Aufsatz über die erste Atlantiküberquerung von Ost nach West

RHEINBACH · Der Rheinbacher Horst Dieter Maurer hat den ersten Atlantikflug zweier Portugiesen im Jahr 1922 für eine Fachzeitschrift dokumentiert.

Aufsatz über die erste Atlantiküberquerung von Ost nach West
Foto: REPRO: Sammlung Maurer

Den Ruhm, als erster den Atlantik allein überflogen zu haben, kassierte 1927 Charles Lindbergh. Weniger bekannt sind die Briten John Alcock und Arthur Whitten Brown, die bereits 1919 nonstop von Neufundland nach Irland flogen. Aber wer kennt Gago Coutinho und Sacadura Cabral? Der Rheinbacher Horst Dieter Maurer, Kapitän zur See a.D. und Marineflieger, würde den beiden Portugiesen im übertragenen Sinn ein Denkmal setzen. Denn sie überquerten den Atlantik 1922 als erste in Ost-West-Richtung von Portugal nach Brasilien. Ihre Geschichte hat der 75-Jährige für einen Fachaufsatz in der Zeitschrift "Schiff & Zeit" akribisch recherchiert.

Was der ehemalige Rheinbacher FDP-Vorsitzende, der sich für Marine- und Fluggeschichte begeistert, zusammengetragen hat, liest sich wie ein spannender Abenteuerroman. Er handelt von zwei kühnen und willensstarken Männern, die sich ganz in der Tradition portugiesischer Weltorientierung von nichts aufhalten ließen und die seefahrerischen Erfahrungen der West-Iberer um eine neue Dimension bereicherten.

Navigateure wollten Flug nach Brasilien in drei Etappen schaffen

Fregattenkapitän Cabral und Konteradmiral Coutinho setzten sich für den Ausbau der portugiesischen Marinefliegerei ein und waren befeuert von der Idee, nach Brasilien zu fliegen. Sie konnten ihre Regierung vom Ankauf dreier einmotoriger Schwimmflugzeuge aus der britischen Flugzeugfabrik Fairey überzeugen, die eigens für ihr Vorhaben ausgestattet wurden, wie Maurer recherchiert hat. Als erfahrene Navigateure wollte sie die 4.350 Seemeilen lange Strecke in drei Etappen bewältigen, mit Zwischenstopps auf den Kanaren, den Kapverden und den brasilianischen Riffinseln Sankt Peter und Paul.

Am 30. März 1922 starteten sie mit der 350 Rolls-Royce-PS starken F-III-D-17 "Lusitania" in Lissabon. Schon während der ersten 20 Flugstunden bis zu den Kapverden taten sich Schwierigkeiten auf. Denn die Schwimmer waren undicht und mit dem durch eingedrungenes Wasser schwereren Flugzeug wurde klar, dass sich "der vorauskalkulierte Treibstoffverbrauch von rund 92 Litern je Flugstunde bei Fluggeschwindigkeiten um 80 Seemeilen pro Stunde ... sehr erhöhte", schreibt Maurer. 1.380 Liter Benzin fassten die Tanks der "Lusitania".

Erst mit dem dritten Flugzeug erreichten sie ihr Ziel

Auf der nächsten Etappe nach St. Peter und Paul, die Coutinho und Cabral am 18. April antraten, sollten sie an ihre Grenzen stoßen. Als sie bei den Riffs nach elfeinhalb Stunden und 908 Seemeilen notwasserten, waren gerade noch zwei bis drei Liter Sprit im Tank. Die See war rauh, ein Schwimmer riss ab, die Lusitania versank im Atlantik. Zum Glück wartete der Kreuzer Republica zum Auftanken auf die beiden Flieger. Ein neues Flugzeug, die baugleiche "Portugal", wurde geliefert. Sie konnte aber nur an der Inselgruppe Fernando de Noronha zu Wasser gelassen werden - 400 Seemeilen westlich von St. Peter und Paul. Die Republica beförderte Cabral und Coutinho dorthin.

Aber die beiden mussten ja - ihrem Plan getreu - zurück zum letzten Zwischenstopp. Dabei scheiterten sie erneut, 120 Seemeilen von der Republica entfernt, und gerieten nun wirklich in Not. Um das schief liegende Flugzeug zu stabilisieren, postierte sich Gago Coutinho nebst Ausrüstung auf dem Pilotensitz, während sich Sacadura Cabral bäuchlings auf die Motorhaube legte. Stundenlang warteten sie auf Rettung. Ein drittes Flugzeug mit Namen "Santa Cruz" wurde herbeigeschafft. Am 5. Juni um 13.30 Uhr erreichten sie nach den letzten 300 Seemeilen in Recife/Pernambuco brasilianisches Festland. In Rio wurden sie begeistert gefeiert.

Maurer, früher selbst Flieger, im weiteren Berufsleben unter anderem Verbindungsoffizier bei zwei Bundespräsidenten, hebt vor allem die technischen und nautischen Innovationen der beiden hervor. So hatte Coutinho als erster den Sextanten flugzeugtauglich gemacht. Und der Rheinbacher arbeitet bereits an weiteren nautischen Themen - etwa an der Frage, was Christopher Kolumbus mit den Navigationskünsten osmanischer Flottenführer zu tun hatte.

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