Am Dreikönigstag wird der Bohnenkönig gekürt

Zahlreiche Bräuche ranken sich im Vorgebirge um das Wintergemüse - Bohnenfest gehört im Rheinland zu den Narreteien außerhalb des Karnevals

Am Dreikönigstag wird der Bohnenkönig gekürt
Foto: Horst Bursch

Bornheim. Adventszeit, Zeit des Friedens: "Nu jank me us de Bonne" - "Nun lass mich in Frieden", heißt es im Volksmund. und gerade der Tag der Heiligen drei Könige ist in der Geschichte eng mit dem Gemüse "Bohnen" verbunden.

Historische Schriftstücke belegen für das Vorgebirge den Anbau von Bohnen seit dem Mittelalter, denn zu den Abgaben an Klöster, Stifte und weltliche Grundherrschaften zählten bevorzugt Hülsenfrüchte. In alten Pachtverträgen wird oft als so genannte "trockene Pacht" die Lieferung von mehreren Scheffeln Sau- oder Fettbohnen aufgelistet.

Kennzeichnend für alle Ortschaften des Vorgebirges sind die typischen "Barmen" von Bohnenstangen, die in zwei Formen, nämlich als Spitzkegel und als quer gelagerter Stapel, auf Feldern und Hausgärten zu beobachten sind. Die Löcher für die Stangenbohnen werden mit einem eisernen Bohnensticker in den Boden geschlagen: "De Bonne werde jesteck". Früher nannte man die in den Sommermonaten stattfindenden Kirmesfeste "Decke-Bonne-Kermes" (Ende Juni, Anfang Juli).

Gerade von den dicken Bohnen meinte man mit Blick auf deren feste Hülsen, sie trügen "leddere Botze" (lederne Hosen). Stangen-, Strauch-, Speck-, Pferde-, Woll- und Prinzessbohnen waren und sind im Vorgebirge die beliebtesten Sorten dieses Gemüses. Bohnensalat, "Bottemelechsbonnezupp" und vielartige Bohnengemüse bereichern die Küche.

Manche Redensart greift auf die Bohne zurück: Ein zerstreuter oder sich im Irrtum befindlicher Mensch "öss en de Bonne"; ein Döskopp ist "so dumm wie Bohnenstroh", und ein hagerer, hoch aufgeschossener Jüngling gleicht einer "tapezierten Bohnenstange". Die Bohnenstange heißt in der Mundart des Vorgebirges "Bonnerohm" und "Bonnejeät". "Nu jank me us de Bonne" bedeutet: "Nun lass mich in Frieden." Die letztgenannte Redensart bezeichnet den Kehrvers eines bereits im 13. Jahrhundert greifbaren Bohnenliedes, in dem allerlei Albernheiten und verrücktes Zeug thematisiert werden.

Schon im römischen Altertum galt die Bohne als Attribut des Spottes. Fabius, Fabianus, Lentulus und Cicero sind von lateinischen Bohnenbezeichnungen abgeleitete Spottnamen. Allgemein geläufig ist der mit Nachdruck formulierte Ausspruch "nicht die Bohne", im Sinne von "gar nichts". Diese kurze Redewendung ist mit dem auch im Vorgebirge bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts leben-digen Brauch der Krönung einer Bohnenkönigin beziehungsweise eines Bohnenkönigs erklärbar.

Dieser auch heute noch in etlichen Landesteilen (so in einigen Städten und Dörfern der Eifel, etwa in Daun, Prüm, Niederzier und Brockscheid) zu beobachtende Brauch ist an den Dreikönigstag, den 6. Januar, gebunden. Das Bohnenkönigsfest dürfte von Frankreich aus ins Rheinland gewandert sein. In der belgischen Stadt Tournai, unweit der französischen Grenze, ist dieser Brauch schon 1281 dokumentiert.

Aus Bonn liegt ein entsprechendes Zeugnis für die Zeit um 1900 vor. Damals wurde dort im Verlauf eines "Bohnenballs" den Herren Berliner Pfannkuchen verkauft. Den familiären Brauch des Bohnenkönigsfestes im Rheinland schilderte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts der Kölner Ratsherr Hermann Weinsberg. Diese merkwürdige Angelegenheit gehört zu den Narrenfesten, an denen es ja im Rheinland auch außerhalb der Karnevalstage keineswegs mangelt.

Die Bohnen-Majestät wird folgendermaßen ermittelt: Man trifft sich "op Dreikönninge" im Freundes- und Familienkreis, um einen selbst gebackenen Kuchen (eine Torte oder auch einen Pfannkuchen) zu verspeisen. Es darf sich dabei auch um "Berliner" oder andere Teilchen handeln. In eines der Kuchenstücke ist nun eine Bohne eingebacken. Wer beim Essen diese Bohne entdeckt, wird unter dem Gelächter der anderen zur Bohnenkönigin beziehungsweise zum Bohnenkönig ernannt.

Eine Variante dazu bestand darin, viele Kinder zu einem Kuchenschmaus einzuladen. In drei Kuchenstücke wurde je eine Bohne eingelegt. Diejenigen Kinder, die nun auf eine solche Bohne stießen, wurden zu den Drei Königen erhoben und mit einer Krone gekrönt.

Warum aber kam man auf die Idee, in einem Kuchen ausgerechnet eine Bohne zu verstecken? Erstens waren Bohnen auch zur Winterszeit verfügbar und ihr Kern ließ sich im gebackenen Kuchen leicht finden. Ein Bohnenkern aber symbolisiert auch Unsterblichkeit und Segen, da man ihm seit alters her magische Kräfte zuspricht.

In der römischen Kultur war die Bohne dem Waldgott Silvanus geweiht. Als Symbol für zukünftiges Leben gedeutet, kann man in dieser Hülsenfrucht auch das Jesuskind in der Krippe erkennen, das seine Entdecker, analog zu den Heiligen Drei Königen, in den Rang einer wahren Majestät erhebt.

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