Doris Scheuermann im M.A.SH Von Schnüren zu Linien - Hingebungsvolles Streifenziehen

REMAGEN · Was für ein Sprung: Doris Scheuermann hat vom hart- und kompaktstofflichen Material Glas und von den Skulpturen, mit denen sie Geschichten erzählte, umgeschwenkt zu zarten Zeichnungen auf Papier.

 Doris Scheuermann vor einem ihrer Werke.

Doris Scheuermann vor einem ihrer Werke.

Foto: Martin Gausmann

Der ModernArt Showroom (M.A.SH), der übrigens laut Almuth Leib vom Galeristenteam bis 2018 ausgebucht ist, zeigt sie in seiner Präsentation "Pure". Denn pur sind diese sanft geschwungenen Linien, die getuscht oder als Gouache-Auftrag in Schattierungen von Samtschwarz bis hin zu einem Hauch von Grau das Blatt überziehen, wie die sehr gut besuchte Vernissage zeigte.

"Durch die Reduktion von Farbe und Formen stellen sich fast ungewollt ganz andere Sinnzusammenhänge ein, die uns aber bis zu den Grundlagen von Zeichnung und Ästhetik führen", merkte Rednerin Heidrun Wirth an. Die Kunsthistorikerin ebnete den Weg zur sensibilisierten Betrachtung, indem sie auf neue Fragen verwies, die den leise schwingenden Bändern innewohnen: "Welche Bewegungsmuster gibt es? Was heißt eigentlich hängen, was heißt schweben? Oder aber: Wie zart kann ein Farbauftrag sein, bis er vergeht."

Doch gab es auch Antworten für jene, die rätselten, ob die Motive der Bonner Künstlerin der Fantasie, der realen Umwelt oder gar der Welt der Wissenschaft entstammen. Schließlich wetteifern die Assoziationen umso vielseitiger miteinander, je länger das Auge auf den mal parallelen, mal sich überlagernden oder kreuzenden Bändern verweilt.

Unterwassergewächse, Würmer oder deren Röhrensysteme kommen in den Sinn, womöglich Kreppstreifen im Wind. Nichts dergleichen aber stand Pate für die Zeichnungen. Vielmehr waren es transparente Schnüre aus dem Fundus Scheuermanns. Wie sie sich bei Versuchshängungen drehten und ausrichteten, verblüffte die Künstlerin.

"Im Hängen bildeten die Schnüre eine Raumskulptur, oder besser gesagt, eine dreidimensionale Zeichnung im Raum", so Wirth. Scheuermann hielt die wechselnden Ordnungen per Handy fest. Sie ließ sich von ihnen zum Zeichnen anregen, ohne sie direkt abzubilden. Eher ging es ihr darum, "das mit hineinzunehmen, was aus mir kommt".

So hat sie zur Erzeugung der gezeichneten Linienbündel und lockeren Bänder nichts anderes getan, als den in Farbe getauchten Pinsel behutsam ohne Abzusetzen aufwärts über den Zeichengrund zu leiten, innerlich befasst mit dem "Nachspüren von Bewegung und Zeit und leisen Tönen, die Rhythmus vorgeben".

Sie griff nur in diese Gestaltung ein, als sich Farbblasen gebildet hatten. Durch Wasser fortgespült entstanden Leerflächen, die Öffnungen von Hohlräumen nahelegen. Und noch etwas wird sichtbar bei Scheuermanns uneitlem hingebungsvollen Streifen-Ziehen: Obgleich sie in einem Zug agierte, zeichnen sich in den Bahnen ringartige Abschnitte ab: "Vielleicht der Herzschlag", mutmaßte eine Besucherin.

Die Ausstellung in der Kirchstraße 25 ist bis 28. Februar samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung (www.mashgalerie.de) zu sehen.

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