Unwetter in Rheinbach und im Ahrtal Starkregen sorgte bei Flutopfern für Angst vor erneutem Hochwasser

Ahrtal / Rheinbach · Noch kein Jahr liegt die verheerende Flut zurück, schon mussten die ersten Anwohner vor wiederkehrenden Szenarien bangen. Auslöser war das Unwetter am Montag im Ahrtal und in Rheinbach, das zu zahlreichen Einsätzen von Feuerwehr und THW führte.

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Starkregen im Rheinbach und im Ahrtal

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Foto: Gerda Saxler-Schmidt

Im Vorgebirge und im Ahrtal sind am Montag bei vielen Menschen schreckliche Erinnerungen wach geworden. Am Montag hatte es verstärkt geregnet, was zu dutzenden Einsätzen bei Feuerwehr und THW führte. Wir haben in den betroffenen Orten nachgefragt, wie die Einsatzlage aussah und wie die Menschen sich dort gerade fühlen.

Ahrtal: Mehr als 50 Liter Regen pro Quadratmeter

Es fielen teilweise mehr als 50 Liter Regen pro Quadratmeter. Im Ahrtal mussten die Menschen am frühen Montagnachmittag eine Gewitterfront über sich ergehen lassen. Verbunden damit war ein heftiger Niedergang von Starkregen. Bei vielen Menschen wurden Gedanken an die dramatischen Ereignisse der Flutnacht vom vergangenen Juli wach. Da hatte es den ganzen Tag über buchstäblich „wie aus Eimern“ geschüttet. „Ich bin am Montag, genauso wie am 14. Juli, den Rossberg in Richtung Altenahr runtergefahren. Es hat genauso stark geregnet wie damals und bei mir kamen die Erinnerungen hoch“, so Klaus Angel aus Dernau, der das neuerliche Unwetter im Auto erlebte.

Besonders heftig tobte das Gewitter über der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Während bei der Polizeiinspektion in Ahrweiler rund eine halbes Dutzend Notrufe eingingen, hatten die Wehren der Kreisstadt wesentlich mehr zu tun. Stadtwehrleiter Marcus Mandt registrierte 41 starkregen-bedingte Einsätze in fast allen Stadtteilen. Zwischen Heppingen und dem Heimersheimer Bahnhof schwemmte der Regen Dreck und Geröll von der Landskrone auf die vielbefahrene Landskroner Straße. Hier musste am Dienstag sogar der Bauhof der Stadt anrücken, um die braune Masse zu beseitigen.

An der Sebastianstraße in Ahrweiler trat der Mühlenteich über die Ufer, hier rückte das örtliche Technische Hilfswerk (THW), dass nur wenige Meter entfernt seinen Standort hat, an, um Abhilfe zu leisten. „Wir kommen im Moment einfach nicht zur Ruhe. Nach der Katwarn-Meldung am Mittag kam der Regen plötzlich und heftig, da brach unter den Nachbarn schon wieder Panik aus“, so ein Anwohner.

Grundschüler waren „kaum zu beruhigen“

„In der Grundschule Ahrweiler war gestern schon wieder Wasser im Keller und die Kinder waren ob des starken Regens kaum zu beruhigen“, berichtete eine Zeugin aus Ahrweiler. Für die Wehren galt es in erster Linie, Keller leer zu pumpen und Straßen zu reinigen. „Und das von Ahrweiler bis Heimersheim“, so Marcus Mandt. Neben der Unterstützung durch das Ahrweiler THW stand der Ortsverband Sinzig Gewehr bei Fuß, um bei Bedarf eingreifen zu können.

Ein großes Problem bei stärkeren Regenfällen stellt im Moment die Kanalisation dar. Von der Flutkatastrophe im Ahrtal waren nur in Bad Neuenahr-Ahrweiler rund 130 Kilometer Kanal betroffen. Vieles ist noch lange nicht behoben, das wird Jahre dauern. Aber auch die privaten Hausbesitzer haben oftmals die Entwässerung ihrer Grundstücke noch nicht wieder in Ordnung bringen können. Die Folge: Wasser dringt leichter ins Gebäude ein und kann vor allen in den Kellerräumen neue Schäden anrichten. Schon für Freitag dieser Woche sagen die Meteorologen neue Gewitterfronten und Starkregen voraus, was zu neuen Ängsten im Ahrtal führen dürfte.

