Gedenkveranstaltung der Stadt Remagen Erinnerung an das Wunder von Remagen

REMAGEN · Mit einer Gedenkfeier hat die Stadt Remagen am Samstag an den 70. Jahrestag der Eroberung der Brücke von Remagen, die als "Wunder von Remagen" in die Geschichte eingegangen ist, erinnert.

 Veteranen und Familienangehörige beim Treffen in der Remagener Rheinhalle.

Veteranen und Familienangehörige beim Treffen in der Remagener Rheinhalle.

Foto: Martin Gausmann

Es war ein regnerischer Mittwochnachmittag, als 8000 US-Soldaten über die Ludendorff-Brücke erstmals den Rhein überquerten. Es gilt als sicher, dass der unerwartete Vormarsch der Amerikaner den Krieg deutlich verkürzt hat.

Zu der Gedenkveranstaltung, die auch dem 35-jährigen Bestehen des Friedensmuseums "Brücke von Remagen" gewidmet war, waren etwa 300 Besucher in die Rheinhalle gekommen. Darunter Kriegsveteranen aus den USA, Belgien und Deutschland. Außerdem zählten der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz und Landrat Jürgen Pföhler zu den Gästen.

Der einzige US-Veteran, der eigens aus den USA zur Gedenkfeier angereist war, war Paul Schumacher. Der aus Indiana stammende 92-Jährige war Mitglied der 9. Infanterie-Division, die im März 1945 an der Eroberung der Ludendorff-Brücke beteiligt war. Der damals 22-Jährige überquerte am 8. März unter heftigem Bombardement die Brücke. "Es dauerte fünf Minuten, bis ich drüben war, es kam mir vor wie ein Tag", schilderte der rüstige Senior mit dem Schiffchen jene dramatischen Minuten.

Auf die Ereignisse im Frühjahr 1945 blickte auch Andrew Denison, Direktor des Forschungsverbundes Transatlantic Networks in Königswinter, zurück. Die Überquerung der Brücke sei ein Glück in Zeiten des Unglücks gewesen. "Ohne das Wunder von Remagen hätte es keinen Ruhr-Kessel gegeben und gäbe es auch kein Deutschland, wie wir es heute kennen", ist Denison überzeugt. In den Brückentürmen auf Remagener Seite befinde sich heute ein Museum, das an den Krieg erinnere und für den Frieden spreche - aber auch zu einer wertvollen Brücke zwischen Deutschland und Amerika geworden sei.

"Wir Remagener sind stolz auf das Museum und stolz auf Hans Peter Kürten", würdigte der Stadtbeigeordnete Rolf Plewa die Verdienste des ehemaligen Bürgermeisters um das Friedensmuseum. Auch Roger Lewentz lobte das Friedensmuseum, das seit 35 Jahren einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung und zur deutsch-amerikanischen Freundschaft leiste. In diesem Zusammenhang bezeichnete der Minister die Wahrung des Friedens und den Kampf gegen Terrorismus und Rechtsextremismus als "elementare Aufgaben unserer Gesellschaft".

Landrat Jürgen Pföhler zeigte sich beeindruckt von der Tatsache, "dass die Feinde von damals hier und heute als Freunde zusammensitzen". Vor dem Hintergrund des Neonazitums, das nach wie vor sein Unwesen treibe, sei es wichtig, die Geschichte und die Geschehnisse von damals aktiv und unverfälscht aufzuarbeiten.

Hans Peter Kürten erinnerte an die Anstrengungen, die von der Idee im Jahre 1969 bis zur Eröffnung des Museums hätten überwunden werden müssen. "Lasst uns jeden Tag mit Herz und Verstand für den Frieden arbeiten - beginne jeder bei sich selbst", zitierte Kürten die zentrale Botschaft des Museums.

"Mein Vater war letztendlich für die Sprengung verantwortlich. Er hatte den Befehl gegeben", berichtete Gert Scheller, Sohn von Major Hans Scheller. Ihm sei es ein Herzenswunsch, sich bei den amerikanischen Soldaten zu bedanken. "Sie haben im Frühjahr 1945 die Herrschaft eines menschenverachtenden Systems beendet und uns Deutschen damit ein Leben in Freiheit geschenkt", so Scheller.

Nach dem Festakt zogen die Teilnehmer geschlossen zum Brückenturm, um der Opfer des Zweiten Weltkriegs zu gedenken. "Es gilt die Erinnerung an das, was geschehen ist, wachzuhalten, damit so etwas nie wieder geschehen wird", so Pfarrerin Elisabeth Reuter von der Evangelischen Kirchengemeinde Remagen-Sinzig, die gemeinsam mit den Anwesenden das "Vater unser" sprach. Zum Abschluss legten die Veteranen, amerikanische Besucher aus Wiesbaden, die Schüler der High School und die Stadt Remagen einen Kranz nieder.

Major Hans Scheller

Major Hans Scheller wurde am 6. März 1945 die Befehlsgewalt über das Brückenkommando erteilt. Sein Ziel war es, die Brücke auf der linken Rheinseite weiter zu verteidigen, um sie für den Übergang von weiteren Truppen offenzuhalten. Seine Bemühungen, ausreichend Soldaten für die Sicherung der Brücke zusammenzuziehen, scheiterten jedoch. Als sich die Amerikaner immer weiter näherten, erteilte Scheller am Nachmittag des 7. März den Befehl zur Sprengung.

Nachdem das Vorhaben gescheitert war, wurde der Major von einem Fliegenden Standgericht wegen Verrats zum Tode verurteilt und am Morgen des 9. März von einem Hinrichtungskommando der Wehrmacht in einem Waldstück bei Altenkirchen erschossen. In einem Wiederaufnahmeverfahren beim Landgericht Landshut erreichte Schellers Witwe Liesel Scheller-Gottschalk im Jahr 1967 einen nachträglichen Freispruch für ihren Mann.

Das Friedensmuseum

Das auf Initiative des damaligen Remagener Bürgermeisters Hans Peter Kürten in den Brückentürmen auf Remagener Seite eingerichtete Museum wurde am 7. März 1980 eröffnet. Von den weltweit etwa 100 Friedensmuseen ist eines der ältesten. Zur Finanzierung des Vorhabens hatte er Basaltstücke der zerfallenen Türme in Acryl gießen und mit einem Zertifikat versehen lassen, um sie als Souvenir zu verkaufen. "Wir rechneten damit, um die 100 Steine verkaufen zu können. Bis heute sind es etwa 5350", berichtete Kürten bei der Gedenkfeier.

Die Ausstellung erinnert an den Bau, die Eroberung und an die schweren Kämpfe. Außerdem unterhält das Museum eine umfangreiche Dokumentation der mehr als 200 Kriege seit 1945. Öffnungszeiten: täglich vom 7. März bis 15. November in der Zeit von 10 bis 17 Uhr (Mai-Oktober: bis 18 Uhr).

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