Traubenlese in Oberwinter Hobby-Winzer freuen sich über die Mauerhexe

Oberwinter · In Oberwinter wird der Federrote in große Glasballons abgefüllt. Die Lese der „Mauerhexe“ ist traditionsgemäß ein Saisonhighlight vor Ort. In diesem Jahr fällt die Erntebilanz besonders erfreulich aus.

 Die Lese der Mauerhexe ist beim Winzer-Paar Gabriele Fischer-Wilms und Heinz Wilms aus Oberwinter längst zur generationsübergreifenden Tradition geworden.

Die Lese der Mauerhexe ist beim Winzer-Paar Gabriele Fischer-Wilms und Heinz Wilms aus Oberwinter längst zur generationsübergreifenden Tradition geworden.

Foto: ahr-foto

Dass ein kräftiger Federroter nach dessen Genuss beim Verkoster die ein oder andere Wesensveränderung „anhexen“ kann, weiß man in Oberwinter genau. Dort wird traditionsgemäß im Oktober die „Mauerhexe“ gelesen. Dies am Privathaus der Familie Wilm an der Mauerstraße. Der „Weinberg“ ist jedoch kein kleiner oder großer Berg, sondern eine uralte Ziegelsteinmauer, die Reben bestehen aus nur einem Stock, der 120 Jahre alt ist und weitverzweigt über 30 Meter auf dem Mauersims seine Trauben wachsen lässt.

Freunde und Vereinsmitglieder lesen und verkosten mit

„Dieses Jahr ist die Ernte besonders groß“, freut sich „Winzer“ Heinz Wilms, ein längst pensionierter Geschichtslehrer, der an einem Bonner Gymnasium tätig war. In der Tat: Dicht an dicht hängen die blau-roten Trauben, die von Freunden der Familie und Freunden des Oberwinterer Rathausvereins gelesen werden. Sie alle werden dabei sein, wenn in einer Woche im alten Rathaus an der Hauptstraße eine erste Verkostung stattfindet: Der am Privathaus von Familie Wilms an der Mauerstraße gewonnene Federrote kommt dann zum Ausschank.

Sie stehen auf an die mehr als hundert Jahre alte Mauer gelehnte Leitern, und schneiden die Trauben bündelweise von den Stengeln. Sie sitzen auf Gartenstühlen im Hof des 1721 erbauten Hauses und befreien die Früchte von den Stielen, damit sie in die Presse können: Die Liebhaber der Mauerhexe waren an diesem Tag nach zweijähriger Pause wieder fleißig zugange. Die Presse wird von Hand in Gang gesetzt – reine Kraftarbeit. Wilms und Ehefrau Gabriele Fischer-Wilms fangen die Flüssigkeit dann in Ballons auf: 25 Liter fasst jeder Glasbehälter.

Die Ernte wird zum großen Gemeinschaftserlebnis

80 bis 100 Kilogramm sammeln die Helfer an Trauben ein. Wenn sie von Stielen und überflüssigem Grün befreit und gepresst sind, hat Wilms rund 50 bis 60 Liter Wein in seinen Ballons, in die dann Burgunderhefe zugeführt wird. Nach ein paar Tagen ist der Gärprozess in vollem Gange, der Muskateller ist auf dem Weg zum schmackhaften Federroten.

Nicht nur wegen der Geselligkeit, sondern auch wegen der alljährlich reichen Ernte laden Wilms und seine Frau seit rund 20 Jahren Mitglieder und Freunde zur Ernte der „Oberwinterer Mauerhexe“ ein. So wird die Lese zum großen Gemeinschaftserlebnis, für alle Generationen. Denn auch kleine Helfer wieseln die Mauer entlang oder tummeln sich auf dem Grundstück des alten Hauses. Rund 30 Helfer im Alter von fünf bis 75 Jahren sind es, die eimerweise die blau-roten Muskateller-Trauben pflücken und anschließend so sorgsam wie möglich selektieren

Eine erste Kostprobe lasse wieder auf ein leckeres, süffiges Getränk hoffen, so das Gastgeber-Ehepaar, das sich vor rund 30 Jahren im Hafenort niederließ, nachdem es zuvor in Indonesien oder auch in Bangladesch gelebt hatte. Ehefrau Gabriele war dort in der Entwicklungshilfe tätig. „Wir haben auch schon mal Wein aus dem Blauen Muskateller gemacht und irgendwann auch einmal Weinbrand“, berichtet der 75-jährige Wilms, aber am besten komme der Federrote an. Ehrlich fügt er hinzu: „Wir haben schnell festgestellt, dass wir einfach keinen guten Wein machen können.“ Dafür jedoch Federroten. Davon werden sich die Oberwinterer am nächsten Samstag, 15. Oktober, ab 18.30 Uhr im Saal des alten Rathauses in der Hauptstraße wieder überzeugen können.

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