame Anpassen des Körpers an ersehnte Ideale fordert, drückte sie im zweiten Teil aus. Ihr hautfarbener Anzug zeigte Nähte, wie sie Schönheitsoperationen hinterlassen. Kaiser-Schanz zuckte mehrfach zusammen, öffnete ihr Haar, griff mit blasierter Mine obsessiv immer wieder hinein, macht ein Selfie und setzte sich dann Kopfhörer auf, um - vermeintlich ferngesteuert - in eine normierte Laufbewegung zu verfallen.

Die Ausstellung in der Marktstraße 109 ist bis Sonntag, 31. Mai, mittwochs bis sonntags von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung unter Tel. 01 72/9 44 81 24 geöffnet.

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