"Trauermarsch" der Neonazis in Remagen Remagen ganz bunt gegen Rechts

REMAGEN · Dem kalten Wind zum Trotz fanden sich am Wochenende zahlreiche Besucher auf dem Remagener Marktplatz ein, um gemeinsam ein Zeichen gegen den "Trauermarsch" der Neonazis zu setzen.

 Der Tag der Demokratie beginnt mit einem Gottesdienst an der "Schwarzen Madonna".

Der Tag der Demokratie beginnt mit einem Gottesdienst an der "Schwarzen Madonna".

Foto: Martin Gausmann

Ein abwechslungsreiches Bühnen-Programm zwischen rheinischer Tradition, politischen Reden und Musik aller Art sowie zahlreiche Stände unterschiedlicher Verbände, Schulen und der Kirchen ließen die Remagener Innenstadt in vielen Farben erstrahlen.

Wenn im Rheinland etwas zum dritten Mal stattfindet, dann ist es schon Tradition, heißt es. So gesehen startete in diesem Jahr um die Mittagszeit eine Remagener Tradition, als die Luftballons der Friedensinitiative in den Himmel stiegen. Zwar entstand die Initiative nicht ganz freiwillig, dafür sind die Bürger umso engagierter dabei. Bürgermeister Herbert Georgi brachte es auf den Punkt: "Das Programm heute ist Abgrenzung, aber im positiven Sinne." Er freute sich darüber, dass mit dem Fest "fröhlich" und "offensiv" den Gegnern der Demokratie entgegengetreten werde. Mit der Aufforderung, sich vorzustellen, was es bedeuten würde, wenn die nationalsozialistische Diktatur noch andauern würde, schlug er einen nachdenklichen Ton an.

Auch die Remagener Jungschützen stellten ein nachdenklich stimmendes Projekt vor. Auf einer von Thomas Pieper organisierten Berlin-Reise haben sie unter anderem das jüdische Museum besucht. Am eindrucksvollsten sind allen zwei Räume im Gedächtnis geblieben, die Örtlichkeiten aus Konzentrationslagern nachstellen.

Besonders für das vielfältige Engagement der Schüler und Jugendlichen dankte Landrat Jürgen Pföhler. Für ihn ist der Tag ein "deutliches Zeichen" gegen die "Ewiggestrigen". Er mahnte, dass man die Rechten heutiger Tage "nicht unterschätzen" sollte - besonders die Drahtzieher im Hintergrund. "Wachsamkeit ist eine Daueraufgabe!" Dem zum Trotz rief er zum Schluss aus, dass "heute alle Mitglieder einer Partei" seien. Der Kampf für die Demokratie sei ein Projekt, das auch Parteigrenzen überschreite. Hauptredner des Tages war Landesinnenminister Roger Lewentz, der sich ebenfalls mit einem Appell an die Besucher wandte: "Wir brauchen Sie!" Auch wenn es heute im Alltag selbstverständlich sei, so erinnerten Tage wie dieser daran, dass das Bekenntnis zum demokratischen Staat eine immer neue Aufgabe der Bürger sei.

Allein in Rheinland-Pfalz gäbe es 150 gewaltbereite Rechtsradikale. Da brauche es Menschen, "die nicht weggucken." Als er sein politisches Engagement begonnen hat, dachte er, dass in wenigen Jahren diese Bewegung gestoppt werden könnte. Doch die jüngsten Ereignisse in Köln haben gezeigt: Ein Engagement wie in Remagen "werden wir auch die nächsten Jahre brauchen". Er freute sich, "Demokratie pur" auf dem Marktplatz von Remagen erleben zu können und wünschte den Zuhörern "einen langen Atem und viel Kraft".

Wer bei dermaßen vielen Aktionen Ruhe und Abgeschiedenheit suchte, der fand diese in der Friedenskirche, in der stündlich Konzerte "Vom Barock zur Moderne" angeboten wurden. Doch nicht nur zum Nachdenken regte der Tag an. Mit den Rhein-Ahr-Spatzen wurde gut rheinisch gefeiert und aus Köln war die junge Band Kasalla nach Remagen gekommen. In Stücken wie "Fleisch un Bloot" wurde musikalisch das aufgegriffen, was die Redner theoretisch entwickelten: mit Klatschen und Singen gegen Rechtsradikale.

Bunt waren auch die Graffitis, die Jugendliche in einem Workshop des Jugendbahnhofs gesprüht hatten und die in der Kulturwerkstatt ausgestellt wurden. Knalliges Rot stand dort neben blau-grünen Blasen oder einer giftigen Schlange in dunkelgrün. Auch das neue Logo des Jugendbahnhofs haben die Jugendlichen aus unterschiedlichen Kulturen gemeinsam entworfen und gesprüht. Es soll als Erinnerung an diesen Tag einen besonderen Platz erhalten.

Was Integration wirklich bedeutet zeigte Necmettin Deniz, der "singende Wirt". Wird er gefragt, welcher Nationalität er angehöre, dann antwortet er spontan und ohne zu überlegen: "Ich bin ein türkischer Rheinländer."

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