„Unsere wunderbaren Jahre“ Schauspieler David Schütter spricht über Dreh in Ahrweiler

Schauspieler David Schütter aus der Filmreihe „Unsere wunderbaren Jahre“ spricht im GA-Interview über den Dreh im Kreis Ahrweiler und warum Katja Riemann „der Wahnsinn“ ist.

 David Schütter (links) als Tommy Weidner. Hier zu sehen beim Schützenfest, das auf Schloss Vettelhoven gedreht wurde.

David Schütter (links) als Tommy Weidner. Hier zu sehen beim Schützenfest, das auf Schloss Vettelhoven gedreht wurde.

Foto: WDR / UFA Fiction / Willi Weber/Willi Weber

Die Filmreihe „Unsere wunderbaren Jahre“ wird ab Mittwoch, 18. März, im Ersten ausgestrahlt. In der Mediathek ist sie schon jetzt zu sehen. Erzählt wird die Geschichte der Fabrikanten-Familie Wolf im Nachkriegsdeutschland der späten 1940er und 1950er Jahre. Gedreht wurde unter anderem im Kreis Ahrweiler. Genauer auf Schloss Vettelhoven und dem Hof Wuzél. Vor der Kamera steht unter anderem Nachwuchsstar David Schütter als Streikführer Tommy Weidner, dem eine der Wolf-Töchter den Kopf verdreht. Sven Westbrock hat mit dem 29-Jährigen über den Film und seine Eindrücke aus der Eifel gesprochen. Und darüber, was er beim Dreh von Schauspielkollegin Katja Riemann gelernt hat.

Herr Schütter, wo erwische ich Sie gerade?

David Schütter: Ich bin gerade zu Hause in Berlin und auf dem Sprung nach Hamburg, in meine eigentliche Heimat, um meine Familie zu besuchen.

Ein Teil des Films „Unsere wunderbaren Jahre“ wurde in der Gemeinde Grafschaft gedreht, auf Schloss Vettelhoven und dem Hof Wuzél. Wie haben Sie die Dreharbeiten dort erlebt?

Schütter: Das Schloss war ein sehr schöner, beeindruckender Ort. Da haben wir ein Schützenfest gedreht. Mehr kann ich leider gar nicht sagen, man war sehr viel in seinem kleinen Kosmos. Auf dem Weg zum Set guckt man nicht aus dem Fenster, sondern lernt seinen Text.

In einem anderen Interview haben Sie mal erzählt, dass das Lernen von Text nicht gerade Ihre Lieblingsbeschäftigung ist. Warum?

Schütter: Das ist immer so der Fleißakt. Der Moment, in dem es dann Spaß bringt, ist der, indem man ihn kann und nicht mehr über ihn nachdenken muss. Und man muss ihn leider so lernen, dass er flüssig ist wie Wasser. Damit du nicht mehr über ihn nachdenken musst, sondern dich auf den Gedanken und die Situation konzentrieren kannst.

In „Unsere wunderbaren Jahre“ spielen Sie Tommy Weidner, einen jungen Streikführer. Was ist das für ein Typ?

Schütter: Tommy Weidner ist ein junger Mann, nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Kriegsgefangenschaft entlassen, ein etwas späterer Wiederkehrer. Dieser junge Mann ist trotz alldem nicht müde des Kämpfens geworden. Aber diesmal – im Gegensatz zum Zweiten Weltkrieg – für seine eigene Überzeugung. Er versucht in Gerechtigkeit zu Leben, weil er selber als Sohn einer Prostituierten ein Bastard, also eine eheloses Kind war. Deshalb hatte er viel weniger Möglichkeiten. Das ist etwas was uns ja auch der Kapitalismus vorgibt.

Inwiefern?

Schütter: Mit reicheren Eltern haben wir immer sehr viel mehr Möglichkeiten. Darum geht er später auch in die DDR, weil er dort auf eine Chancengleichheit für alle hofft.

Auf einem Bild in der Pressemappe zum Film sind Sie zu sehen, wie sie mit Sonnenbrille auf einem Motorrad sitzen. Hinter Ihnen sitzt eine junge Frau, die Ihnen, so heißt es in der Pressemappe „den Kopf verdreht“. Allerdings, das haben Sie auch mal gesagt, finden Sie es gar nicht so interessant, solche Rollen, im Englischen spricht man von „Love Interest“, zu spielen. Ist das in diesem Fall anders?

Schütter: Es geht viel um diese Liebe zur Ulla, das ist klar. Aber ihm ging es bei der Liebe eher darum, ein Zuhause zu finden. Die Beziehung war der einzige Ort, an dem er mal weicher werden konnte mit all seiner kleinen Cholerik, die er hat. Ich gehöre zu einer Generation, die mit einem Männerbild aufgewachsen ist, das ich heute für falsch halte. Dieses Männerbild ist getrübt und dreht sich gerade komplett. Deswegen fand sich es schön, eine Figur zu spielen, die nicht einfach nur verliebt ist. Und nicht nur dumm verliebt auf der Suche nach sich selbst rumläuft. Ich fand es schön, in einer augenscheinlich so männlich behafteten Rolle, etwas Weiches finden zu können und dafür die Liebe zu einer Frau als Schlüssel zu benötigen.

