Gegendemos von Antifa und Bürgern Rechtsextremer „Trauermarsch“ in Remagen schrumpft um fast die Hälfte

Update | Remagen · Rund 50 Rechtsextreme haben sich am Samstag am Remagener Bahnhof getroffen, die mit einem „Trauermarsch“ an das Rheinwiesenlager nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern wollten. In der Stadt gab es Gegendemos von Antifa und Remagener Bürgern.

 Die Rechtsextremen bei ihrem „Trauermarsch“ in Remagen.

Die Rechtsextremen bei ihrem „Trauermarsch“ in Remagen.

Foto: Martin Gausmann

Rechtsextreme haben am Samstag in Remagen den jährlichen sogenannten Trauermarsch abgehalten. Mit dem „Gedenkmarsch für die Toten in den alliierten Rheinwiesenlagern“, so die Eigenbezeichnung, wollten sie an deutsche Soldaten erinnern, die nach dem Zweiten Weltkrieg am Rhein gefangen gehalten wurden und gestorben sind. Doch mit laut Polizei nur etwa 50 Teilnehmern schrumpfte der Marsch am Mittag vom Güterbahnhof in Richtung der Kapelle der Schwarzen Madonna am Rhein-Ahr-Campus der Hochschule Koblenz im Vergleich zum Vorjahr - damals waren es noch rund 90 - um fast die Hälfte. Stoppen mussten die Rechtsextremen schließlich bereits auf Höhe des Parkplatzes der Hochschule.

Gegen die rechtsextreme Demo formierte sich Protest mit der Polizei zufolge ungefähr 350 bis 400 Personen aus dem „linken Spektrum“. Den Protestzug, der auf anderem Weg vom Bahnhofseingang ebenfalls Richtung Kapelle unterwegs war, organisierte das Bündnis  „NS-Verherrlichung stoppen“. Dieses teilte später mit, dass „600 Antifaschist:innen“ teilgenommen hätten. Kurz vor Beginn der Veranstaltung sagte ein Sprecher dem GA: „Wir sind hier einerseits wegen der Nazis, andererseits wollen wir selber antifaschistische Themen setzen.“  Aufmerksam machen will das Bündnis laut Sprecher zum Beispiel auf die „Abschottung“ der EU-Außengrenzen.

„Tag der Demokratie“ am Rhein-Ahr-Campus

Am Rhein-Ahr-Campus gab es eine weitere Protestaktion gegen den Marsch der Rechtsextremen. Dort veranstaltete das „Bündnis Remagen für Frieden und Demokratie“ bereits zum zehnten Mal den „Tag der Demokratie“ samt Menschenkette, Bühne und Ständen.  Dabei waren unter anderem Gewerkschafter, Vertreter von Parteien und Schüler, etwa des von Schließung bedrohten Franziskus-Gymnasiums auf der Remagener Rheininsel Nonnenwerth.

Der Erste Kreisbeigeordnete Horst Gies machte auf rechten Terror in Deutschland aufmerksam. Dieser sei schon längst Realität geworden. „Realität in den Köpfen und in den Taten dieser radikalen Menschen.“ Viele konkrete Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigten, dass Hetze zu rechter Gewalt systematisch über Medien-Plattformen und einschlägige Netzwerke geschürt werde. Der rechte Terror sei vernetzt. „Es handelt sich keineswegs um Einzeltaten und verirrte Einzeltäter, die uns mehr oder weniger kurz in Schockstarre versetzen. Der Rechtsextremismus hat System, und hier muss aktiv mit allen rechtstaatlichen Mitteln interveniert werden“, forderte Gies.

In Anlehnung an die Flutkatastrophe Mitte Juli machte Gies deutlich, dass auch die grausamen Gedanken in den Köpfen einiger Rechter zu Katastrophen führen könnten. Die NSU-Mordserie sei nur ein Beispiel.

Remagens Bürgermeister Björn Ingendahl sprach zuvor davon, dass in der aktuellen Corona-Pandemie durch nationalistische und rechtsextreme Gruppierungen die Ängste der Menschen instrumentalisiert würden. Seit Beginn der Pandemie versuchten Rechtsextremisten, den Protest gegen die Corona-Regeln und Vorbehalte gegen die Impfungen für sich zu nutzen.

Den Teilnehmern des sogenannten Trauermarschs warf Ingendahl vor, die Ereignisse zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu verklären und Fake-News zu verbreiten. Aggressive Töne, Beleidigungen und Beschimpfungen griffen immer weiter um sich – gerade auch in der vermeintlichen Anonymität der sozialen Medien. Durch Hetzkampagnen verbreiteten sich Lügen und Fake-News blitzschnell. Die Corona-Pandemie biete etliche traurige Belege für dieses Verhalten. „Umso wichtiger ist es gerade in diesen schwierigen Zeiten, dass wir für Gerechtigkeit, Demokratie und die Wahrheit auf die Straße gehen“, betonte Ingendahl.

Proteste blieben friedlich

Im Vergleich zum vergangenen Jahr verlief der Tag wohl friedlich. Zwar blockierten auch diesmal Linke den Weg des „Trauermarschs“, doch konnte die Blockade umgangen werden. Von gewalttätigen Ausschreitungen ist bislang nichts bekannt.

Als ein „Ordner“ der Rechtsextremen bei der Kundgebung, nur einige Meter von den Linken und dem „Tag der Demokratie“ entfernt, einen Mann mit Kamera zurückdrängte, wurde er von einem Polizisten ermahnt. Die Äußerungen der Linken indes richteten sich nicht nur gegen die Rechtsextremen, sondern auch gegen die Polizei.

Ob der überschaubaren Anzahl an Kundgebungsteilnehmern verlief auch die An- und Abreise in diesem Jahr ruhig. Während es in den vergangenen Jahren auch am Bahnhof in Bonn zu Zwischenfällen im Zusammenhang mit den Kundgebungen in Remagen gekommen war, registrierte die Polizei in diesem Jahr keine Vorkommnisse. „Es ist alles ruhig geblieben“, so ein Sprecher der Bonner Leitstelle auf Anfrage des GA.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort