Beigeordnetenkür geht in die Verlängerung

Ratsmehrheit setzt die Fortsetzung des Auswahlverfahrens durch - Meckenheimer Bürgermeisterin soll die Kandidaten wieder einladen - trotz ihrer Mitteilung, dass sie Strafanzeige gegen einen Bewerber gestellt hat

Meckenheim. Das Auswahlverfahren für die Stelle des Technischen Beigeordneten der Stadt Meckenheim, das Bürgermeisterin Yvonne Kempen nach Auffassung der Kommunalaufsicht unbefugt abgebrochen hatte, soll fortgesetzt werden. Das beschloss am Freitagnachmittag nach Informationen des General-Anzeigers eine Mehrheit des Hauptausschusses in der nicht öffentlichen Sondersitzung, die eigens zu diesem Thema anberaumt war.

Im Laufe der Sitzung, die etwa eine Dreiviertelstunde dauerte, stellten UWG und CDU einen gemeinsamen Antrag. Nun soll die Verwaltung die zuletzt ausgewählten Kandidaten erneut einladen. Ein Zeitplan steht noch nicht fest. Mit dieser Entscheidung zeigte sich die Mehrheit auch unbeeindruckt von einem "Einschüchterungsversuch", wie es ein Ausschussmitglied bezeichnete: Jedem Mitglied des Meckenheimer Stadtrates war am Mittwochabend per Eilboten der Stadtverwaltung ein persönliches Schreiben der Bürgermeisterin zugestellt worden.

Der anderthalbseitige Text hatte es in sich: Die Verwaltungschefin teilte mit, sie habe Strafanzeige gegen das Planungsbüro Ginster und Steinheuer gestellt. Einen konkreten Vorwurf nannte sie nicht. Zudem wies sie die Adressaten darauf hin, dass sie im Falle "einer möglichen Wahl des Herrn Ginster" die Konsequenzen "aus diesem rechtswidrigen Verhalten persönlich zu tragen haben". Den Brief, dessen Wortlaut dem General-Anzeiger bekannt ist, kommentierte ein Komunalpolitiker so: "Jetzt läuft sie Amok."

Warum sie die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat, hat die Bürgermeisterin am Freitagnachmittag mittels "Medieninfo" verbreiten lassen: Es geht um den geplanten Kiesabbau auf Rheinbach-Flerzheimer Gebiet nahe Lüftelberg. "Verdachtsmomente" lägen nahe, "dass Sondermülldeponien in Landschaftsschutz- und Wasserschutzgebieten - auch bewusst - verschwiegen werden", so wörtlich.

Zur Erinnerung: Der Vorwurf eines Gefälligkeitsgutachtens wurde schon im Februar von der Bürgerinitiative erhoben, die sich in Lüftelberg gegen den Kiesabbau formiert hat. Das Planungsbüro Ginster und Steinheuer hatte 2006 im Auftrag der Kieswerk Rheinbach GmbH einen landschaftspflegerischen Fachbeitrag erstellt.

Kempen nennt in ihrer Pressemitteilung keinen Namen, erwähnt aber den Zusammenhang mit der Bewerbung um die Stelle des Technischen Beigeordneten. Namen nannte Kempen dagegen im Brief an die Ratsmitglieder: Die Ergebnisse der Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA), die im Herbst 2005 stattfand, hätten ergeben, "dass Auftragserledigungen durch das Planungsbüro Ginster und Steinheuer einer näheren Untersuchung bedürfen".

Die Bürgermeisterin schrieb zudem, auch die GPA erstatte Anzeige. Davon abweichend hieß es am Freitag in der Pressemitteilung, der Sachverhalt habe sie "bewogen, die überörtliche Prüfung durch die GPA und die Staatsanwaltschaft einzuschalten".

Dass ihm eine Strafanzeige der Stadt Meckenheim vorliegt, bestätigte der Sprecher der Bonner Staatsanwaltschaft, Fred Apostel, am Freitag auf Anfrage des General-Anzeigers. Eine Anzeige der GPA liege ihm nicht vor. Apostel stellte zudem richtig, entgegen anderslautenden Rundfunkmeldungen vom Vortag gebe es keineswegs erhebliche Verdachtsmomente.

Er habe den "riesigen Berg Unterlagen" noch nicht geprüft und habe keinen Hinweis darauf, ob es überhaupt einen begründeten Verdacht gibt. Michael Ginster wollte am Freitag keine Stellungnahme abgeben.

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