Ausgrabung in Remagen Ermordeter Römer in Remagen entdeckt

REMAGEN · Archäologen finden bei Grabungen in Remagen 1800 Jahre alte menschliche Überreste im antiken Hausmüll. Der Römer ist wahrscheinlich Opfer eines Verbrechens geworden.

 In Remagen sind römische Bodenfunde gesichert worden.

In Remagen sind römische Bodenfunde gesichert worden.

Foto: Martin Gausmann

An diesem Fall hätten Miss Marple oder Hercule Poirot sicherlich ihre helle Freude gehabt: Brutaler Mord in Remagen. Allerdings liegt die schreckliche Tat mehr als 1800 Jahre zurück. Ans Tageslicht gelangte das Verbrechen im Zuge von derzeitigen Ausgrabungen im Herzen der Römerstadt. Dort hatte man sogenannte Streifenhäuser, römische Gärten und Brunnen sowie Badeanlagen freigelegt. Nun fand man menschliche Überreste. Chefermittler sind jetzt nicht Kripobeamte mit „Spusi“, „KTU“ und Forensikern, sondern Archäologen, die das zerstückelte Opfer im aus dem ersten oder zweiten Jahrhundert stammenden ausgebuddelten Hausmüll fanden.

„Wir sind dem Täter leider noch nicht auf der Spur“, meinte der Leiter der Außenstelle Koblenz der Direktion für Landesarchäologie bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Peter Henrich, schmunzelnd. „Geerbt“ hat der promovierte, auf Provinzialrömische Archäologie, Ur- und Frühgeschichte spezialisierte Experte die Überreste eines Menschen, der keinesfalls eines natürlichen Todes gestorben war.

Ohne Wenn und Aber wurden Tote bei den Römern außerhalb der Siedlungsbereiche in Gräberfeldern bestattet. Ausnahmen davon gab es nicht. „Hier stellt sich die Frage nach dem Hintergrund des ungewöhnlichen Fundes“, so Henrich. „Warum wurde die Leiche zerteilt und im Müll entsorgt? War es ein Unfall? Eher nicht. Ich gehe fest von einem wie auch immer gearteten Mordfall aus.“

Erst vor wenigen Tagen hatte man im Bereich der Bahnhofstraße/Marktstraße, wo derzeit die Ausgrabungen stattfinden, eine Kiste mit Knochen entdeckt, die nicht von Tieren stammen, jedoch als normaler Hausmüll entsorgt wurden. In einer Grube fanden sich die unteren Extremitäten eines Menschen. „Konkret haben wir Ober- und Unterschenkelknochen sowie Fußknochen gefunden. Der Rest des Skelettes fehlt“, berichtet Henrich, der sich nun Gedanken darüber macht, wo sich Kopf, Rippen oder Becken der Leiche befinden. „Auf jeden Fall ist es spannend“, meint der Archäologe, der allerdings wenig Hoffnung hat, den „Fall“ zu lösen.

Überraschende Qualität der Funde

Seit Wochen sind die Experten der Generaldirektion Kulturelles Erbe in Remagen zu Gange, nachdem man im Herzen der Stadt bei Arbeiten zum Bau eines Hotels sowie von Wohnungen und Geschäften auf dem Areal des ehemaligen Verkehrsverlages auf römische Funde stieß. Das war nicht weiter überraschend, da es in Remagen ein großes römisches Castell gab. Bemerkenswert ist jedoch die Qualität der Funde.

„Wir haben importierte und qualitätsvolle Keramik aus Südfrankreich gefunden oder auch einen sehr schönen Teil eines römischen Badegebäudes mit Fußbodenheizung entdeckt, wobei das hohe Ausstattungsniveau erstaunlich ist“, freut sich Henrich. Man könne daraus schließen, dass vor fast 2000 Jahren die „Upperclass“ im Bereich der Bahnhofstraße und Marktstraße gewohnt habe.

Spurensuche geht weiter

Auch das gefundene importierte Keramik-Geschirr aus Lezoux (bei Lyon) – versehen mit einem gut erhaltenen entsprechenden Stempel des Fabrikationsortes – lasse darauf schließen. Ganz nebenbei hatte man zudem noch zahllose Scherben, 250 römische Münzen oder auch einen Jupiterkopf aus dem Erdreich gegraben. Obwohl es nur wenige familiäre Strukturen gab, da es sich bei dem Castell naturgemäß um eine reine Soldatensiedlung handelte, hat man auffallend viele Haarnadeln gefunden. Aus Angst vor Meutereien blieben die römischen Soldaten nie lange an einem Garnisonsstandort. Sie kamen aus allen Teilen Europas nach Remagen und blieben dort nur vorübergehend. Auch der Täter?

Bis zum 15. Oktober werden sich die Archäologen in Remagen auf weitere Spurensuche begeben. Danach wird die Baustelle geräumt und für die weitere Neubebauung freigegeben. Alle Funde werden dann wissenschaftlich weiterbearbeitet. Begleitend zu den Arbeiten bietet der benachbarte Buchsalon Hauffe „Berichte zur Archäologie an Mittelrhein und Mosel, Band 16“ zu einem Sonderpreis von 50 Euro an. Enthalten ist die Doktorarbeit von Sibille Friedrich, die sich ausführlich mit der Geschichte des Remagener Castells beschäftigt.

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