Wie haben Sie auch auf die Rolle vorbereitet?

Schütter: Mir ging es darum, einen Aufschwung und ein Aufatmen – raus aus dem Zweiten Weltkrieg – zu fühlen. Die Schwere, ohne sie zu missachten, nach Vorne blickend, hinter sich zu lassen. Das war in dieser Zeit wahnsinnig wichtig und wahnsinnig schwierig. Es musste ja weitergehen. Es gab so viel zu tun, so viel wieder aufzubauen, dass eine wahrhaftige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auf der Strecke blieb.

Sie haben in jungen Jahren schon einige größere Produktionen gedreht. Ist es da noch etwas Besonderes, wenn Sie bei „Unsere wunderbaren Jahre“ mit Schauspielgrößen wie zum Beispiel Katja Riemann vor der Kamera stehen?

Schütter: Mit Katja Riemann vor der Kamera zu stehen, ist etwas total Besonderes. Das ist der Hammer.

Warum?

Schütter: Weil die Frau der Wahnsinn ist. Weil ich der zutraue, alles auf der Welt spielen zu können. Sie spielt wahnsinnig komplizierte Dinge mit einer fast frechen Selbstverständlichkeit. Das ist ganz faszinierend, das live sehen zu dürfen.

Lässt sich da als junger Kollege noch etwas lernen? Gibt es es einen Austausch?

Schütter: Ich glaube, ich habe gelernt, dass der Austausch etwas ganz Wichtiges ist, dass man Gedanken häufig beim Reden vollendet. Es hat mir total geholfen, wenn ich mich mit Katja über die damalige Zeit unterhalten habe, über die Rolle, über die Situation. Da war es erlaubt, Fehler zu machen. Dadurch hat man nicht nur versucht, zu gefallen und das Richtige zu sagen. Das fand ich hilfreich. Denn aus Fehlern lernt mehr als aus Dingen, die mal funktioniert haben.

„Unsere wunderbaren Jahre“ wird in drei Teilen ausgestrahlt. Was ist das Besondere daran, solch einen Mehrteiler zu drehen?

Schütter: Es ist etwa wie bei einer Serie. Trotzdem hat sich die Art und Weise wie jede Folge gedreht wurde eher angefühlt wie ein Kinofilm, von der Genauigkeit, von der Liebe zum Detail, von der Größe der Bilder. Sonst würde man das auf sechs Folgen a 45 Minuten verteilen, hier hatten wir drei Teile a 90 Minuten. Und die haben sich auch alle angefühlt wie Filme.

Sind solche Mehrteiler die Antwort der ARD auf Internet-Streamingdienste wie Netflix?

Schütter: Das kann ich nicht sagen. Ich finde, das geht alles so schnell gerade, dass man gar nicht mehr mitkommt. Ich bekomme nur mit, dass auf einmal wahnsinnig viele Anfragen kommen und es viele Stoffe gibt, die entwickelt werden und dass alles mutiger wird. Ob die ARD irgendwann vom Fernsehen, falls das weniger werden sollte, nur noch auf die Mediathek geht und die aussehen lässt wie einen Streamingdienst, kann ich nicht sagen. Ich bin aber tatsächlich sehr gespannt.

Wir leben in einer schnelllebigen Zeit.

Schütter: Besonders in der Medienbranche. Früher gab es eine Serie wie Breaking Bad. Über die hat man dann noch Jahre lang gesprochen. Bei den neuen Serien sind wahnsinnig tolle Sachen dabei. Die werden positiv besprochen, aber danach hört man gar nichts mehr davon, weil schon das nächste kommen muss. Die Produkte haben eine sehr kurze Lebenszeit, sind wie eine kleine, sehr helle Kerze. Das finde ich manchmal schade.

Das Interesse an Historienfilmen wie scheint nichtsdestotrotz ungebrochen. Thema ist aber meist der Zweite Weltkrieg und nicht die Zeit unmittelbar danach. Warum ist das so?

Schütter: Weil das Eine eine ganz große Verantwortung mit sich bringt, diese Geschichten immer wieder zu erzählen und immer wieder neue Aspekte dieser Zeit auszuleuchten. Es wurde immer total übersehen, wie es weiterging, außer, dass es einen Marshall-Plan gab und es eine neue Währung gab. Aber wie sich das angefühlt haben muss, nach diesem Krieg in diesem Land weiter, wieder oder neu zu leben, halte ich für einen ganz interessanten Aspekt, den ich selbst nie beachtet hatte.

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