Harfenbauer "Lyon & Healy" Von Remagen aus in die Welt
REMAGEN · In einer Bürgervilla gegenüber der Insel Grafenwerth sitzt die Europazentrale des amerikanischen Harfenbauers „Lyon & Healy“.
Dass man in Rolandseck mit der Fähre die Rheinseite wechseln kann, ist bekannt. Aber dass dort ein Geschäft für eines der ältesten Saiteninstrumente ansässig ist, wissen nur die wenigsten. In einer alten Bürgervilla, direkt gegenüber dem Südzipfel der Insel Nonnenwerth, sitzt die „I.S.H. Saiten und Harfen Vertriebs GmbH“. Dahinter verbirgt sich der europäische Vertrieb der renommierten Harfenbauer „Lyon & Healy“ aus den Vereinigten Staaten und „Salvi Harps“ aus Italien.
In dem Anfang der 1990-er-Jahre gegründeten Harfengeschäft haben viele Solisten internationaler Orchester ihre Konzertharfen ausgesucht. Zu den bekanntesten Kunden gehören unter anderem das Pariser Opernhaus, die Wiener Philharmoniker und das Bolshoi Theater in Moskau. „Bei uns wird in sechs Sprachen bedient“, erklärt Geschäftsführer Antoni Gralak. In den großzügigen Ausstellungsräumen mit Blick auf Rhein und Siebengebirge stehen verschiedene der edlen, teils mit Blattgold und feinen Schnitzereien verzierten Instrumente im Wert von bis zu 50 000 Euro zum Probespiel bereit. Die kleinste Harfe ist 81 Zentimeter hoch und kann bereits von fünfjährigen Nachwuchstalenten gespielt werden. „Im Durchschnitt beginnt man im Alter von etwa sieben Jahren“, erläutert Gralak, der die Instrumente zum Einstieg ins Harfenspiel auch vermietet.
Die größte Konzertharfe hat 47 Saiten und sieben Fußpedale zur Halbtoneinstellung. Sie besteht aus mehr als 2000 Bauteilen und kann mit einer Höhe von 1,90 Meter und einem Gewicht von 40 Kilogramm meist nur mit einem speziellen Harfenwagen, ähnlich einer Sackkarre, transportiert werden. Neben dem Handel mit Harfen und Zubehör kümmert sich das Werkstatt-Team auch um Reparaturbelange der sensiblen Instrumente. Gralak hat an der Warschauer Hochschule für Musik und am Mozarteum in Salzburg klassische Gitarre studiert. „Daher mein Gespür für die Saiten“, so Gralak.
Zur Harfe kam der Musiker Mitte der 1980-er-Jahre aus der Not heraus. Seine Frau war wie viele Harfenisten unzufrieden mit den in Polen erhältlichen Harfen aus russischer Herstellung. „Die Arbeit der Harfentechniker war eigenwillig, um es positiv auszudrücken, und sehr teuer“, bemerkt Gralak, der eigenhändig versuchte, die Harfe besser einzustellen. „Das hat so gut funktioniert, dass es sich schnell herumgesprochen hat.“ Durch Lehrgänge bei verschiedenen internationalen Manufakturen brachte er wenig später die neu entdeckten Fähigkeiten auf ein professionelles Niveau und machte die Harfe zum Beruf.
1997 bewarb sich der geborene Warschauer als Harfentechniker bei der I.S.H. – im für ihn noch unbekannten Rheinland. „Nach meinem Vorstellungsgespräch suchte ich nach einem Weg zum Hotel am anderen Rheinufer“, erinnert er sich. „Als ich einen Fußgänger nach der nächsten Brücke fragte, bekam ich von dem verdutzten Remagener nur die Antwort, dass diese doch schon seit dem Zweiten Weltkrieg zerstört sei.“ Nach enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung übernahm der heute 51-Jährige sechs Jahre später die Leitung des Geschäfts an der Rheinpromenade.