Philosophie im Forum Zukunft Wenn die Currywurst zur philosophischen Frage wird

Remagen · Markus Gabriel, einer der gefragtesten Philosophen der Gegenwart, war zu Gast bei „Forum Zukunft“ des Sinziger Rhein-Gymnasiums. Wegen Flutschäden wich man in das Audimax des RheinAhrCampus in Remagen aus. Der große Denker aber wich wirklich keiner Frage aus.

Mitreißend und tiefgründig: Der Philosoph Markus Gabriel beim Forum Zukunft, diesmal im Audimax des RheinAhrCampus in Remagen

Mitreißend und tiefgründig: Der Philosoph Markus Gabriel beim Forum Zukunft, diesmal im Audimax des RheinAhrCampus in Remagen

Foto: ahr-foto

„Wir laden die Referenten nicht zu einem bestimmten Thema ein. Sie sprechen über das, was ihnen am Herzen liegt“, erklärte Klaus Karpstein, Initiator der Reihe, vor geschätzt 200 Schülern, Schulangehörigen und Interessierten. Markus Gabriel ist Vorsitzender des Internationalen Zentrums für Philosophie in Bonn. Er lehrt in Bonn und Hamburg, hat dies auch schon in New York, Paris und Lissabon getan. Doch begrüßte Karpstein den gebürtigen Remagener, aufgewachsen in Sinzig und mit seiner Frau und zwei Töchtern in Bonn lebend, zum „Heimspiel“.

Vor dem Vortrag brach sein  Schwiegervater zusammen

„Ich hoffe, Sie dimensionieren sich auf unser Niveau herunter“, bat Karpstein den „Schnelldenker“. Ob ihm das gelang, entschied jeder im Publikum für sich. Der Star seiner Zunft, der mit 29 Jahren Deutschlands jüngster Philosophie-Professor war, bekannt dafür ist, referierte eindrucksvoll über die Zukunft

Dass der Schnelldenker auch ein Schnellredner ist, machte die Sache für die Zuhörer nicht leichter. Bei ihm aber blitzte trotz Geistesschärfe Humor auf. Gabriel bewies umso mehr Professionalität, obgleich kurz vor dem Termin sein Schwiegervater im Saal zusammengebrochen war, dieser ins Krankenhaus gebracht wurde und die Veranstaltung 40 Minuten später begann.

„Wir leben in einer Zeit der Stapelkrise“, leitete er ein. Kennzeichnend sind ineinander „verschachtelte“ Krisen: die Gesundheitskrise durch die Pandemie, die geopolitische Lage, Stichwort Vernichtungskrieg in der Ukraine, zugleich auch ein Wirtschaftskrieg, die Klima- und die Hungerkrise. Ist also die Lage zum Verzweifeln? Gabriel verneint. Das Krisenbewusstsein gaukele uns vor, die Zukunft sei verschlossen, was aber nicht stimme.

Zu Lösungsstrategien führe die Ethik. Es gehe darum, „wahre Antworten auf sinnvoll gestellte Fragen zu geben“. Wer wie Trump oder der Kreml „alternative Tatsachen“ behaupte, lüge. Wichtig seien „Antworten auf moralische Fragen“. Beispiel: Soll ich das Kind im Teich retten oder die Currywurst nicht kalt werden lassen?

Worin besteht der Sinn des Lebens?

Der Sinn des Lebens bestehe darin, „dass wir moralische Tatsachen erkennen“. Es sei „ein moralischer Fortschritt, eine moralisch begründete Position in einem Angriffskrieg einzunehmen“ und Waffen zu liefern. Als gesuchter Experte für die Politik sprach der Profidenker auf der Münchner Sicherheitskonferenz auch mit ukrainischen Frauen und Vitali Klitschko.

Schließlich leitete die Frage „was ist die Zeit“ über zum Kinderwahlrecht, das „schockierender Weise“ fehle. Kinder seien am offensten für die Zukunft. Kinder seien ohne Vernunft? Mit dem Argument, so Gabriel, hätte man schon Schwarze benachteiligt und Frauen das Wahlrecht verwehrt. Als er bei den Bonner Kommunalwahlen seiner kleinen Tochter erklärte, wofür die Kandidaten stünden, wollte sie entsprechend wählen: „Mit der Seilbahn kann sie leichter zu ihrer Lieblingspizzeria“. Sie habe geweint, als sie hörte, dass sie nicht wählen darf“.

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