Eine Sommerausstellung Patenter "Sachsenzweier"

REMAGEN · Eberhard Marx und Rainer Sperl entfalten fantastische Welten in der Galerie Rosemarie Bassi.

 Drei, die sich verstehen: Rainer Sperl (von links) , Rosemarie Bassi und Eberhard Marx.

Drei, die sich verstehen: Rainer Sperl (von links) , Rosemarie Bassi und Eberhard Marx.

Foto: Martin Gausmann

Die beiden haben sich gesucht und gefunden: Rosemarie Bassi konnte in der gleichnamigen Galerie den "Sachsenzweier" eröffnen, ihre Sommerausstellung mit Malerei des in Dresden geborenen Bad Breisigers Eberhard Marx und den Plastiken des Potsdamer Künstlers Rainer Sperl.

Im Vorjahr lernten sie sich kennen. Da Temperament und Kunst harmonierten, wie auch die Galeristin befand, beschlossen sie gemeinsam auszustellen. Nicht nur die Herkunft und dass beide in Heiligendamm studierten, eint das patente Duo. Sie ticken auch gleich, was Fantasie, ausgefeilte Technik, Humor, Hintersinn, Skurriles und eine erotische Note angeht.

Gerade dieser Zweiklang bescherte dem Vernissage-Publikum, das gleichwohl die Arbeiten separat zu schätzen wusste, helles Entzücken, etwa, wenn Marx gemalter Astronaut Alexander Gerst vor dem All sowie sein ironisch-apokalyptisch anmutendes Bild einer verrottenden Rakete auf Sperls zauberhafte Materialcollage "Laika bringt Licht ins All", ein treuherziges Hundchen im Samowar, treffen.

Sperl betreibt künstlerisches Recycling. Ausrangiertes von Musikinstrumenten über Kaffeekannen und Türklinken bis Maschinenteile erweckt er, ergänzt um selbst kreierte Keramik, zu neuem Leben. Ungeahnte Unikate entstehen: die teuflisch rot glasierte, gehörnte Skulptur "Kostümiertes Engelchen", eine schrille Mode-Parade, Hummerscheren-Figuren, die als "Gespräch unter Meeresbiologen" firmieren, ein Trompete blasender "Jazzer", dessen Keramik-Kopf Dicke-Backen-Musik illustriert. Sperls "Taucher" lächelt zur verdrehten Situation. Seine Taucherglocke ist randvoll mit Wasser. Manche Doppelbödigkeit fordern Schmunzeln und Nachdenken zugleich heraus.

Possierlich, der Keramik-Pinguin mit gelber Fliege und Stiefelchen auf Glasklotz, wäre er nicht "Der letzte seiner Art". Zu Recht heiter, streckt indes die "Dame vom Bundesrechnungshof in Urlaub" alle Viere aus der Rechenmaschine und schlürft eine Erfrischung aus dem grünen Sparschwein. Wieder gut geht es auch der "Alternden fleischfressenden Pflanze nach dem Besuch eines Dentisten". Unbekümmert reckt sie dem Betrachter ihre Second-Hand-Gebisshälften entgegen.

Ebenso fasziniert Marx mit Eingebungen und einer sehr präzisen Ölmalerei. Auch er entführt zu Konstellationen, die überraschen, erheitern, auch erschrecken. Meist konzentriert er seine verrätselten Geschichten aufragend in der Bildmitte. Dort kreuzt er, was ursächlich nicht zusammengehört. So thematisiert er, Geschichte und Biographie einschließend, Konflikte zwischen Kultur und Natur. Marx zeigt Verwachsungen aus Baum, turmartiger Architektur, Technik und Mensch. Er malte sich mit solchen Konstruktionen nach dem Ende der DDR schmerzliche Umbrüche "von der Seele", zudem befragt er mit der Turm-Idee Welt und Leben.

Ist ein "Missglückter Start" durch menschliche Selbstüberhöhung herbeigeführt, wie es das Standbild auf der verrottenden Rakete ahnen lässt? Zapft der Mensch der Natur den Saft ab, um zuletzt zu unterliegen, wie im Bild "Stammbaum", wo Rohre sich durchs Holz bohren und Wurzeln in einen Kopf? In "Etretat und der Baum der Erkenntnis" bilden Baum, Gestänge und Körperteile gar ein lebendes Konglomerat. Die Welt steht also Kopf, wie der Mond, in dem Marx den Malerkollegen Baselitz aufscheinen lässt. Neben diesem Detail würzen unter anderem auch neckische Pilotinnen die Gemälde mit Humor.

Die Ausstellung in der Marktstraße 109 ist bis Mitte August zu sehen: mittwochs bis sonntags von 14 bis 18 Uhr.

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