Alle lauern auf die "Gans der armen Leute"

Zu Sankt Martin kommt auf der schääl Sick das rheinische Traditionsgericht "Kesselskuchen" auf den Tisch. Die Rezepte variieren genauso wie die Namen. Kartoffeln, Zwiebeln und Speck sind immer drin

  Rheinische Leckerei:  Zur Begeisterung ihrer Familie kommt bei Sigrid Elbern jedes Jahr zum Martinszug der Kesselskuchen auf den Tisch.

Rheinische Leckerei: Zur Begeisterung ihrer Familie kommt bei Sigrid Elbern jedes Jahr zum Martinszug der Kesselskuchen auf den Tisch.

Foto: Malsch

Küdinghoven. Dippekuchen, Knällchen, Diegelskuchen, Kesselskuchen, Döppchenskuchen, Kesselsknall, Puttes. Wahrscheinlich gibt es genauso viele Namen für dieses typisch rheinische Gericht, wie es auch Rezepte gibt. Auf jeden Fall gehören kiloweise geriebene Kartoffeln, mehrere gehackte Zwiebeln, Salz und Speck hinein. Das alles wird in einem großen Topf zu einer Art Kuchen gebacken. Wer will, kann auch noch Brat- oder Mettwürstchen, Rosinen oder Trockenobst dazu geben. Doch da scheiden sich die Geister. . .

Rund um Sankt Martin kommt der Puttes in vielen Familien auf den Tisch. Auch bei der Familie Elbern aus Küdinghoven: "Bei uns ist es schon seit mehr als 20 Jahren Tradition, immer zum Martinszug hier im Dorf den Kesselskuchen mit der ganzen Verwandtschaft zu essen", sagt Mutter Sigrid Elbern.

Rund zehn bis zwölf Leute kommen schon am Nachmittag zu Besuch. "Wir hören uns dann den Gesang der schnörzenden Kinder an, und alle lauern insgeheim schon auf den Kesselskuchen", erzählt die Küdinghovenerin. Denn das Traditionsgericht gibt es nur einmal - eben zu Sankt Martin.

Knollenfackeln vor der Tür

Richtige Rituale sind im Hause Elbern mit dem Kesselskuchen-Essen verbunden. Ehemann Franz Elbern schnitzt zum Martinszug Knollenfackeln aus Futterrüben, um damit die Haustüre zu dekorieren. Daneben stehen aufgereiht bunte Laternen und Fackeln - allesamt von den mittlerweile erwachsenen Töchter in Kindergarten und Grundschule gebastelt. "Die Atmosphäre muss stimmen", sagt Franz Elbern. Die beste "Knällchen-Stimmung" komme auf, wenn es "draußen knackig kalt ist, die schnörzenden Kinder kommen und singen und der Martinszug am Haus vorbei zieht".

Wenn dann der dampfende Topf - am besten gusseisern für die knusprige Kruste, eine Auflaufform funktioniert aber auch - auf den Tisch kommt, leuchten die Augen. Im Hause Elbern wird dazu selbstgemachtes Apfelmus und kühles Bier gereicht. "Ich bevorzuge Senf dazu", sagt Franz Elbern. Aber auch Rübenkraut und Pumpernickel sind als Beilage beliebt.

Allerdings nicht bei Sigrid Elbern: "Das kommt für mich nicht in Frage." Sollte doch mal was vom Festmahl übrig bleiben, dann schmeckt der Kesselskuchen den Elberns aber auch kalt auf einer Scheibe Brot.

Perfekt gelungen ist das Kartoffelgericht, wenn es außen knusprig braun und innen noch weich und saftig ist. Die Traditionsspeise ist nicht nur in der Bonner Region bekannt. Auch im Linzer Raum, in Neuwied und in der Eifel wird sie angerührt. Da der Kesselsknall (benannt nach dem Geräusch beim Stürzen des Topfes) früher meist von der einfachen Bevölkerung zubereitet wurde, hieß er auch die "Gans der armen Leute".

Sehr verbreitet war es auch, die großen Kessel oder Töpfe nicht zuhause, sondern beim Bäcker in den Ofen schieben zu lassen. "Bei uns passt der Topf gerade noch in den Backherd", sagt Sigrid Elbern. Dort bleibt er dann auch locker zwei Stunden und länger, bis das Äußere des Kuchens knusprig ist.

"Diese schwere Kost verlangt ja geradezu nach einem Obstler danach", sagt Franz Elbern. Denn mit Fett oder Öl wird beim Puttes nicht gespart. Sonst würde es auch nicht schmecken. Sigrid Elbern, die keine gebürtige Rheinländerin ist, bekam das Grundrezept von ihrer Schwiegermutter. Ihre eigene Version verfeinert sie mit Rosinen, magerem Speck, Brat- und Mettwürstchen.

"Jede Hausfrau hat da ihre eigene Variante", sagt sie. Früher rieb Sigrid Elbern die neun Kilogramm Kartoffeln noch selbst, heute macht das die Küchenmaschine. Nur geschält wird noch per Hand. Zwei bis drei Stunden dauert die Zubereitung trotzdem. Doch die Mühe lohnt sich, denn laut Franz Elbern schmeckt das Ergebnis "köstlich". Selbst der niedliche Familienhund "Luna" ist Fan des Kartoffelkuchens: Er leckt mit Begeisterung die leeren Teller ab. Ganz ausnahmsweise, versteht sich.

Das Rezept:

Für einen Kesselskuchen nach Sigrid Elberns Rezept (für 10-12 Personen) braucht man:

  • 9 Kilogramm Kartoffeln, gerieben
  • 5-6 Eier
  • 3-4 große Zwiebeln, gewürfelt
  • 100 bis 200 Gramm Rosinen (nach Wunsch)
  • 3 Pfund geräucherten Speck, in Scheiben
  • 1 Pfund Bratwurst, in kleine Kugeln gedrückt
  • 4 Mettwürstchen, in Scheiben
  • Pfeffer, Salz, Muskatnuss und Öl

Kartoffeln und Zwiebeln reiben. Masse in großer Schüssel mit Eiern verrühren und mit den Gewürzen abschmecken. Nach Wunsch die Rosinen hinzufügen. Bräter mit Öl auspinseln und den Boden gut damit bedecken. Einige Speckscheiben auf den Boden und die Wandung legen.

Lagenweise Kartoffelmasse einfüllen und jede Schicht mit Speck, Mettwurst und Bratwurst belegen. Letzte Lage mit Öl bestreichen. Den Bräter offen im Ofen eine Stunde bei 200 Grad, dann weitere eineinhalb bis zwei Stunden bei 180 Grad backen. Falls die Kruste zu dunkel wird, mit Alufolie abdecken.

Dazu schmeckt Bier, und zum guten Abschluss empfiehlt sich ein Obstler.

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