Stadt Remagen wehrt sich gegen FDP-Vorwürfe Gewerbetreibende müssen für Rathauserweiterung ihre Geschäfte räumen

Remagen · Die Liberalen ärgern sich über die Rathauserweiterung: Langjährig angesiedelte Gewerbetreibende sollen dafür ihre Standorte aufgeben.

Blick in die Passage beim Rathaus, wo aktuell noch das Sonnenstudio ist, dem aber bereits der Vertrag gekündigt wurde.

Blick in die Passage beim Rathaus, wo aktuell noch das Sonnenstudio ist, dem aber bereits der Vertrag gekündigt wurde.

Foto: ahr-foto

Schwere Geschütze fahren die Remagener Liberalen gegen die von Bürgermeister Björn Ingendahl angeführte Verwaltung auf. Die Stadt braucht für ihre Belegschaft mehr Platz, das am Marktplatz stehende alte Rathaus ist viel zu klein. Außerdem will man ein „Bürgerwohnzimmer“ einrichten. Längst sind einzelne Bereiche der Stadtverwaltung ausgelagert. Nun will die Verwaltungsspitze weitere Räume in der benachbarten Passage an der Tourismus-Information nutzen, die vor einem Jahr gekauft wurde. Dies zum Leidwesen der aktuellen Mieter, die nun gehen sollen. Die FDP beklagte, man habe diesen Mietern – durchweg Gewerbetreibende – keine Ersatzflächen angeboten. Die Verwaltung weist das weit von sich. „Die Behauptung, wir hätten den Mietern gekündigt, ohne ihnen zu helfen, einen Ersatzstandort zu finden, ist nachweislich falsch“, stellte Remagens Büroleiter Marc Göttlicher klar.

Betroffen sind ein Friseur, ein Sonnenstudio oder auch eine Ergotherapie-Praxis

Die FDP bleibt zunächst dabei: Das Vorgehen von Bürgermeister und Wirtschaftsförderung sei inakzeptabel, die Fraktion spricht von „einem rücksichtslosen Umgang“ mit den Mietern. „Wir haben 2021 dem Erwerb des Gebäudes zugestimmt. Von Kündigungen der Gewerbetreibenden und der Errichtung eines völlig fragwürdigen Bürgerwohnzimmers war damals keine Rede“, so FDP-Ratsmitglied Jens Huhn, „sonst hätten wir und vermutlich auch viele andere im Stadtrat niemals zugestimmt.“ In der Passage sind ein Friseur, ein Sonnenstudio oder auch eine Ergotherapie-Praxis zu Hause.

Eingeschaltet hat sich inzwischen auch FDP-Kreisvorsitzender Uli van Bebber: „Da beklagt man in Remagen den Leerstand in der Innenstadt und versucht mit der Wirtschaftsförderung neues Gewerbe anzusiedeln, um damit Leben in die City zu bringen. Und dann werden gleichzeitig funktionierende, langjährig am Standort existierende Betriebe, vertrieben.“ Mehr Rathausbüros würden die Attraktivität der Remagener Innenstadt wohl kaum erhöhen. „Der bereits aufgegebene Friseursalon war 14 Jahre am Standort, die Ergotherapie-Praxis ist es seit 15 Jahren, das Sonnenstudio seit 17 Jahren. Eine Räumung käme bei der Praxis und dem Sonnenstudio einer Geschäftsaufgabe gleich“, so die FDP. Der Betreiber des Sonnenstudios habe zum Start vor vielen Jahren über 400.000 Euro in den Rohbau investiert. Selbst wenn er gleich große und geeignete Räume fände, müsste er rund 65.000 Euro aufbringen, nur um die technischen Anschlüsse für die Abluftanlage und die Stromaufbereitung für die acht Sonnenbänke zu installieren. Gute Wirtschaftsförderung sehe anders aus.

Die FDP hatte nun beantragt, das Thema auf die Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschuss zu setzen. Erfolgslos. Marc-Andreas Giermann, FDP-Ortsverbandsvorsitzender: „Offenkundig gibt es kein Interesse am Schicksal der Betroffenen.“ Christina Steinhausen, Ratsmitglied der Liberalen, will sich nun dafür stark machen, dass Bürgermeister Ingendahl die ausgesprochene Kündigung zurücknimmt und die Gewerbetreibenden an ihrem Standort bleiben können. Steinhausen: „Macht der Bürgermeister das nicht, muss er verantworten, die einzige und letzte Ergotherapie-Praxis, ein Sonnenstudio und einen Friseursalon aus der Stadt vertrieben zu haben, damit in bester Innenstadtlage Mitarbeiter der Stadtverwaltung einziehen können.“

Argument der Verwaltung: Die Services des Rathauses sollen schnell für die Bürger erreichbar sein

Die Verwaltung weist die Vorwürfe der Liberalen vehement zurück. Es seien zahlreiche Gespräche mit den betroffenen Gewerbetreibenden geführt worden, hieß es aus dem Rathaus. Alle Mieter seien aktiv bei der Suche alternativer Räumlichkeiten unterstützt worden, es habe sogar gemeinsame Objektbesichtigungen gegeben. Bislang sei die Suche nach geeigneten Ersatzflächen allerdings gescheitert, räumte die Verwaltung ein. Björn Ingendahl meinte abschließend: „Unser Verwaltungshandeln zielt stets darauf ab, den Bürgern serviceorientierte Dienste anzubieten und möglichst unkompliziert und schnell ansprechbar zu sein.“ Hierzu zähle auch ein zentraler Anlaufpunkt rund um den historischen Marktplatz in Remagen und Platz für dringend benötigtes zusätzliches Personal zur Erledigung eines immer weiterwachsenden Aufgabenspektrums.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Die FDP sollte ihr Profil schärfen
Kommentar zum Streit zwischen FDP und Grünen Die FDP sollte ihr Profil schärfen
Aus dem Ressort