Rheinbach: 33 Einsätze und ein überlastetes Kanalnetz

Angst und Schrecken hat der Starkregen mit Gewitter am Montagnachmittag auch bei vielen Rheinbacher Bürgern ausgelöst. Sie sahen sich in die dramatische Flutkatastrophe vom vergangenen Juli zurückversetzt. Nicht wenige sorgen sich, weil im Hochwasserschutz nicht genug geschehen sei.

In ihrer Bilanz nannte die Stadt Rheinbach insgesamt 33 wetterbedingte Einsätze, die von den Einsatzkräften der Freiwilligen Feuerwehr Rheinbach bis 22 Uhr abgearbeitet wurden. Nach der Katastrophe wirkt auch der Hinweis in der Pressemitteilung verständlich: „Mit Erleichterung kann festgestellt werden, dass niemand verletzt wurde.“

Führungskräfte der Stadtverwaltung und Feuerwehr hätten sich im gesamten Stadtgebiet laufend ein Bild von der aktuellen Lage gemacht. Probleme gab es im Kanalnetz, dass durch die in so kurzer Zeit gefallene Niederschlagsmenge an einigen Stellen überlastet war. So drang Wasser in Kellergeschosse ein. Auch einige Entwässerungsgräben konnten das Regenwasser nicht mehr vollständig aufnehmen.

Angeschwemmtes Gehölz verengte zudem einige Gräben. Die Stadt Rheinbach nannte einen Durchlass in der Nähe des RTV-Heims am ehemaligen Waldschwimmbad sowie Gräben und Durchlässe am Ölmühlenweg und zwischen Merzbach und Neukirchen an der L113. Sie wurden jeweils mit einem Bagger geräumt und gereinigt. Kontrollen der Gräben und Durchlässe sowie eine Sonderreinigung von Sinkkästen standen ebenfalls am Dienstag an. Rheinbachs Pressesprecher Norbert Sauren verwies aber auch darauf, dass die Stadt für viele Kilometer Gräben zuständig sei.

Offener Brief wirft Bürgermeister Banken Nachlässigkeit bei Instandhaltung der Bachläufe vor

Gerade der Zustand dieser Gräben beschäftigte viele Bürger. Aus Oberdrees hat sich Stefanie Mahlberg-von Sturm aus der damals massiv betroffenen Frankenstraße mit ihren Beobachtungen in einem offenen Brief, der auch dem General-Anzeiger vorliegt, an Bürgermeister Ludger Banken gewandt. Sie macht dabei aus ihren Befürchtungen keinen Hehl: „Ich möchte nicht noch einmal von der Feuerwehr aus meinem vollgelaufenen Keller gerettet werden müssen!“ Ihrer Beobachtung nach seien von der Stadt freigeschnittene Gräben wie der Landgraben inzwischen „durch die Witterung so stark wieder zugewachsen, dass Rohre verstopft sind und Wassermassen nicht mehr hindurch passen“.

Was sie anmahnt: Die Kooperation zwischen der Stadt Rheinbach und dem Kreis Euskirchen müsse besser sein. „Man kann genau sehen, wo die einzelnen Kreise beginnen, beziehungsweise wo das Einsatzgebiet der Stadt Rheinbach endet. Der Bachlauf ist oberhalb vermüllt, zugewachsen und so erhöht, dass das Wasser auf den daneben liegenden Weg laufen muss, da es sonst keine Ablaufmöglichkeit hat“, so die Oberdreeserin. Sie schildert, dass der Landgraben an der Kreisgrenze Euskirchen/Rhein-Sieg so stark über die Ufer getreten sei, dass „der gesamte daneben liegende Feldweg ein reißender Strom“ geworden sei. Als eine Ursache hatte sie „nicht weggeräumte Brennholzstämme im Bachbett“ ausgemacht, die die Abflussrohre verstopfen.

