Sommerkonzert in der Gertrudis-Kapelle Geigengefühl und Glaubensgespräche

OEDINGEN · Bei leichter Bewölkung, aber angenehmen Temperaturen hat das klassische Sommerkonzert in der Sankt-Gertrudis-Kapelle Oedingen zahlreiche Besucher angelockt. Violinist Michael Dartsch und Pianistin Monika Tschurl präsentierten Stücke der Klassik und Romantik, gerahmt von deutscher Lyrik zu sommerlichen Themen.

 Konzert in Sankt Gertrudis in Oedingen.

Konzert in Sankt Gertrudis in Oedingen.

Foto: Martin Gausmann

Nicht nur kam das Publikum in Scharen, sondern es war auch hörbar von den Darbietungen begeistert.

Bis zur letzten Minute vor dem Konzert mussten weitere Stühle in die schon eng besetzte Kapelle getragen werden. Viele Oedinger wollten sich dieses kulturelle Ereignis nicht entgehen lassen. Den Musikern blieb kaum Platz, was aber eine sehr intime Atmosphäre schuf. Besonders das ausdrucksreiche Spiel von Dartsch, welches von einem leichten Bogenstrich und großer Gestik im passenden Moment geprägt war, kam somit besonders gut herüber.

Einzig bei einigen Pizzicati wollte die ansonsten tadellose Feinabstimmung zwischen den Instrumenten nicht ganz klappen. Pianistin Tschurl konnte dennoch eigene musikalische Akzente setzen. So enthielt die Violinsonate G-Dur KV 379 von Wolfgang Amadeus Mozart große Solopartien, in denen Dartsch seine Violine vom Kinn nahm und aufmerksam den Klaviermelodien folgte.

War das Stück mit seinem ausufernden Variationensatz auch kompositorisch etwas unübersichtlich, so sprang doch der Funke dieser begeisternden Musik beim Publikum über. Um die Assoziationen jedes einzelnen Hörers anzuregen, rezitierte Dartsch zwischen den Stücken aus Gedichten. In Hilde Domins "Windgeschenke" waberten Duftwolken durch die Vorstellung des Publikums und Detlev von Liliencrons "Dorfkirche im Sommer" sang das leicht spöttische Loblied auf eine verschlafene Landgemeinde und ihren Gottesdienst.

Erich Kästners "Der Juni" brachte mit zahlreichen Widerhaken das gezeichnete Bild vom Sommer in gewollte Schieflage. Da wurden wie selbstverständlich aus Küssen Kinder und ein Ungläubiger stritt mit einem Frommen über die Existenz von Wundern.

Osteuropäische Schwere und Tiefe erhielt das Konzert über die "Romantischen Stücke" op. 75 von Antonin Dvorak. Die Stücke schwankten zwischen Leichtigkeit und Sehnsucht, unruhigem Getrippel und melodramatischen Ausbrüchen oder zeichneten eine raue Uferlandschaft, in der sich die Gedanken verlieren konnten. Auch mit Robert Schumanns "Fantasiestücken" op. 73 boten die Musiker dem Publikum eine abwechslungsreiche, hochvirtuose Musik, deren Komposition stellenweise schon Unordnung glich.

Den runden Konzertabend quittierte das Publikum mit nicht enden wollendem Applaus und sogar "Bravo"-Rufen, die zu einer gelungenen Mozart-Zugabe führten. Im Anschluss an das Konzert nahmen viele Besucher die Einladung von Pfarrer Frank Klupsch gerne an und ließen den Abend im Torbogen der spätmittelalterlichen Kapelle bei Wein und angeregten Gesprächen ausklingen.

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