Gastronom entscheidet sich für Sanierung Besitzer will Bikertreff wieder aufbauen

Hönningen · Mirko Mochetti hat die Flutnacht auf dem Dekorations-Bike auf dem Vordach seines Café Fahrtwind in Hönningen überlebt. Von der Versicherung fühlt er sich im Stich gelassen, aber Dank der vielen Helfer hat er Mut für einen Neuanfang gefasst.

 Bis in den ersten Stock, also etwa bis zum Vordach, stand das Wasser in der Flutnacht. Trotz Ärger mit den Versicherungen: Mirko Mochetti will das Café Fahrtwind wieder eröffnen.

Bis in den ersten Stock, also etwa bis zum Vordach, stand das Wasser in der Flutnacht. Trotz Ärger mit den Versicherungen: Mirko Mochetti will das Café Fahrtwind wieder eröffnen.

Foto: Benjamin Westhoff

Als Mirko Mochetti am 14. Juli nach Hause kommt, ahnt er nicht, was ihm bevorsteht. Der 50-jährige betreibt das Café Fahrtwind, ein überregional bekanntes und bei Motorradfahrern beliebtes Ausflugslokal in Hönningen.

Dass die Ahr an diesem Tag besonders viel Wasser führt, ist ihm bereits aufgefallen. Noch denkt er sich dabei nichts. Als er sein Auto parkt, fallen ihm die Feuerwehrleute auf, die auf dem Nachbargrundstück arbeiten. Sie raten ihm, die Eingänge zu sichern und geben ihm Sandsäcke. „Ich dachte wirklich, ich würde das ganze trockenen Fußes überstehen“, erzählt Mochetti. Und er schafft es tatsächlich ein wenig über seinen Optimismus an dem Tag zu lächeln.

Wenig später wird er auf der Flucht vor den Wassermassen in den ersten Stock des Cafés getrieben, wo sich eine Wohnung befindet. Die Sandsäcke waren nutzlos. Vom Treppenabsatz aus kann er zusehen, wie das Wasser immer weiter steigt. Er hört das Gurgeln und Rauschen und er hört, wie die Fluten sein Café unter ihm verwüsten. „Die Geräuschkulisse war beängstigend. Ich hörte es knallen, rauschen und knirschen und wusste nicht,  was das war.“ Aus Angst, das Wasser könnte schließlich auch den ersten Stock überfluten oder das Gebäude zum Einsturz bringen, flüchtet er sich durch ein Fenster auf das Vordach des Cafés, das mit einem ausrangierten Motorrad dekoriert ist. „Das Motorrad wurde mein Rettungsboot.“ Eine Stunde harrt er dort durchnässt aus. Dann wird es dunkel. „Es war pechschwarze Nacht. Ich konnte nirgendwohin.“ Noch immer kann er nicht einschätzen, wie weit das Wasser steigen wird.

Einmal wird es stromabwärts taghell. „Ich weiß nicht, was es war. Aber ich vermute, dass dort ein Gastank Feuer gefangen hat“, berichtet er. Irgendwann, es ist zwischen zwei und drei Uhr nachts, fühlt er sich sicherer. „Ich hatte das Gefühl, dass das Wasser nicht mehr steigt; dass es nicht mehr schlimmer wird.“ Also klettert er wieder in sein Schlafzimmer im ersten Stock und erwartet hier das Sinken des Wasserspiegels.

Am Morgen watet er schließlich durch das Wasser ins Trockene. „Es war unglaublich, wie es hier aussah“, beschreibt er seine ersten Eindrücke. „Aber von Anfang an war eine unglaubliche Hilfsbereitschaft untereinander da.“ Erst zwei Tage nach der Katastrophe kommen erste Gedanken an die Zukunft. „Am Anfang dachte ich nur: Hey, ich habe es überstanden. Der Kopf braucht lange, bis er realisiert, was da passiert ist.“

Hoffnung auf die Versicherung wird

mit dem ersten Telefonat genommen

Er macht sich aber keine Sorgen. Er ist zweifach versichert und davon überzeugt, dass seine Gebäude- und die Gebäudeinhalts-Versicherung, die er besonders hoch angesetzt hat, für die Schäden aufkommen werden. Drei Tage sind sie von der Außenwelt abgeschnitten bis er endlich seine Versicherung kontaktieren kann. Die Ernüchterung: Ohne viele Umschweife wird er von dem Sachbearbeiter abgewiesen. Seine Versicherung beinhaltet keine Elementarschäden.„Dabei hatte ich bei der Versicherung gar keine Wahl“, sagt Mochetti. Im Jahr 2003 hatte er einen Kredit für den Neubau des Cafés aufgenommen. Die Bank habe ihm diese Versicherung vorgeschrieben. „Ich habe alles so gemacht, wie sie es mir gesagt haben. Sonst hätte ich das Darlehen gar nicht bekommen.“ Seinen Schaden schätzt er grob auf 140 000 Euro.

„Freunde haben mir geraten, dass ich loslassen muss. Ich wollte alles aufgeben und wieder in meinem alten Beruf als Installateur einsteigen.“ Aber am nächsten Tag waren 20 Helfer und die ersten Radlader da. „Es war unbeschreiblich, was wir am ersten Tag geschafft haben. Das hätte ich nicht für möglich gehalten.“ Die Unterstützung und die Erfolge des ersten Tages geben ihm Kraft. „Die Hilfe und Solidarität, gerade von Privatleuten, sind unglaublich! Ich spüre jetzt einfach, dass es weitergehen wird.“ Inzwischen sind die Schlammmassen entfernt, und die Trocknungsgeräte laufen.

Aber die Saison ist für Mochetti verloren. „Wir hatten kurz überlegt, ob wir irgendwie improvisieren. Aber wer soll denn jetzt zur Zeit hier vorbei kommen?“ Er hofft darauf, dass er es irgendwie schafft über den Winter zu kommen, um dann im nächsten Jahr neu zu beginnen. Ohne weitere Hilfe wird es aber wohl nicht gehen. „Ich habe bisher unglaublich viel Unterstützung erhalten. Aber das Café Fahrtwind wieder aufzubauen ist kein Sprint. Das wird ein Marathon.“

Sollte der Neustart gelingen,  wäre es für Mochetti eine Zäsur. „Das ist dann nicht mehr nur mein Lokal. Ich habe es allen zu verdanken, die mitgeholfen und mich unterstützt haben. Es ist dann auch ihr Café. Das möchte ich auf jeden Fall einfließen lassen. Ich weiß nur noch nicht ganz genau, wie,“ erklärt er zuversichtlich.

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