Blankartsmühle erwacht aus Dornröschenschlaf

Volker Esch und Nicole Schauten haben das Traditionshaus an der Ahrweiler Rausch gekauft - Wechselhafte Geschichte seit dem Mittelalter

Blankartsmühle erwacht aus Dornröschenschlaf
Foto: Gausmann

Kreis Ahrweiler. "Zwölf Mühlen für ein Städtchen von etwa 2 000 Einwohnern, das dünkt uns eine hohe Zahl." Das schrieb Jakob Rausch im Heimatbuch der Stadt Ahrweiler 1963 über die Rolle der Zünfte und der Gebäude im Mittelalter.

"Das Brotgetreide spielte im Anbau und Verbrauch eine größere Rolle als heute. Noch gab es keine Kartoffeln. Jeder Bürger zog auf seinem eigenen Felde Dinkel, Weizen, Hafer und Gerste. Dinkel und Weizen mahlte der Müller zu Backmehl. Aus dem Hafer wurde Mehl und Grütze bereitet."

Beides diente zur Herstellung von Suppe, die dreimal täglich als Haferbrei eine große Rolle spielte, zumal man, so Rektor Rausch, "das Kaffeetrinken noch nicht kannte". Eine dieser Mühlen innerhalb des historischen Mauerringes ist die Blankartsmühle.

In den vergangenen vier Jahren fristete sie nun ein tristes, eher unscheinbares Dasein in der "Molerjass" auf der Rausch - Dornröschenschlaf. Doch für eine Familie aus Lohrsdorf war das Objekt gegenüber der Malschule Roos "Liebe auf den ersten Blick": Architekt Volker Esch mit seiner Frau Nicole Schauten und den beiden Söhnen.

Jetzt haben sie sie erworben, sanieren das alte Gebäude für rund 200 000 Euro und wollen zum Jahresende bereits zur Eröffnung einladen. Doch bis dahin steht noch viel Arbeit an für den Kreisstädter und sein Handwerker-Team. Viel vor hat Esch: Für seine Familie möchte er 260 Quadratmeter Wohnraum schaffen, im obersten Geschoss dann eine 130 Quadratmeter große Penthouse-Wohnung zur Vermietung anbieten.

Er will das traditionelle Backes im Keller restaurieren lassen und auch den Ursprung des Hauses, den Mühlenkeller mit -rad und -technik auf Vordermann bringen. "Entrümpelt und entkernt muss werden, das Dach tragen wir ebenfalls ab, weil der Dachstuhl durchgefault ist.

Die Fenster setzen wir wie früher aus Holz mit echten Sprossen ein", erklärt Esch bei einem Rundgang durch das alte, seit mehreren Jahren leer stehende Gebäude, das mit der Vorderseite an die "Rausch", mit der rückwärtigen Seite nebst Hof an die Oberhutstraße grenzt.

Auf den mit Kopfsteinpflaster bestückten und begrünten Innenhof setzt Esch sein besonderes Augenmerk: Dort sieht er vor seinem geistigen Auge beim Ahrweiler Winzerfest schon in gemütlichen Remisen Gäste sitzen, die bei guter Musik mit Ahrwein und selbstgebackenem Brot aus dem Backes bewirtet werden. Seine Frau Nicole wiederum freut sich "auf die Geschichten, die dieses mehr als 700 Jahre alte Haus erzählen kann".

Während des ganzen Mittelalters, so berichtet Jakob Rausch, hieß die Mühle Blankartsmühle, weil die Ritter von Blankart, dieses reichste und berühmteste Ahrweiler Rittergeschlecht, Erbauer und Besitzer dieser Mühle waren. In der Franzosenzeit (1794 bis 1814) kam sie in städtischen Besitz und wird darum auch "Stadtmühle" genannt. Wegen ihrer Lage heißt sie auch "Marktmühle". Vor mehr als 160 Jahren war die Familie Emilius Besitzerin dieser Mühle, die sie bis 1890 betrieben hat.

Danach war ein Herr van Haren der Pächter. Von 1911 bis 1919 wurde die Blankartsmühle von dem aus Mayen stammenden Bäckermeister Bell betrieben. Zugleich führte er in dem weiträumigen Gebäude eine Bäckerei. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Müllersfamilie Pfahl Besitzerin dieser Mühle. Der Müller Münch heiratete die Erbin.

Und so war es Matthias Münch, der 1995 - die Stadt restaurierte in diesem Jahr das Mühlrad als Touristenattraktion - als 83-Jähriger schon im Gespräch mit dem General-Anzeiger in Erinnerungen schwelgte und von der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg erzählte. Der gelernte Kunstschlosser erlernte nach sechs Jahren Kriegsteilnahme und französischer Gefangenschaft den Beruf des Müllers mit Gesellen- und Meisterprüfung.

Mit einer Maschine wurde der Hafer geschält und dann per Mühlrad und Haferquetsche zu Brei verwandelt. In einer Schlange, vom Hoftor bis in die Mühle, standen die Menschen in den harten Zeiten an. Zwei bis drei Säcke Maismehl mahlte die Mühle, die Bäcker waren froh, überhaupt und günstig Brot backen zu können.

1950 erwarb Münch das große Anwesen; zehn Jahre später sorgte die Blankartsmühle für feinen Schrot und feines Mehl, nicht mehr aus Mais gewonnen. Geht es nach den Plänen von Esch und Schauten ist es also bald wieder an der Zeit, dass der Geruch von frisch gebackenem Brot über die Rausch zieht.

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