Attila macht Namenlosen zu Krieger Bellisar

Rheinbreitbacher Hunnenhorde lädt befreundete Clans und "Zivilisten" in ihr Sommerlager - Hunnenführer hält mit seinem Kriegsfürsten festlichen Hof bei Bauchtanz und Gelage

  Hunnen-Tafel:  Die grausamen Krieger, die einst auch das Rheinland überrannten, bei ihrem friedlichen Mittagsmahl auf der Festwiese.

Hunnen-Tafel: Die grausamen Krieger, die einst auch das Rheinland überrannten, bei ihrem friedlichen Mittagsmahl auf der Festwiese.

Foto: Homann

Rheinbreitbach. "Sie sind von schrecklich dunkler Farbe und haben kein Gesicht, sondern dafür nur einen abscheulichen Klumpen und eher Punkte als Augen. Ihre Wildheit verrät allein schon ihr gräßlicher Anblick." Dieser Beschreibung der Hunnen von Jordanes (551), der sich auf Cassiodor, den Kanzler von Gotenkönig Theoderich, stützt, konnten die Rheinbreitbacher am Wochenende nicht zustimmen.

Es waren zwar martialische Gesellen, die sich um "Attila" im Park der Oberen Burg scharten, aber gräßlich sahen die in Leder und Fell gekleideten Krieger mit ihren Sklavinnen nun ganz und gar nicht aus.

Stilecht eingerichtete Jurten bildeten einen großen Halbkreis um das Hunnenlager, an dessen anderer Seite Attila, alias "Väterchen" Dieter Schmelzer, mit seinen Stammesfürsten an der langen Tafel Hof hielt.

Hohen Besuch von Hunnenhorden aus dem Köln/Aachener Raum konnte er am Samstagnachmittag empfangen und auch die "Siegburger Hornpötter" waren wie im Vorjahr zu der Zeitreise ins fünfte Jahrhundert erschienen, als die "Geißel der Menschheit" Westeuropa überrannte.

Zeuge wurden sie - wie auch die zahlreichen Gäste - zunächst von der "Taufe" eines Namenlosen. "Etengi und die vier Winde hoffen, dass Dein ehemaliger Laufbursch Dir ein treuer Krieger wird und Deine Schätze mehrt", verkündete Schamanin Ayami, nachdem sie das Orakel der Götter befragt hatte. Weißer Rauch war aus dem Holzfeuerbecken aufgestiegen, so dass sie die Hände des vor ihr liegenden Sklaven reinwaschen konnte.

Mit seinem neuem Kriegsgewand bekleidet, empfing er von Attila als Krieger Bellisar Streitaxt und Totschläger.

Aber noch mehr hatten die Götter der Schamanin in ihren Traummeditationen erzählt. Greka, die Lieblingsfrau Attilas, habe auf den Tag genau 576 Monde hinter sich gebracht, verkündete sie. Mit ihrem Krüppel-Gehörn-Stab und dem Fuchs-Marder-Fellhelm, in dem sich ein kleiner Kauz niedergelassen hatte, schritt sie dabei langsam die Front der Sklavinnen ab. Zum Gratulieren hatte die sich aufgereiht, um ihrer "Herrin" respektvoll Reverenz zu erweisen.

"Alles joode un vill Sonnesching, bis mir us wiedersehn", erklang es im weiten Rund des Parks. Seit ihrer Flucht nach der Niederlage auf den Katalaunischen Feldern (451) hatten die Hunnen wohl die Zeit im weiten Rheintal genutzt, den Dialekt der Bevölkerung bestens zu erlernen.

Und das war auch gut so, wurden sie und ihre Gäste bei der ausgiebigen Feier doch bis in den frühen Morgen von der Gruppe "Watt ess" und den Bad Honnefer "Old-Stars" bestens unterhalten, nachdem die Sklavinnen Attila und seine Fürsten mit ihrem Bauchtanz erfreut hatten.

Als absolut "handzahm" erwies sich die Hunnenhorde dann auch am Sonntag, den sie als Familienfest eingeplant hatte. Zunächst aber ging sie doch auf "Schatzsuche", wurden in der nahen Grundschule doch Kostbarkeiten angeboten. Da wollte Fürst Massagete, als Martin Becker im "Nebenberuf" Vorsitzender des Fördervereins "Ratzefummel", seinem Herrscher doch zeigen, was es in der "Märchenschule" alles zu holen gab. Der aber verlangte keinen Tribut, sondern lud die Kinder nach einem kurzen Rundgang zum Gegenbesuch in sein Lager ein.

Begeistert ließen sich dort die Kleinen in Hunnen verwandeln, zumindest was die gelbe Gesichtsfarbe und die Kriegsbemalung betraf. So zünftig hergerichtet, machten das Stockbrotbacken und Hufeisenwerfen bei den mongolischen Steppenreitern noch mal so viel Spaß. Die liehen natürlich auch ihre Vierbeiner den Kids beim Ponyreiten aus, während die Erwachsenen sich bei strahlendem Sonnenschein an den unter den Sätteln mürbe gerittenen Steaks erfreuten. Am meisten faszinierten die Kinder aber dagegen die glitzernden Schätzen, die in den Jurten der Hunnen verführerisch im Kerzenschein schimmerten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort