Bürgerinitiative In Oberwinter wächst der Unmut über die Deutsche Bahn

OBERWINTER · Oberwinter fühlt sich von der Bahn verschaukelt. Die inzwischen gegründete Bürgerinitiative will eine neue Weichenstellung.

Eingehend hatte Thomas Geyer, Verbandsdirektor des Schienenzweckverbandes, in einer Veranstaltung in Remagen erläutert, warum sich die Anbindungssituation im Bahnhof Oberwinter für die Bahnbenutzer verschlechtert hat. Eine Bürgerinitiative will sich damit allerdings nicht abfinden. Sie fordert Verbesserungen für den Bahnhof.

„Der bis 2017 in Oberwinter existierende Quasi-Halbstundentakt ist weg. Reisende über Bonn hinaus haben nur noch Stundentakt. Das bedeutet starke Einbußen für Pendler, Schüler und alle übrigen Bahnreisenden. Fernreisende Richtung Norden und Osten haben inakzeptable 45 Minuten Übergang in Köln“, so der Sprecher der Initiative, Ingo Konrads.

Der Schülerverkehr per Bahn Richtung Süden sei faktisch eingestellt. Kompensiert werde dies durch „Elterntaxis“ und neue Busverbindungen. Konrads: „Der Verkehr wird auf die Straße verlagert.“ Die Zahl der Fahrgäste nehme schon jetzt spürbar ab. Viele würden auf das Auto umsteigen, was zu einer zusätzlichen Belastung der ohnehin stark befahrenen B9 und des Bonner Stadtgebietes führe.

Sachzwänge wurden eingehend dargelegt

Thomas Geyer hatte in seinem Vortrag die Sachzwänge dargelegt und erläutert, wie es dazu kam, dass Oberwinter den Halt des RE 5, die zentrale Anbindung des Bahnhofes, verloren hat (der GA berichtete). Reisenden und Pendlern, die in Richtung Düsseldorf fahren, empfahl er den Umstieg auf den Fernverkehr in Bonn.

„In seinem Vortrag fehlten leider tragfähige Vorschläge zu zukunftsfähigen Lösungen. Der Blick zurück mag vieles erklären, aber nur ein Blick nach vorne hilft uns weiter“, beklagte Konrads gegenüber dem General-Anzeiger. Und: „Wir erwarten von jemandem, der Bahnverkehr in der Region ermöglichen soll, keine Entschuldigungen, warum dieses oder jenes nicht möglich ist, wir erwarten keine Erklärungen für die Fehlplanungen der Bahn AG, sondern ein aktives Einsetzen für seine Kunden.“

Initiative fordert eine Verkehrswende

Die schon seit längerem breit in Politik und Öffentlichkeit diskutierte Verkehrswende, wonach immer mehr Menschen aufgefordert werden, den ÖPNV zu nutzen und ihre Autos stehen zu lassen, interessiere die Zweckverbände der Region offenbar nicht, ärgert sich die Bürgerinitiative.

In Deutschland sollten Fahrgäste generiert werden. „In Oberwinter und Umgebung müssen sie nicht generiert werden, hier gibt es sie bereits“, stellte Konrads klar. Dort wollten die Menschen intensiv die Bahn nutzen und das Auto stehen lassen – und müssten sich seit dem Fahrplanwechsel mit einem eingeschränkten Angebot abfinden. Konrads: „Es kann nicht sein, dass es zur Bahn in Oberwinter für Pendler nur das Auto als Alternative gibt.“

Wegen der guten Anbindung nach Oberwinter gezogen

Keine Antworten lieferte Geyer nach Meinung der Initiative den vielen Menschen, die vor 2017 wegen der bis dahin guten Verkehrsanbindung des Bahnhofs nach Oberwinter und Umgebung gezogen seien, um von dort aus ihre Arbeitsstellen zu erreichen. „Sie müssen jetzt mit deutlich verlängerten Fahrzeiten und mehr Umstiegen leben – auf der ohnehin von Ausfällen und Verspätungen und ausuferndem Güterverkehr extrem belasteten linken Rheinstrecke“, sagte Ingo Konrads.

Im Selbstverständnis der Bevölkerung von Oberwinter und Umgebung gehöre Oberwinter mehr zum Raum Köln/Bonn. Deshalb pendelten rund 75 Prozent der ehemaligen RE 5 Fahrgäste in diese von den Kürzungen jetzt besonders betroffene Richtung.

Zwar habe Geyer eingeräumt, dass nicht alleine die Fahrgastzahlen, sondern eine Abwägung mehrerer Faktoren zur Abkopplung von Oberwinter vom Regionalexpressverkehr führte. Jedoch berief er sich letztlich immer wieder auf die schwachen Zustiegszahlen zum RE 5. „Neue Haltepunkte in Großstädten haben schon alleine wegen der Demografie immer eine höhere Zustiegsfrequenz“, erklärte Konrads. Eine Verkehrspolitik so zu betreiben, dass man Stadt und Land gegeneinander ausspiele, sei „grundfalsch“.

Rhein/Wupper-Bahn soll fortgeführt werden

Exakt so sei es aber mit dem Haltepunkten Koblenz-Stadtmitte und Bonn-UN-Campus gemacht worden. Konrads: „Bei einer rein rückwärtigen Betrachtung von Nutzerzahlen fehlt jede Zukunftsperspektive.“ Ein schrumpfendes Angebot könne nie höhere Fahrgastzahlen generieren.

Man sehe derzeit nicht, „dass irgendwo ein politischer Wille besteht, die Situation des Schienenpersonennahverkehrs im Rheintal deutlich zu verbessern“. Nach wie vor würden Güterzüge auf die bereits überlastete linke Rheinstrecke „gepresst“. Ein zusätzlicher Halt des RE 5 in Oberwinter werde mit genau der Begründung der Überlastung abgelehnt.

„Wir fordern, dass jetzt die Weichen neu gestellt werden“, so Konrads. Konkret bedeute dies, zumindest einen alternierenden Halt des RE 5 in Oberwinter und einem noch zu bestimmenden Ort einzurichten, oder – alternativ – eine neue Anbindung an den RE 5 nach Norden etwa über eine bis Remagen oder Oberwinter fortgeführte Rhein/Wupper Bahn (RB 48) zu schaffen. Diesen Vorschlag hatte Geyer allerdings bereits aus technischen und vertraglichen Gründen kategorisch abgelehnt.

Konrads: „Nach unseren Recherchen könnte diese Idee aber trotz aller Schwierigkeiten umgesetzt werden.“

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