Gewerbeverein vor dem Aus Sinziger Aktivgemeinschaft findet wieder keinen neuen Vorstand

Sinzig · „Wir sind Sinzig“ droht die Auflösung. Der Gewerbeverein findet keinen neuen Vorstand. Zum wiederholten Male. Laut Stadt werden nun hinter den Kulissen Gespräche mit möglichen Interessenten für Posten in dem Gremium geführt.

Bild aus besseren Tagen: Der kommissarische Vorsitzende der Aktivgemeinschaft Sinzig, Reiner Friedsam, der damals noch regulär im Amt war, bei der Jahreshauptversammlung des Vereins im Jahr 2018 mit Bürgermeister Andreas Geron (rechts).

Bild aus besseren Tagen: Der kommissarische Vorsitzende der Aktivgemeinschaft Sinzig, Reiner Friedsam, der damals noch regulär im Amt war, bei der Jahreshauptversammlung des Vereins im Jahr 2018 mit Bürgermeister Andreas Geron (rechts).

Foto: Martin Gausmann

Die Sinziger Aktivemeinschaft steht kurz vor der Auflösung. Erneut fand sich kein neuer Vorstand bei der am Dienstag per Videokonferenz abgehaltenen Jahreshauptversammlung. Bereits seit mehr als einem Jahr wird die Aktivgemeinschaft „Wir sind Sinzig“ kommissarisch von Reiner Friedsam geführt. Der Not-Vorstand um ihn hatte bereits im Vorfeld mitgeteilt, dass es unabwendbar sei, den Verein aufzulösen, falls sich kein Führungsgremium finde. Folgerichtig hatte der kommissarische Vorstand bereits einen Termin für die Auflösungsversammlung festgelegt. Soweit wollen es die Mitglieder nun doch nicht kommen lassen. Vielmehr teilte die Leiterin der Wirtschaftsförderungsabteilung der Stadt, Maike Gausmann-Vollrath, in der Mitgliederversammlung am Dienstagabend mit, dass hinter den Kulissen Gespräche mit möglichen Vorstands-Interessenten geführt würden, die vielversprechend sein könnten. Deren Ausgang will man nun abwarten. Mitte Mai wollen sich die in der Werbegemeinschaft zusammengeschlossenen Einzelhändler und Touristiker erneut treffen, um dann – hoffentlich – einen neuen Vorstand zu wählen – oder den Verein zu beerdigen.

Knirschen hinter den Kulissen

Hinter den Kulissen der Sinziger Aktivgemeinschaft hatte es schon länger gewaltig geknirscht. Zwar hatte es viel Lob und Anerkennung für den agilen Vorstand in der Corona-Krise und wegen der Unterstützungsaktionen für den Einzelhandel gegeben. Doch führte zum einen die überraschende Landtagskandidatur von Vorsitzendem Friedsam für die Freien Wähler zu Unruhen und Unstimmigkeiten, zum anderen warf man ihm vor, als Inhaber einer Werbeagentur von den Aktivitäten der Werbegemeinschaft stark zu profitieren, indem er sich selbst Aufträge zuschanze. Auch wurde seinerzeit daran erinnert, dass es seit Jahren keinerlei Kassenprüfung mehr gegeben haben soll. Zwei zunächst an den General-Anzeiger, später auch an Kommunalpolitiker adressierte anonyme Schreiben mit heftigen Anwürfen sorgten so vor der Landtagswahl für nicht unerhebliche Turbulenzen. Vor allem in der Mitgliederschaft der Werbegemeinschaft.

„Inhalt der anonymen Briefe waren eine Reihe obskurer Anschuldigungen und Vorwürfe, insbesondere gegen meine Person als Vorsitzender und Inhaber einer Werbeagentur“, so Friedsam, der als FWG-Vertreter im Sinziger Stadtrat Sitz und Stimme hat, das Landtagsmandat für die Freien Wähler jedoch schließlich – trotz gutem Einzelergebnis – nicht erringen konnte. Diese Schreiben hätten dann in Sinzig vor der Wahl „die Runde gemacht“. Friedsam: „Es folgten zahlreiche Mailverkehre, Gespräche und Diskussionen. Dabei wurde für viele der Zusammenhang zu dem zeitgleich laufenden Wahlkampf offensichtlich.“ Öffentliche Anfeindungen folgten. Sieben Vorstandsmitglieder erklärten daraufhin, für die im April des vergangenen Jahres anstehende Neuwahlen nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

„In dieser Situation wurde der Druck noch weiter erhöht. Nach einer dann durchgeführten Kassenprüfung wurden massive Vorwürfe gegen mich als Vorsitzenden verbreitet. Es sei Veruntreuung von Vereinsvermögen zu vermuten, hieß es damals. Man müsse prüfen, wie der ganze Vorgang rechtlich zu bewerten sei“, rief Friedsam von den Anschuldigungen empört der Mitgliederversammlung in Erinnerung.

Zudem seien Testate von einem Steuerberatungsbüro in Frage gestellt worden. Die Folge: Die Entlastung des Vorstandes und die Neuwahlen eines neuen Führungsgremiums wurden ausgesetzt. Friedsam: „Im Nachgang hat der Vorstand entschieden, dass bis auf weiteres keine Aktivitäten und Veranstaltungen mehr durchgeführt werden. Auch haben wir keine Mitgliedsbeiträge mehr erhoben.“ Im Dezember trafen sich die Mitglieder der Aktivgemeinschaft dann erneut und erteilten dem Vorstand für das Geschäftsjahr 2020 die Entlastung. Eine Neuwahl des Vorstandes indes fand nicht statt. Grund: Keiner stellte sich zur Verfügung (der GA berichtete).

„Gerade in der aktuell schwierigen Zeit braucht es eine starke und aktive Wertegemeinschaft, um unsere Betriebe und Sinzig nachhaltig zu unterstützen und nach vorne zu bringen“, äußerte sich Friedsam in seinem Rechenschaftsbericht. Es sei kontraproduktiv, die Dachorganisation der Sinziger Gewerbetreibenden jetzt zu liquidieren. Dennoch wurde zunächst kein Ausweg gesehen, nachdem sich erneut kein neuer Vorstand fand.

Maike Gausmann-Vollrath sagte dazu: „Ich gebe die Hoffnung nicht auf.“ Der Stadt sei es ein großes Anliegen, dass der Verein bestehen bleibe. Daher wolle man die nächsten Tage und Wochen nutzen, um erneute Gespräche mit etwaigen Interessenten zu führen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Das Recht der Aktionäre
Kommentar zur Hauptversammlungen Das Recht der Aktionäre
Aus dem Ressort