Remagener Galerie Vollendete Tatsachen im Remagener Artspace K2

REMAGEN · Der Künstler Günter Litwinschuh stellt in der Remagener Galerie Artspace K2 aus. Der Saarbrücker widmet sich auf ganz spezielle Weise Briefmarken: Unter der Lupe schafft Liwinschuh in Feinarbeit mit dem Buntstift faszinierende Bilderweiterungen.

 Christoph Noebel mit „Briefmarke Marilyn Monroe“.

Christoph Noebel mit „Briefmarke Marilyn Monroe“.

Foto: Martin Gausmann

Mit Mail-Art ist der Saarbrücker Künstler Günter Litwinschuh in der Galerie Artspace K2 zu Gast. Dabei tauschen sich Künstler üblicherweise auf dem Postweg in vielfacher Weise mit ihrer Kunst aus, bar eines kommerziellen Hintergedankens. Litwinschuh hingegen klinkt sich aus der Kommunikation aus und veräußert seine kleinen Bildwerke. Jedoch fokussiert er innerhalb des Genres die Briefmarke, die er nach seiner Fasson zur „Vollendung“ bringt, deshalb der Titel „Vor vollendeten Tatsachen“.

Zunächst einmal reizen per se das kleine Format und die Briefmarke als anspruchsvolles Minibildchen. Eine wunderbare Steilvorlage, um das Motiv fortzusetzen. Das gelingt Litwinschuh technisch vollendet. Aus seiner Buntstift-Feinarbeit unter der Lupe erwachsen Bilderweiterungen, deren Ansätze oft kaum zu erkennen sind. Wichtiger als die Ausführung ist ihm indes das Was und Wie seiner Beifügung, über die der frühere Kunsterzieher lange nachgrübelt. Zu seinem Konzept gehört es, die ursprüngliche Botschaft, meist die Würdigung einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens oder mit besonderen Leistungen, zu unterlaufen. Da kriegt die leicht bekleidete „Gabriele“ im Renoir-Gemälde ein Handy in die Hand gedrückt, wird Richard Wagner beflügelt, indem er Flügel auf dem Kopf trägt und erhält der Engel der französischen Cathedrale Sainte-Cecile als freches Pendant ein gewitztes Teufelchen.

Ermüdender Effekt

Das „vorerst noch tanzende Paar“, zwei typische Dickerchen des kolumbianischen Malers Fernando Botero, bekommen durch Litwinschuh nach Art des Triptychons zwei Seitenflügel. Sie bilden Mann und Frau als nackte Verdopplung ab, was äußerst komisch wirkt. Wohl kaum jemand wird ohne Schmunzeln durch die Ausstellung gehen. Allerdings stellt sich alsbald ein ermüdender Effekt ein, da die Erweiterungen allzu häufig auf Textillosigkeit abzielen, mehr noch vermittels einer zuweilen aufdringlichen Engführung ins Frivole münden.

Klimts ohnehin verführerisch lasziver Judith malt er einen rundlichen blanken Unterleib. Van Goghs erschöpft Mittagsschlaf haltende Erntekräfte geraten in den Beischlaf. Udo Jürgens, oben singend, präsentiert sich untenherum in Feinripp und die Rolling Stones, als Rockstars geradezu dazu verpflichtet, Grenzen zu überschreiten, gebärden sich von sexy bis anstößig. Weil Litwinschuh es so will, steht Wilhelm Buschs Lehrer Lämpel mit stramm aufgestellter Männlichkeit da, lässt auch Mozart die Hosen runter und trägt Goethe „gezähmt“ ein Geschirr der SM-Szene.

„Ich spüre hinter den gepflegten, offiziellen Fassaden Verhältnisse auf, die weniger sichtbar sind“, verlautet der Künstler. Er beabsichtige Schwächen und das Gehabe geltungssüchtiger Mitmenschen, die Fragwürdigkeit mancher gesellschaftlicher Regeln und Doppelmoral aufzudecken. Das mag in einigen Fällen zutreffen, bemäntelt aber womöglich in erster Linie die obsessive Lust des Protagonisten am Voyeuristischen und Schlüpfrigen.

Die Ausstellung an der Kirchstraße 2 ist bis 4. Juli geöffnet: mittwochs bis samstags, 15 bis 18.30 Uhr.

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