Bei den Leuten fühlt er sich am wohlsten

Der Ittenbacher Pfarrer und Dechant Udo Maria Schiffers feiert am Sonntag sein 40-jähriges Priesterjubiläum.

Bei den Leuten fühlt er sich am wohlsten
Foto: Frank Homann

Ittenbach. Am vergangenen Wochenende erst ist Udo Maria Schiffers aus Spanien zurückgekehrt. Am Sonntag steht der Dechant und leitende Pfarrer für fast 15 000 Katholiken im Bergbereich von Königswinter im Mittelpunkt: Mit einem feierlichen Gottesdienst und einer anschließenden Feier auf dem Platz vor der Ittenbacher Kirche "Zur Schmerzreichen Mutter" wird sein 40-jähriges Priesterjubiläum gefeiert.

Wer Schiffers kennt, weiß, dass es ihm nicht ganz unrecht ist, von den Vorbereitungen auf seinen Festtag urlaubsbedingt nicht ganz so viel mitbekommen zu haben. 14 Tage war er auf dem Campingplatz La Vall auf halber Strecke zwischen der französischen Grenze und Barcelona, wo er sich schon ähnlich gut auskennt wie im Siebengebirge. Das geliebte Motorrad, mit dem er besonders gerne in den Urlaub fährt, musste dieses Mal zu Hause bleiben: ein schweres Zelt und ein Faltboot im Gepäck forderten ihren Tribut.

Eine Reise ist es auch, an die der 66-jährige Schiffers besonders gerne zurückdenkt, wenn er die vergangenen 40 Jahre Revue passieren lässt: Als junger Kaplan in Köln-Kriel fuhr er Anfang der 1970er Jahre mit einer Gruppe älterer Jugendlicher mit einem alten, klapprigen VW-Bus nach Lourdes und Taizé.

An einer einsamen Landstraße riss der Keilriemen, und auch die Nylonstrumpfhose einer Mitreisenden erwies sich nicht als haltbar genug. In einer winzigen Tankstelle unweit von Taizé wurde die Reisegruppe damals fündig: Der Tankwart kramte aus einem verborgenen Regal einen Original-VW-Keilriemen, der genau passte. "Es gibt manchmal verrückte Dinge im Leben", muss Schiffers noch heute schmunzeln, wenn er daran denkt.

Am 2. Juli 1970 empfing Udo Maria Schiffers im Kölner Dom die Priesterweihe. Seine erste Stelle als Kaplan trat er in Köln-Kriel an. Das Krieler Dömchen, nach St. Gereon das zweitälteste kirchliche Gebäude der Domstadt, war damals mit 120 bis 150 Hochzeiten pro Jahr die bevorzugte Kirche der Kölner, um den heiligen Bund der Ehe zu schleßen.

1974 wechselte Schiffers dann ans Bonner Münster und nahm in diesem Jahr auch sein Studium bei Joseph Ratzinger in Regensburg auf. Der Kontakt zum heutigen Papst Benedikt XVI. ist bis heute geblieben, der ehemalige Schülerkreis trifft sich jährlich zu einem mehrtägigen Seminar am Sommersitz des Papstes in Castel Gandolfo. Auch in diesem Jahr.

1980 bis 1982 vertiefte Schiffers seine Studien in Rom, das für ihn bis heute "die Stadt der Städte" ist. "Ich habe hier die Weltkirche auf Schritt und Tritt erlebt. Und das Zusammenströmen der griechischen, römischen und vorderasiatischen Kultur", ist Schiffers für diese Zeit dankbar.

Ganz unrecht war ihm aber nicht, dass am Ende seines Studiums nicht der Doktor-Titel stand. "Sonst hätte man mich in irgendein Institut gesteckt. Auf diese Weise konnte ich hier bleiben, bei den Leuten."

So ging es für ihn von den sieben Hügeln in Rom zu den sieben Bergen. 1982 kam er nach Ittenbach. Dort war er in der Gemeinde "Zur Schmerzreichen Mutter" für knapp 2 000 Katholiken verantwortlich. Inzwischen sind es fast 15 000 im Seelsorgebereich Königswinter/Am Oelberg, für die er als leitender Pfarrer zuständig ist.

In den vergangenen fünf Jahren sind durch die Zusammenlegung von immer mehr Pfarreien zu großen Seelsorgebereichen Heisterbacherrott, Thomasberg, Oberpleis, Stieldorf und Eudenbach dazu gekommen, inzwischen feiert Schiffers in sechs Kirchen Gottesdienst. Die Nähe zu den Menschen, letztlich die Aufgabe, aber auch das Kapital des Priesters, geht dadurch immer mehr verloren. Hierzu hat Schiffers sich bereits in der Vergangenheit immer wieder kritisch geäußert.

Was ihn aber ebenso bewegt, ist das "fast völlige Verschwinden des Sakraments der Beichte", was er sehr bedauert. "Heute werden die Leute in Talkshows ermutigt, über intimste Dinge zu reden", sagt er. Das Pendel in der Gesellschaft schlage immer mehr zu einem übersteigerten Individualismus aus. "Der Mensch weiß, dass er sich schuldig macht, macht das aber immer mehr mit sich selbst aus. Dass Gott Schuld vergeben muss, ist auch gläubigen Christen wenig bekannt."

Auch die Missbrauchs-Diskussion sieht Schiffers in diesem Zusammenhang. "Ein Beichtvater könnte so etwas schon in den Anfängen erkennen", ist er sicher. Ansonsten würde er sich wünschen, "dass hier ein vernünftiger Diskurs über die Rolle der Sexualität in der Gesellschaft entsteht".

Er sieht in den Vorfällen neben der "Veranlagung" bei denen, die sich schuldig gemacht haben, auch ein "Anzeichen für eine sehr tiefgehende spirituelle Schwäche". Das Gebetsleben gehe nicht mehr tief genug und könne auch bei den Priestern nicht mehr die notwendige Kraft entfalten. Das will er in einigen Wochen auch dem Papst sagen, "in den 30 Sekunden, die ich mit ihm reden kann".

Am Sonntag wird jetzt aber erst einmal gefeiert. Wieder muss Schiffers schmunzeln, als er einen für ihn typischen Wunsch vorbringt: "Redet bloß nicht solche Sachen, die wie ein Nachruf klingen!", appelliert er an seine Laudatoren.

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