Traditionsverein ist aktiver denn je Remagener Ruderer feiern 100-jähriges Jubiläum

Remagen · Auf eine lange Tradition blicken die Sportler der Rudergesellschaft Remagen zurück. Vor allem die Kriegsjahre und Kämpfe um die Brücke von Remagen hinterließen tiefe Spuren. Dennoch hat das Rudern in der Römerstadt bis heute überdauert – der Verein hat sein Engagement bis heute sogar ausgeweitet.

 Ein Eindruck aus 100 Jahren Rudergesellschaft Remagen: Hier hat sich ein Kanadier unter die Ruderer gemischt.

Ein Eindruck aus 100 Jahren Rudergesellschaft Remagen: Hier hat sich ein Kanadier unter die Ruderer gemischt.

Foto: Anton Simons

„Vier Kriegsjahre liegen hinter uns und vier weitere Jahre voll Kampf und Not. Nicht den Frieden brachten sie uns, sondern Umsturz und weiteren Hader.“ Das berichtete der erste Schriftführer der Remagener Rudergesellschaft im März 1922 und umriss damit die Stimmung großer Teile des Bürgertums Anfang der 1920er Jahre. Der Erste Weltkrieg war verloren, der Kaiser hatte abgedankt. Und mit der sich herausbildenden Republik mochten sich viele Menschen nur schwer anfreunden. So sahen auch die Ruderer aus der Römerstadt in einem Verein eine Möglichkeit, um mit Gleichgesinnten weiter alte Ideale zu pflegen. So kam es am 13. April 1922, vor 100 Jahren also, zur Gründung der Rudergesellschaft Remagen mit zunächst 36 Mitgliedern. Rudervereine aus Köln standen dabei Pate. Im Gründungsprotokoll ist verbrieft, der neue Verein möge eine Gemeinschaft sein, die der Pflege des Rudersports dient und die „am meisten eine Schule der strengen Zucht und Willensbildung ist, alte deutsche Art weiterzupflegen“. Der Remagener Hotelier Otto Caracciola und Bürgermeister Josef Froitzheim hatten zuvor einen Aufruf zur Teilnahme an der Gründungsversammlung im „Bergischen Hof“ gestartet.

Auskugeln entscheidet zu Beginn über Mitgliederzuwachs

Später war die Aufnahme eines neuen Mitglieds in den reputierlichen Verein eine sehr förmliche Prozedur: Um aufgenommen werden zu können, mussten Aspiranten zwei Bürgen benennen. Schließlich wurde ausgekugelt, das heißt, es wurde mit schwarzen und weißen Kugeln „ballotiert“. Waren zwei schwarze Kugeln bei einer Abstimmung im Kästchen, wurde der Aufnahmeantrag abgelehnt. Heutzutage ist es weitaus weniger kompliziert und lockerer, Vereinsmitglied zu werden.

Im Herbst des Gründungsjahres stellten die Wassersportler eine Bootshalle fertig, nachdem der Verein bereits im Juni 1922 ein erstes Boot beschafft und den Ruderbetrieb aufgenommen hatte. Im August 1923 nahm der Deutsche Ruderverband die Remagener auf, die im Jahr 1925 auch das Damenrudern einführten. Im gleichen Jahr gab es in den Rheinlanden eine Jahrtausendfeier mit großem Programm. Als Reichspräsident Paul von Hindenburg am 21. März 1925 das von der französischen Besatzung befreite Bonn besuchte, damals ein großes gesellschaftliches Ereignis, nahm die RGR mit vier Booten teil. 1929 wurde das Bootshaus fertiggestellt. Und 1935 legten die Ruderer auf ihrem Grundstück einen vereinseigenen Tennisplatz an.

Bootshaus und Boote fallen dem Krieg zum Opfer

Der letzte Eintrag ins Protokollbuch vor dem 2. Weltkrieg stammt vom 13. Juli 1935. Wegen seiner Nähe zur Ludendorff-Brücke wurde auf dem Grundstück der RGR ein bunkerartiger Unterstand mit Erdabdeckung gebaut. Den gibt es heute noch, und er bereitet der RGR bei der Unterhaltung zunehmend Probleme. Bootshaus und Boote wurden bei den Kämpfen um die Brücke von Remagen nahezu vollständig zerstört. Neun Vereinsmitglieder kehrten nicht aus dem Krieg in ihre Heimatstadt zurück.

Erst drei Jahre nach Kriegsende, am 5. April 1948, ließ die französische Militärregierung die Rudergesellschaft wieder als Sport treibenden Verein zu. Mitglieder statteten das Bootshaus daraufhin mit einem Notdach aus, bevor die Gesellschaft im Jahr 1949 den Ruderbetrieb wieder in bescheidenem Umfang aufnahm.

Damen-Vierer geht 1960 wieder an den Start

1953 wurden die Bootshallen wieder aufgebaut – unter Einbeziehung der verbliebenen Grundmauern und unter Verzicht auf das ursprüngliche Obergeschoss. Damit schuf der Verein Voraussetzungen für einen regulären Ruderbetrieb und für die Teilnahme an Vereinsregatten. 1960 nahm auch ein Damen-Vierer am Ruderbetrieb teil.

Neben dem sich positiv entwickelnden Ruderbetrieb begannen die Planungen für einen vollständigen Wiederaufbau des Bootshauses, der nach schwieriger Finanzierung und viel Eigenleistung im Jahr 1978 abgeschlossen wurde. Nun hatte das Bootshaus auch wieder einen Gymnastikraum sowie zeitgemäße Sozialräume – wenn auch alles in einfacher, aber zweckmäßiger Ausführung. All dies wirkte sich positiv auf den Ruderbetrieb aus.

Ruderer leisten als Freiwillige Flut-Hilfe

Zunehmender Schiffsverkehr auf dem Rhein und der Rückbau der im Strom verbliebenen Brückenpfeiler zwangen die Rudergesellschaft 1993 aber dazu, ihren Landungssteg aus dem Wasser zu nehmen und ihre Boote fortan an der etwa 200 Meter oberhalb befindlichen Nato-Rampe ins Wasser einzusetzen. Bei den Hochwassern der Jahre 1993 und 1995 standen die Bootshallen der RGR bis zu 1,90 Meter im Wasser. Die lang andauernden niedrigen Wasserstände während der vergangenen Sommer bescherten den Remagener Ruderern beim Einsetzen ihrer Boote an der Nato-Rampe erhebliche Probleme.

Allen Widrigkeiten zum Trotz sei die RGR heute „ein sportlich aktiver und wirtschaftlich gesunder Verein“, resümiert deren Vorsitzender Hermann-Josef Knopp gegenüber dem General-Anzeiger. Dabei nehme die Rudergesellschaft auch gemeinnützige Aufgaben außerhalb ihres Sportbetriebs wahr – unter anderem bei der Reinhaltung des Rheinufers im Bereich von Bootshaus, Friedensmuseum und Nato-Rampe. Und auch beim großen Aufräumen nach dem Ahr-Hochwasser von Juli 2021 hätten Vereinsmitglieder tatkräftig mitgeholfen.

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