Poetry-Slam in der Galerie Modern Art Showroom Kain und Abel müssen ins Bett

REMAGEN · Wie im Fluge verstrich die Zeit. Denn beim zweiten Poetry Slam des Modern Art Showroom (M.A.SH), in den Organisatorin Gudrun Hillmann einführte, tauchten neun Protagonisten das Publikum in wechselvolle Gefühls- und Gedankenbäder.

 Jutta Roth startete den Dichterwettstreit in Remagen mit ihrem "Lebenszyklus".

Jutta Roth startete den Dichterwettstreit in Remagen mit ihrem "Lebenszyklus".

Foto: Gausmann

Jutta Roth aus Bad Godesberg startete den Dichterwettstreit bedeutungsschwanger mit "Lebenszyklus", dessen Schlaglichtern, verweigerte Mutterbrust und parfümiertes Totenbett, im Liebesgedicht "ein Ozean meiner Wortlosigkeit" folgte. Eines der leisen Poeme von Hatice Caska-Oehm (Alfter) berührte ebenfalls Unausgesprochenes: "Ich hätte Dir so viel zu sagen, wenn Du es hören wolltest, wenn auch kurz". Sinnlich fiel dann der Kuss mit Schokoladenaroma aus und "Kopflos" ihr Pendeln zwischen Einsamkeit und Freude.

Sharon Cohagen "malte" wortgeschmeidig ein "Gedichtsaquarell", sie erläuterte auch eine Schreibblockade überraschend mit der Unfreiheit des Blattes: "Block zeugt Block". Besonders filigran gerieten Elisabeth Schliefs (beide Bonn) Dichtminiaturen. Doch erwärmten sich die Zuhörer mehr für die Leuchtkraft von Geschichten. Brigitte Dietrich, die einzige aus Remagen, brachte wohlgesetzt authentische Oma-Nöte in die Wortarena und Marion Breitenstein mit Sohn Nils (aus Bonn, wie alle anderen) eine demente Dame, die allerdings nur die Verwirrte spielt, um ihre Verwandten schneller loszuwerden und Zeit für den Freund zu gewinnen.

Ebenso ließ Kai Hollensteiner seine Erzählung vom Lawinenunglück verblüffend enden. Den Pointenknüller schoss indes Helga Rohde mit "Eden war gestern" ab. Nach der Paradiesvertreibung, so erzählt sie, "wusste Adam nicht weiter, Eva war praktisch, sie bewarb sich im Eros-Center".

Inzwischen Managerin im Betrieb, weist sie Adam, der einmal dort auftaucht, nachsichtig in die Schranken, erinnert ihn an seine Hausmannspflichten und mahnt "Kain und Abel müssen ins Bett", was das Publikum mit Lachsalven und Applaus quittierte.

Besinnlich-poetische Töne schlug dagegen Walter Heep an. "Rasensamen", so der Titel seiner Kurzgeschichte, streut ein alter Mensch im Wohnstift aus, für die Zukunft, "die nicht die seine war".

Im zweiten Durchgang des interessanten Abends focht ein durchs Publikum bestimmtes Finalisten-Trio um die literarische Rangfolge. Heep schaffte es an die Spitze, nahm eine Hortensie entgegen und widerlegte so jenen Verleger, der ihm prophezeite, "mit Lyrik können Sie heute keinen Blumentopf gewinnen".

Erzähltalent Helga Rhode errang den zweiten und Autorin Marion Breitenstein den dritten Platz. Die gute Nachricht für Vortragende und Gäste: Im M.A.SH soll zukünftig mehrmals im Jahr geslammt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort