Im Foyer der Remagener Rheinhalle Launiges Neujahrskonzert des Johann-Strauß-Ensembles Köln

REMAGEN · Stillsitzen fiel manchmal schwer. Und für den, der die Augen schloss, wurde das Foyer der Remagener Rheinhalle für zwei Stunden zum Ballsaal. Getanzt wurde jedoch wie immer nicht, wenn das Johann-Strauß-Ensemble Köln zum Neujahrskonzert in der Römerstadt aufspielt.

 Das Johann-Strauß-Ensemble Köln bei seinem Neujahrskonzert in Remagen.

Das Johann-Strauß-Ensemble Köln bei seinem Neujahrskonzert in Remagen.

Foto: Martin Gausmann

Auch wenn mancher Fuß nicht immer starr blieb, sich hier und da eine wiegende Bewegung des Oberkörpers oder Kopfes andeutete und dem ein oder anderen sogar ein leises Summen entfuhr. Das "Draußen" vergessen ließen die neun Musiker mit ihren Melodien voll Charme und romantischer Sehnsucht.

Rund 220 Zuhörer wollten sich gerne entführen lassen in die Welt des Walzerkönigs und mussten darauf nicht lange warten: Schon zum Auftakt brachte eines seiner bekanntesten Werke das Publikum in Wallung: "Wiener Blut". Zum innerlichen Hüpfen, Jubilieren und Tirilieren animierten aber nicht nur Johann-Strauss-Kompositionen wie der deutlich seltener zu hörende Walzer "Morgenblätter" oder die Polka Banditen-Galopp, den das Ensemble neu im Programm hat.

Auch Werke von Johann Strauss' Bruder Josef wie die Jokey Polka oder die Polka "Springinsfeld", deren Titel für Leichtfüßigkeit und Unbekümmertheit steht, kamen an. Ein Großteil der schwungvollen bis träumerischen Interpretationen entstammte zudem der Feder von Strauss' Zeitgenossen wie Emile Waldteufel, Albert Lortzing und Charles Gounod, und auch Johannes Brahms' zweiter ungarischer Tanz und eine Nocturne von Frederic Chopin wurden mit viel Applaus und so manchen Bravorufen bedacht.

Dass es sich beim Auftritt des Johann-Strauss-Ensembles Köln zum Jahreswechsel ebenso trefflich Schmachten wie Schmunzeln lässt, hat sich offensichtlich herumgesprochen: Beim 14. Neujahrskonzert des Ensembles in Folge verzeichnete Verkehrsamtsleiter Martin Tillmann schon drei Wochen vor dem Konzert "ausverkauftes Haus".

Anja Borchers (Violine, musikalische Leitung), Gerd Winzer (Piano, Moderation), Beate Starken (Cello), Uwe Küster (Kontrabass), Sebastian Winzer (Trompete), Markus Hufschmidt (Flöte), Selcuk Sahinoglu (Klarinette), Lilo Winzer (Klarinette) und Moritz Winzer (Schlagzeug) interpretierten Gute-Laune-Musik im Wiener-Walzer-Stil. Ruhige und rührselige Stücke im Dreivierteltakt wechselten sich mit temperamentvolleren Werken, speziell Polkas, ab. Dazwischen erzählte Gerd Winzer mehr oder weniger verbürgte Anekdoten über die Strauss-Dynastie und die Entstehung der Werke sowie überhaupt aus dem Komponisten- und Musikerleben.

Er berichtete unter anderem von "Akkordarbeiter" Brahms und den fantasiereichen Titeln der Johann-Strauss-Werke: "Wenn Strauss heute einen Auftrag bekäme, komponierte er wahrscheinlich einen Konkurswalzer, eine Rezessionspolka oder einen Insolvenzgalopp."

Musikalisch übernahm die Geige die Führung, trat manchmal in einen Dialog mit dem Cello oder den Bläsern und sorgte besonders mit flirrenden Saiten zu Beginn von Jacques Offenbachs' "Barkarole" für romantische Spannung. Versinken mochte man in die verträumten und virtuosen Passagen auf Sahinoglus Klarinette und Hufschmidts (Piccolo-)Flöte. Geistreich, tänzerisch und witzig kamen im ersten Teil Peter Tschaikowskis "Eiszapfen" mit festen Saitenzupfern und prägnanten Bogenstrichen daher.

Die Lacher auf ihrer Seite hatten später Gerd Winzer mit der Ankündigung seiner "Sensation" und Sahinoglu bei seinem vermeintlich äußerst anspruchsvollen Einsatz zur Polka "Im Krapfenwaldl" auf der erst zart, dann immer mutiger gespielten Kuckucksflöte. Als Rhythmusgeber fiel insgesamt wiederholt das Klavier auf, und Triangeltiraden und Trommelwirbel setzten mehr als nur markante Akzente.

Vielschichtige Stücke, farbige Interpretationen und eingängige Themen trugen zum heiter-beschwingten Gesamtbild bei. Wie beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker durften sich die Zuhörer am Schluss fühlen, denn auch das Johann-Strauss-Ensemble Köln beendete sein Neujahrskonzert mit dem Radetzky-Marsch als Zugabe, und wie beim berühmten Vorbild klatschte das Publikum selbstredend und ohne Zögern den Takt mit. Aber noch eine Zugabe war willkommen: Die Petersburger Schlittenfahrt.

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