Baulärm vertreibt die Gäste aus dem Ahrtal
Nachts werden Gleise zerschnitten, Bagger rollen und Schotter wird gekippt - Urlauber verlassen Hotel ohne zu bezahlen - TSG und Bürgermeister kritisierten Vorgehensweise der Bahn
Kreis Ahrweiler. "Gäste haben ihre Koffer gepackt und sind abgereist, einige haben nicht einmal bezahlt." Ludger Volkermann, Chef des Hotels Hohenzollern in Ahrweiler, ist sichtlich verärgert über den nächtlichen Lärm in Zusammenhang mit den Arbeiten an der Bahnstrecke zwischen Walporzheim und Ahrweiler. Dort werden zurzeit der Bahndamm und die Gleise erneuert.
"Von Samstagabend 22 Uhr bis Sonntagmorgen 5 Uhr wurden Schienen zersägt, tagsüber hörte man praktisch nichts", beschreibt Volkermann die Situation, die dazu führte, dass seine Gäste die Flucht ergriffen. "Wenn ich gewusst hätte, dass es so laut wird, hätte ich vorher Einspruch erhoben."
Eine Woche lang schlaflose Nächte hatten bereits auch viele Dernauer, die in Nähe des Bahnhofs wohnen. "Die ganze Nacht durch wurde Schotter aus Waggons auf Lastwagen geladen und abtransportiert", berichtet Peter Zetzsche. "Handzettel wurden vorher nicht verteilt, und die von der Bahn beauftragte Firma hat zum Umladen den gemeindeeigenen Platz benutzt, ohne vorher zu fragen."
Das bestätigt der Dernauer Bürgermeister Manfred Wolff: "Ich habe zufällig beim Vorbeifahren gesehen, dass sie die Fläche, die als Parkplatz dient, benutzen und außerdem auf dem kleinen Parkplatz rechts vom Bahnhof Wohncontainer aufgestellt haben."
Die Gemeinde hätte vorher gefragt, und die Anlieger hätten über die zu erwartenden Belästigungen verständigt werden müssen, kritisiert Wolff. "Aber nichts von allem ist geschehen, vielmehr wurde zeitweise zusätzlich einfach der Bahnübergang gesperrt, und den Weg haben Lastwagen immer wieder blockiert."
So blieb dem Bürgermeister nichts, als die Firma aufzufordern, den Platz nach Abschluss der Arbeiten wenigstens wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen. Außerdem verlangt die Gemeinde von der Baufirma 150 Euro Pacht pro Woche für den Lagerplatz. "Es ist unglücklich gelaufen, ich verstehe nicht, dass man ein Grundstück in Anspruch nimmt, das einem nicht gehört", sagt Wolf.
Verärgert über den gesperrten Bahnübergang ist auch Rosemarie Wollersheim vom Gästehaus Steinbergsmühle, das hinter der Bahnlinie liegt. "Das Schlimmste ist, dass wir nicht benachrichtigt worden sind", sagt sie. "Der Bahnübergang wurde einige Tage lang einfach mit Zügen zugestellt, eine Umleitung zu unserem Haus war nicht ausgewiesen."
Außerdem versteht die Gastgeberin nicht, dass in Dernau die ganze Nacht über Schotter und Schienen verladen werden, wenn in Ahrweiler gebaut wird, und knüpft gleich ein zweites Thema an: Warum ist der Bahnübergang noch immer ohne Schranke, nicht einmal ein Blinklicht gibt es. "Ab 5 Uhr am Morgen hupen die Züge, und man fliegt aus dem Bett", beschreibt sie die Situation.
Dieses ewige Hupen findet auch Gerd Hansen vom Dernauer Weingut Bertram-Hansen "noch schlimmer als die Bauarbeiten". Dem Weingut gehören die Ferienwohnungen direkt am Umladeplatz. "Die Gäste hatten zwar Verständnis, aber sie haben uns vorgehalten, wir hätten sie warnen müssen", sagt Hansen. "Aber wir wussten ja selbst nicht, dass die ganze Nacht durch zwei Bagger laufen, und als nachts Schienen und Bleche umgeladen wurden, haben wir selbst senkrecht im Bett gesessen."
Ein Gast hat einen Abzug von der Rechnung gemacht, berichtet Hansen. Positiv sieht er allerdings, dass die Bahn überhaupt in die Strecke investiert. "Da kann man sicher sein, dass sie erhalten bleibt, und wenn alles hinter einander gemacht wird, ist es schnell fertig."
Darum will Hansen der Bahn keinen Vorwurf machen. Gelassen sieht Reinhard Schreiner die Sache. Er wohnt in Dernau am Ahrweg, genau gegenüber dem Bahnhof: "Da ich weiß, dass der Lärm zeitlich begrenzt ist, kann ich damit leben, wenn es aber ein halbes Jahr dauern würde, ginge es nicht."
Ludger Volkermann hatte in seiner Verärgerung TSG-Geschäftsführer Andreas Wittpohl eingeschaltet. "Es wäre hilfreich gewesen, wenn die lauten Schneidearbeiten nicht nachts und nicht am Wochenende stattgefunden hätten, dann wären die Probleme bei den Beherbergungsbetrieben nicht entstanden", sagte Wittpohl nach einem Gespräch mit der Bauleitung. "Hätten wir vorher gewusst, was da auf uns zukommt, hätten wir die Betriebe und die ihre Gäste vorab darauf aufmerksam machen können."
Es sei zwar verständlich, dass die Schienen zerschnitten werden müssen. "Warum muss das nachts geschehen, warum nicht tagsüber", fragt Wittpohl. Der Verkehrsdirektor der Kreisstadt wünscht sich bessere Informationen, und zwar nicht hinterher, sondern im Vorfeld. "Die Bahn muss uns rechtzeitig mitteilen, was sie vor hat", fordert Wittpohl und fügt hinzu: "Gäste, die hier übernachten, sind oft auch selbst Bahnkunden."
Dazu auch die Stellungnahme der Bahn