Jürgen Becker Kölner Kabarettist trat in Remagener Rheinhalle auf

REMAGEN · Nachdem sich Jürgen Becker in seinem letzen Soloprogramm "Ja, was glauben Sie denn?" der Religion gewidmet hat, hat er sich jetzt die Kunst vorgeknöpft. "Der Künstler ist anwesend!" ist der Titel des aktuellen Programms, mit dem der Kölner Kabarettist am Freitagabend in der Remagener Rheinhalle gastierte.

 Trocken, manchmal garstig und unterhaltsam: Jürgen Becker.

Trocken, manchmal garstig und unterhaltsam: Jürgen Becker.

Foto: Gausmann

Der "Hörsaal" war mit 650 Zuschauern proppenvoll. Denn wenn der ehemalige "Präsident" der Kölner Stunksitzung und Moderator der WDR-Mitternachtsspitzen in seiner typisch rheinischen Art doziert, bleibt garantiert kein Auge trocken.

Das bewies der vielbeschäftigte 52-jährige Bühnenprofi auch mit seinem mal bissigen mal absurd-komischen, aber stets unterhaltsamen Streifzug durch die Kunst- und Architekturgeschichte, die von Michelangelo über Rubens und Goja bis hin zu Kaspar David Friedrich einerseits und von den Ägyptern über die Griechen bis zu den Römern andererseits nahezu allumfassend ausfiel.

Wenn von Kunst die Rede ist, weiß Becker wovon er spricht, ist er doch gelernter grafischer Zeichner und war beim Kölner Duftimperium "4711" unter anderem für die Tosca-Werbeplakate zuständig.

Locker sprang der Kabarettist durch die Epochen, erklärte den Triumpfzug der Kirchenarchitektur von der Romanik bis zur Renaissance, um am Ende festzustellen, dass die Sixtinische Kapelle ein großer FKK-Strand ist und bei Michelangelo die Frauen wie bulgarische Kugelstoßerinnen aussehen.

Zwischendurch haderte er mit der mangelnden Bereitschaft der katholischen Kirche zur Ökumene, allerdings nicht ohne einen optimistischen Ausblick zu wagen: "Ökumene ist, wenn der Papst mit dem Papamobil durch die Lutherstadt Wittenberg fährt und Margot Käsmann besoffen am Steuer sitzt".

Die Zuschauer lernten, dass die üppigen Rubens-Modelle seinerzeit nur durch die Ateliertür passten, wenn vorher der Rahmen eingefettet wurde. Großartig, wie Becker Werken großer, aber auch unbekannter Meister mit neuen Titeln zu aktuellen Bezügen verhalf: So betitelte er ein antikes Gemälde tanzender nackter Jünglinge als "Feierabend im Priesterseminar", eine Höhlenmalerei, die eine Jagdszene mit einem Pferd darstellt, heißt bei Becker "Sauerbraten ante portas" und die Haremsszene des Malers Ingres interpretiert er als "Betriebsausflug der Hamburg-Mannheimer".

Dabei ist der Kabarettist derart in seine Plaudereien vertieft, dass er selbst Zeit und Raum vergisst. So erkundigt er sich beim Publikum nach der Uhrzeit, um die Pause einhalten zu können.

Und schließlich lieferte er einen herrlich respektlosen Einblick in die aufgeblasene Scheinwelt der (Kölner) Kunstszene. Vernissagen werden als Auflauf der "Lackaffen" entlarvt, gefolgt von der Warnung, allzu "verschnupften" Galeristen ein gutes Näschen zu attestieren.

Und einen Tipp für Anfänger hatte Becker schließlich auch im Gepäck: Wer bei einer Vernissage nicht unangenehm auffallen wolle, solle niemals rufen: "Die rote Skulptur finde ich am besten." Es bestehe die Gefahr, dass der Galerist empört entgegnen könnte: "Das ist unser Feuerlöscher!".