Bonner Schürmann-Bau: Bund kann noch mit 93 Millionen Euro rechnen

Über die genaue Höhe des Schadensersatzes muss noch verhandelt werden - Eine andere Sache ist jedoch vom Tisch: Regierung und Architekten schlossen einen außergerichtlichen Vergleich

  Der Schürmann-Bau 1993 , als durch das eindringende Hochwasser der Rohbau aus den Fugen geriet und einen jahrelangen Baustopp auslöste, und unten als neues Domizil der Deutschen Welle. Fotos: Friese/Frommann

Der Schürmann-Bau 1993 , als durch das eindringende Hochwasser der Rohbau aus den Fugen geriet und einen jahrelangen Baustopp auslöste, und unten als neues Domizil der Deutschen Welle. Fotos: Friese/Frommann

Bonn. Auch gut zehn Jahre nach dem Hochwasserschaden am Schürmann-Bau ist der Rechtsstreit um Schadensersatzforderungen noch nicht beendet. Allerdings wurde jetzt ein außergerichtlicher Vergleich geschlossen zwischen dem Bund und den Architekten, die mit der Bauüberwachung beauftragt worden waren.

Um einen dreistelligen Millionenbetrag geht es derweil noch in einem weiteren Verfahren: Vor dem Landgericht Bonn muss demnächst über die konkrete Höhe des Schadensersatzes verhandelt werden, den der Bund von den Firmen fordert, die das Hochwasserdesaster mit verursacht haben.

Mit dem wohl größten Baurechtsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte haben sich bereits mehrere Gerichte beschäftigt. Dabei fing alles gut an. 1981: Der Bundestag beschließt seinen Neubau. 1982: Joachim Schürmann gewinnt den Architektenwettbewerb. 1989: Baubeginn. Aber dann, 1991: Nach dem Bonn/Berlin-Beschluss verabschiedet sich der Bauherr Deutscher Bundestag. 22./23. Dezember 1993: Das Hochwasser ramponiert den Rohbau schwer. Folge: Jahrelanger Baustopp aufgrund von "Schlamperei und mangelnder Entscheidungsfähigkeit" (Wolfgang Clement).

Der Bund hatte seinerzeit in seiner Planung für das Objekt einen vorläufigen Hochwasserschutz vorgesehen, der eine Überflutung der Baugrube, in der die Gebäude auf einer Bodenplatte errichtet wurden, verhindert hätte. Diese war jedoch von den Rohbauunternehmen unter Federführung des holländischen Konzerns hbw teilweise entfernt und nicht durch den endgültigen Hochwasserschutz ersetzt worden, stellten Gutachter fest.

Der Bund schätzt den durch das Hochwasser entstandenen Schaden auf mehr als 187 Millionen Euro. Im Juli vergangenen Jahres bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) teilweise ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln (OLG) vom April 2001. Danach bleibt die Bundesrepublik im Verhältnis zu den Rohbaufirmen auf der Hälfte des Schadens sitzen; eine Revision beider Seiten nahm der BGH nicht an.

Den Bund, so der BGH, treffe ein Mitverschulden, weil er sein Konzept für die Herstellung eines endgültigen Hochwasserschutzes in den Plänen nicht hinreichend deutlich gemacht habe. "Im günstigsten Fall" könne nach Angaben des Sprechers des Bundesbauministeriums, Felix Stenschke, aus Sicht des Bundes der Rechtsstreit so ausgehen, "dass der Bund maximal die Hälfte des eingeklagten Betrages zugesprochen erhalten kann". Also rund 93 Millionen Euro.

Ansprüche hatte der Bund auch gegen die Objektüberwacher eingeklagt. Auch in diesem Fall hatte das OLG Köln der Klage zur Hälfte stattgegeben. Zu der vom BGH angenommenen Revision wird es jedoch nicht kommen. Beide Seiten haben sich vergleichsweise geeinigt, nachdem die Architekten (dabei handelt es sich nicht um Professor Joachim Schürmann und sein Team) über ihre Versicherungen einen namhaften Betrag an den Bund bezahlt haben. Über den Inhalt des Vergleichs wollte sich Stenschke nicht äußern: "Wir haben Stillschweigen vereinbart."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar " In Ziffern: 500 000 000" von Bernd Leyendecker.

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