Aus diesen Schilderungen schließt der Oberdreeser Ortsvorsteher Kurt Brozio, „dass der Zustand am Landgraben und die Regenrückhaltung südlich von Oberdrees nach wie vor besorgniserregend ist, wenn schon ein relativ kurzer starker Regen die Bevölkerung in Angst und Sorge versetzt“. Das schrieb er auch in einer Mail an Bürgermeister Banken. Brozio selbst hatte am Greesgraben festgestellt, dass in der Nähe der Kreuzung Schornbuschweg/Locher Weg der Radweg „stark überflutet und verschlammt“ war. Zwei Radfahrer hätten mit schweren Gepäck im Schlamm festgefahren.

Leser: Stadt Rheinbach hat „aus der Hochwasserkatastrophe 2021 nichts gelernt“

Positiv vermerkt Brozio, dass bei dem Starkregen vom Montag im Gegensatz zum Hochwasser letzten Jahres das Wasser des Landgrabens am Brückenbauwerk an der B266 am Ortsausgang abfließen konnte. Probleme hingegen habe es im neuen Oberdreeser Wohngebiet „Am alten Bahndamm“ gegeben. Wie ein Anwohner schildere, sei beim Bau des Kanalsystems „laut Aussage sachverständiger Arbeiter augenscheinlich ein zu großer Durchmesser gewählt“. Dadurch komme das Abwasser unterwegs zum Stillstand, Treibgut bleibe liegen.

Dass die Stadt Rheinbach „aus der Hochwasserkatastrophe 2021 nichts gelernt“ habe, findet auch Herbert Cramer aus der Rheinbacher Kernstadt. Er hat unserer Redaktion Fotos und ein Video zugeschickt, mit dem Hinweis, dass ein Graben auf Höhe der Danziger Straße nicht freigemacht worden sei. Das Wasser sei mindestens in Höhe von fünf Zentimetern über die Straße geflossen, die Abflüsse sofort mit Laub und Dreck verstopft gewesen.

An der Gymnasiumstraße habe dagegen die Initiative von Bauarbeitern, die aktuell dort arbeiten, laut Geschäftsmann Paul Nelles Schlimmeres verhindert. Sie hätten ohne Aufforderung die Kanaldeckel und die der Überläufe geöffnet, die verstopfenden Einspülungen mit ihren Spitzhacken herausgeholt und mit dem Baumüll entsorgt.

Besorgnis löste der Starkregen auch in Ramershoven aus. Stephan Meerkamp hat hier eine Oldtimer-Restauration. Bei der Katastrophe im Vorjahr war er betroffen, sein Schaden betrug rund eine Dreiviertelmillion Euro. Den Wetterbricht hatte er schon vorab beobachtet: „Man ist auf Achtung.“ Das war auch notwendig. Zwar hielt der Wall, den die Ramershovener Bürger im vergangenen Jahr selbst aufgeschüttet hatten, das Wasser vom Ort ab.

Aber der Eulenbach trat erneut über. Gemeinsam mit einem Landwirt, der einen Radlader besitzt, war Meerkamp im Einsatz: den Wall verstärken, das Wasser zusätzlich umleiten. Einen weiteren Landwirt sandten sie nach Peppenhoven, um dort ähnliche Maßnahmen zu ergreifen. Immerhin sei jemand von der Stadt gekommen, sowie die Feuerwehr. Das schreibt Meerkamp vor allem seiner Frau Yvonne zu. Sie habe in Rheinbach zahlreiche Personen angerufen. „Von alleine wäre gar nichts passiert“, so Stephan Meerkamps Einschätzung. Zumindest am Tag danach seien allerdings Arbeiter unterwegs. Der Bach werde ausgebaggert, der Wall noch einmal erhöht, so Meerkamp.

Sorgen bereitet ihm die Lage trotzdem. Denn die Regenmenge sei gering gewesen, nach einer halben Stunde war knapp alles vorbei. Wie soll das weitergehen, wenn heftige, längere Sommergewitter kommen? „Ich traue mich gar nicht mehr, in den Urlaub zu fahren“, sagt der 51-Jährige, der sein ganzes Leben in Ramershoven neben dem Eulenbach gelebt hat. Und das geht nicht nur ihm so. Eine Kundin sei während des Regens in der Werkstatt gewesen. Sie wollte ihren Oldtimer zuerst gar nicht dort lassen – schließlich war er nach den Schäden im Vorjahr gerade restauriert.

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