Aktivgemeinschaft Sinzig Neuer Vorstand fehlt, Auflösung droht

Sinzig · Einem Sinziger Gewerbeverein droht die Auflösung. Denn bei der jüngsten Mitgliederversammlung fand sich kein neuer Vorstand. Zudem gab es Vorwürfe gegen den nun kommissarischen Vorsitzenden: Ihm wurde vorgeworfen, seine ehrenamtliche Tätigkeit mit seinem Hauptberuf zu vermischen.

 In der Kritik: Reiner Friedsam, kommissarischer Vorsitzender der Sinziger Aktivgemeinschaft.

In der Kritik: Reiner Friedsam, kommissarischer Vorsitzender der Sinziger Aktivgemeinschaft.

Foto: Martin Gausmann

Die Aktivgemeinschaft Sinzig, eine Dachorganisation für Handel und Gewerbe, steht ohne Vorstand da. Da sich jüngst bei der digitalen Mitgliederversammlung kein einziger Kandidat für einen der zu besetzenden Vorstandsposten bewarb, muss nun der ausgeschiedene Vorstand die Geschäfte kommissarisch bis zur Einberufung einer neuen Mitgliederversammlung der Werbegemeinschaft führen. Sollten sich keine Kandidaten finden, muss der Verein, hinter dessen Kulissen es in den vergangenen Monaten erhebliche Turbulenzen gegeben hatte, aufgelöst werden. Der amtierende Vorstand wurde allen Querelen zum Trotz einstimmig entlastet.

Bereits im Frühjahr wurde deutlich, dass es bei der Sinziger Werbegemeinschaft reichlich im Getriebe knirscht. Im Fokus stand dabei Vorsitzender Reiner Friedsam, der hauptberuflich eine Werbeagentur betreibt. Ihm wurde in zwei dem General-Anzeiger zugeleiteten anonymen Briefen vorgeworfen, seine ehrenamtliche Tätigkeit mit seinem Hauptberuf zu vermischen. Konkret: Friedsams Firma habe von Friedsam als dem Vorsitzenden der Aktivgemeinschaft als „In-Sich-Geschäft“ Aufträge erhalten. Und obwohl der Vereinsvorsitzende stets betont habe, rein ehrenamtlich zu arbeiten. Öl ins ohnehin schon kräftig lodernde Feuer geriet, als sich zu allem Überfluss dann auch noch herausstellte, dass die Kasse der Einzelhandelsvertretung seit Jahren nicht geprüft worden war.

Weiteres Problem: Der stark in die örtliche Kommunalpolitik involvierte Friedsam kandidierte just zu diesem Zeitpunkt als Vertreter der FWG für den rheinland-pfälzischen Landtag und sah sich durch die Anwürfe einer massiven Störung und Reputationsgefährdung im Wahlkampf ausgesetzt.

In einer Mitgliederversammlung im April wurden dann nach jahrelanger Duldung einer nicht statthaften Kassen-Nichtprüfung mit Martin Thormann und Markus Knippertz zwei Kassenprüfer bestimmt, die das Zahlenwerk von 2020 unter die Lupe nahmen. Auf eine Untersuchung der Zahlen weiter zurückliegender Jahre wurde indes aus unerfindlichen Gründen verzichtet. Da hatte man den Vorstand ohnehin jeweils einstimmig entlastet – auch ohne Prüfung der Kasse.

Die für 2020 aufgeführten Einnahmen und Ausgaben waren nach Mitteilung der Prüfer ordnungsgemäß aufgeführt und buchhalterisch erfasst. „Die Belegführung erwies sich als einwandfrei. Alle Ausgaben entsprachen dem Vereinszweck und sind nicht zu beanstanden“, erklärte Knippertz. Dennoch hatten die beiden Prüfer einiges zu beanstanden: Die Geschäftsführung des Vereins durch den Gesamtvorstand erfolgte „in erheblichem Umfange nicht konform mit der Vereinssatzung und der Geschäftsordnung des Vorstandes“. Insbesondere mangele es an der konkreten und dokumentierten Beschlussfassungen des Gesamtvorstandes zu Einzelmaßnahmen.

Allerdings: Die Pandemie habe die Durchführung von Sitzungen auch erschwert, erklärte Knippertz. Aber: Auch im Hinblick auf vom Gesetzgeber durchgesetzte Erleichterungen wegen der Corona-Krise sei die Dokumentation von Beschlussfassungen und internen Abstimmungen objektiv nur unzureichend erfolgt. Der Vorwurf: Friedsam und sein Vertreter Harald Monschau hätten Geschäfte getätigt, ohne sich bei den Vorstandskollegen rückzuversichern. Rechtlich jedoch sei dies durch ihre Vertretungsbefugnis als Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende abgedeckt. Trotzdem sprachen die Prüfer von einem „generellen Manko“.

Friedsam soll Gelder für eigene Werbeagentur generiert haben

11 536 Euro hatte Friedsams Werbeagentur für operative Maßnahmen, Sachleistungen und Projektierungen in Rechnung gestellt. Alternativangebote waren nicht eingeholt worden, Ausschreibungen gab es nicht. „Das ist generell nicht erfolgt“, stellten die Prüfer nüchtern fest.

Wenig erfreulich gestaltete sich die Aussprache zu dem Kassenprüfungsbericht. Es sei enttäuschend, dass Friedsam trotz seiner Beteuerungen, ehrenamtlich zu arbeiten, Gelder aus den Aktivitäten der Aktivgemeinschaft für seine Werbeagentur generiert habe, hieß es. 17 Rechnungen seien von Friedsams Agentur für Dienstleistungen für die Werbegemeinschaft ausgestellt worden. Einige für Leistungen, die andere aus der Medienbranche angeblich kostenlos angeboten hatten. Nach langen Debatten, Anwürfen und unterschiedlichen Darstellungen von getroffenen und nicht getroffenen Vereinbarungen, bat schließlich Sinzigs Bürgermeister Andreas Geron darum, die alles andere als zielführende, teilweise auch peinliche Diskussion einzustellen.

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