Bad Honnefer Paar gibt Job als Bereitschaftspflegeeltern auf

Bad Honnef · 25 Jahre lang haben sich Uschi und Büb Brodesser um Jugendliche gekümmert, die meist eine problematische Vorgeschichte hatten. Seit nun endgültig Schluss ist, ist es in dem großen Haus mit vier Etagen still geworden.

 Brodessers allein zu Haus: Die Zimmer ihrer Pflegekinder stehen nun leer.

Brodessers allein zu Haus: Die Zimmer ihrer Pflegekinder stehen nun leer.

Foto: Frank Homann

Die Situation wird Uschi Brodesser nie vergessen. Es war im Urlaub in der Türkei, als ein Einheimischer sie ansprach. "Ich kenne Sie doch. Sie haben mir zu Weihnachten ein Steak gebraten und auf dem Weihnachtsmarkt sogar einen Glühwein spendiert", sagte er. Der Mann hatte als Bereitschaftspflegekind bei Uschi Brodesser und ihrem Mann Büb gelebt. Später saß er sieben Jahre wegen Beschaffungskriminalität in der JVA Remscheid ein. Heute ist er Manager eines Fünf-Sterne-Hotels in seiner Heimat.

Aus vielen der Pflegekinder, die die Brodessers in den vergangenen 25 Jahren in ihrem Haus an der Schmelztalstraße in Bad Honnef betreut haben, ist etwas geworden. Auch wenn ihr Leben nicht immer einen geraden Weg nahm. Dazu war die Vorgeschichte der meisten Jugendlichen, die im Alter von 14 bis 18 Jahren zu den Brodessers kamen, meist zu problematisch.

Bis zu fünf Pflegekinder betreute das Ehepaar gleichzeitig

Dazu kamen sieben eigene Kinder, die zwischen 1964 und 1983 geboren wurden. Die letzten beiden von rund 1.000 Jugendlichen ("Bei 600 habe ich aufgehört zu zählen") zogen im Dezember aus. In Anbetracht des eigenen Alters - Uschi Brodesser ist 67, ihr Mann 72 - hatten beide beschlossen, dass es nun genug war. Vor einem Jahr hatte sie das zuständige Kreisjugendamt überredet, noch ein Jahr dranzuhängen, um die 25 voll zu machen. Vor einer Woche wurden sie vom Landrat verabschiedet.

Seit endgültig Schluss ist, ist es in dem großen Haus mit vier Etagen still geworden. Die drei Zimmer im zweiten und dritten Stock, in denen die Pflegekinder wohnten, stehen leer. "Ich weiß noch nicht, was ich von der Ruhe halten soll", sagt Uschi Brodesser. Mitte Dezember nutzten sie die neugewonnene Freizeit zu einer Kreuzfahrt im Mittelmeer - ausgerechnet mit der jetzt havarierten Costa Concordia.

Stille ist das Ehepaar seit 48 Jahren nicht mehr gewohnt, als das erste leibliche Kind geboren wurde. "Wenn meine eigenen Kinder unter der Bereitschaftspflege gelitten hätten, hätte ich sofort aufgehört", sagt Uschi Brodesser. Stattdessen sei das Gegenteil der Fall gewesen. "Unsere Kinder haben gesehen, dass sie so wie manche Pflegekinder nicht weiterkommen."

Ihren Kindern hätte auch nicht geschadet, dass sie ohne Taschengeld auskommen mussten, während die Pflegekinder darauf einen Anspruch hatten. "Meine Kinder können heute alle mit Geld umgehen." Auf der anderen Seite hätten die Pflegekinder bei Brodessers Kindern gesehen, dass das Leben in einer Familie auch anders geht als zu Hause.

Diebstahl als Problem

Als echtes Problem bei vielen Pfegekindern habe sich "die Klauerei" herausgestellt. "Ich habe mein Portemonnaie immer unter dem Kopfkissen gehabt. Man durfte auch keine Wertsachen oder Autoschlüssel rumliegen lassen", sagt Uschi Brodesser. So kam eines Nachts ein Anruf der Polizei aus Meckenheim. Der Beamte fragte, ob das Fahrzeug mit Kennzeichen Soundso ihnen gehöre. Es gehörte ihnen, und Uschi Brodesser hatte ihr Pflegekind schlafend in seinem Zimmer gewähnt. Einige ihrer Pflegekinder besserten ihr Konto auch als Stricher auf der Kölner Domplatte auf.

Dennoch habe sie die ihr anvertrauten Jugendlichen meist wie eigene Kinder aufgenommen. Was sie nicht vor Enttäuschungen bewahrte. Ein 14-Jähriger, der gerne mit der Pflegemutter auf dem Sofa schmuste, ließ einmal kurz nach dieser Vertrautheit ihr gut gefülltes Portemonnaie mitgehen. Mit vielen Pflegekindern haben die Brodessers bis heute Kontakt. Wie zum Beispiel "Kathrinchen", die sie heute regelmäßig mit ihrem eigenen Kind besucht. [Dank vom Landrat]

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