Ausstellung in Remagen Künstlerin verarbeitet Impressionen mit dem Skalpell

Remagen · In der Remagener M.A.SH.-Galerie werden Arbeiten der Künstlerin Katharina Fischborn gezeigt. Anders als viele Berufskollegen greift sie aber nicht zu Stift oder Pinsel, sondern zum Skalpell.

 Katharina Fischborn präsentiert in Remagen ihre Ausstellung „Freie Horizonte".

Katharina Fischborn präsentiert in Remagen ihre Ausstellung „Freie Horizonte".

Foto: ahr-foto

Jede Ausstellung verleiht der von zwei Straßen her einsehbaren Galerie Modern Art Showroom, „M.A.SH.“, ein anderes Gepräge. Mit „Freie Horizonte“ sind Bildwerke von Katharina Fischborn eingezogen, die tatsächlich Einblick und Durchblick gewähren. „Zeichnungen“ nennt die in Langenlonsheim, Rheinhessen, lebende Künstlerin ihre Arbeiten. Doch greift sie nicht zum Stift, sondern arbeitet mit dem Skalpell.

Farbige Flächen, Ausschnitte und weiße Streifen überlagern sich

Rund 25 ihrer durchlässigen Formate liegen im Fenster und hängen an den Wänden. Es geht streng zu, denn hier ist die Linie der Zuchtmeister des Gestaltens. Gedruckt wird im Hochdruck einfarbig auf Papier, bevor die Künstlerin schneidend ins Material fährt und es linear öffnet. Die randseitig weißen Papiere schichtet sie so, dass farbige Flächen, Ausschnitte und weiße Streifen sich überlagern: Linienreihen und Gitternetze entstehen. Auch die Farben, oft Gelb und Blau, selten Rot und Orange, halten Zwiesprache und erzeugen differenzierte Farbschattierungen.

Galeristin Almuth Leib freut sich ungemein über die lichten Papiergebilde: „Ich bin wirklich begeistert.“ Eindruck macht ihr „der hochaufwendige Arbeitsprozess und die hohe Qualität“. Da bei Fischborn ein großes Werk vorhanden ist, denkt Leib schon daran, „sie nächstes Jahr in der Druck-Ausstellung zu bringen“.

Obgleich die Exponate an konkrete Kunst denken lassen, möchte Fischborn, anders als viele Vertreter dieser Stilrichtung, durchaus, dass man ihrem Schaffen die Menschenhand ansieht. „Ich presse mit der Handpresse, das hinterlässt ebenso kleine Ungenauigkeiten, wie wenn ich die Linien mit dem Skalpell ziehe.“ Freilich bemerkt dies nur, wer länger vor den Arbeiten verweilt. Unmittelbar stellen sich indes Assoziationen ein. Angesichts paralleler Streifenanordnungen sind es Gardinen, Fensterläden, Regalsysteme, ja mitunter Orgelprospekte.

Impressionen befeuern das Schaffen der Künstlerin

Hingegen inspirieren „Helligkeiten, Dunkelheiten, gestaffeltes Licht“ die Künstlerin. „Wenn ich in die Realität gehe, ist das ein riesiger Raum, den zerlege ich.“ Eine Hochhaussiedlung verzückt sie. Dort nimmt sie „Licht, Leerräume und in den Leerräumen ganz tiefe Leerräume“ wahr. Die Impression behält sie im Kopf. Sie befeuert ihr Tun.

Gezeichnet hat Katharina Fischborn immer, aber bis sie ihr „Frauenschicksal in einem katholischen Dorf“ in Bingen-Büdesheim zur Künstlerlaufbahn wandelte, dauerte es. „Heimlich habe ich mich mit einer Mappe an die Uni gewandt.“ Von 1999 bis 2004 studierte sie Freie Bildende Kunst an der Akademie für Bildende Künste, heute Kunsthochschule Mainz, und im Anschluss Umweltgestaltung. Spannend ist, wie sie spät herausfand, dass all die Linien in ihren Skalpell-Zeichnungen, auf tiefe Eindrücke aus Kindheit und Jugend zurückgehen. Die Furchen der Kirchbaumanlage ihrer Eltern, „die aufragenden Stämme und oben die horizontale Verzweigung“ haben sich tief in ihr verwurzelt. Durch die Kunst können sie nach außen wachsen. Die Ausstellung in der Kirchstraße 2 ist geöffnet bis 1. November, samstags und sonntags, 14 bis 17 Uhr.

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