Alte Bausubstanz in Bad Neuenahr Bürgerinitiative beklagt Abriss des alten Pavillons

BAD NEUENAHR · Der Pavillon am Bad Neuenahrer Bahnhof fällt in Kürze dem Abrissbagger zum Opfer. Die Bürgerinitiative Lebenswerte Stadt beklagt die Beseitigung des aus ihrer Sicht "einzigartigen Bauwerks".

Bedauern und Unverständnis bei der Bürgerinitiative Lebenswerte Stadt, die sich für den Erhalt von alter Bausubstanz in Bad Neuenahr einsetzt: Der alte KVV-Pavillon am Bahnhof der Kreisstadt wird abgerissen. Zwar gibt es längst einen Grundsatzbeschluss des Stadtrates, den gesamten östlichen Stadteingang neu zu gestalten, wozu auch das Gelände rund um den Bahnhof und auch der Pavillonabriss gehören. Dennoch ist die Aufregung in den Reihen der Initiative groß.

„Ein einzigartiges Bauwerk stirbt derzeit in Bad Neuenahr nahezu unbemerkt“, so Markus Hartmann von der Bürgerinitiative. Es handele sich um eine Architektur, „nach der sich andere Städte die Finger lecken“. Nun müsse der „elegante Pavillon“ einem schnöden Parkstreifen weichen.

Der Rundbau am Bahnhof steht gleich am Rande des Max-Meyer-Parks. Er war viele Jahre Sitz des Kur- und Verkehrsvereins und seiner Nachfolgeorganisationen, beispielsweise des Ahrtal-Tourismus.

Bereits 1860 gründete sich ein Verkehrs- und Verschönerungsverein in der im Kur- und Tourismusbereich aufstrebenden Stadt, der sich 1911 in den KVV umbenannte. Erste Anlaufstelle für Gäste sei damals das Zigarrengeschäft Kaufmann im Hansa-Haus neben der Post an der Hauptstraße gewesen, so die Bürgerinitiative.

Erst in den 30er Jahren entstand der erste Pavillon am Bahnhof, der 1944 bei einem Luftangriff der Alliierten vollständig zerstört wurde. „Nun diente ersatzweise die Tankstelle Neumerkel als Tourist-Information. Sie lag zwischen Kaiserhof und Hotel Hof von Holland – dem heutigen Kaufhaus Moses. Von hier aus wurden auch die berühmten Dahlienfestzüge organisiert“, ruft Hartmann in Erinnerung. 1961 wurde dann der Pavillon am Bahnhof neu gebaut und bis 1999 genutzt.

Pavillon "begrüßte" Gäste am Bahnhof Neuenahr

Der Pavillon sei Teil der Denkmalzone Bahnhof, unterstreicht die Bürgerinitiative. Die Aberkennung des Denkmalschutzes und der Abriss seien von Seiten der Stadt bereits seit den 90er Jahren betrieben worden, „obwohl andernorts genau diese Pavillons mit viel Erfolg wiederbelebt oder sogar rekonstruiert werden“, ärgert sich Hartmann, der als Beispiele Koblenz und Bonn anführt. Der in den 1960er Jahren entstandene Pavillon habe die Gäste am Bahnhof Neuenahr „begrüßt“. Im Gegensatz zu dem massiveren Bahnhofsbau in historischen Stilformen zeige sich der Pavillon als weitgehend in Glas aufgelöster, fast spielerisch aus einem Rund- und einem etwas niedrigeren Quertrakt komponierter Bau, so die Bewertung der Initiative.

Der niedrige Sockel, die Zone oberhalb der Fenster und der als rahmenartiger Kasten eingestellte Eingang mit seinen beiden angeschrägten Seitenwangen aus Werkstein seien die einzigen massiv wirkenden Teile. „Leicht und fein zeigen sich auch die überstehende Dachscheibe und die schlanken Rundstützen im Inneren. Mit seiner Gestaltung erinnert der Pavillon durchaus bewusst an Formen, die von der Moderne der 1920er Jahre, beispielsweise am Bauhaus, ausprobiert worden waren und die in der Nachkriegszeit vielfach wieder aufgegriffen wurden und deren Ästhetik auch heute wieder eine große Rolle spielt, weshalb solche Bauten andernorts erhalten und weitergenutzt werden“, führt Hartmann weiter aus. Die Bürgerinitiative bedauere einmal mehr, „dass wieder ein durchaus erhaltenswertes Haus, in dem sich ein Stück Stadtgeschichte widerspiegelt, ohne Not abgerissen wird.“ Der Pavillon stelle sich kaum verändert dar und sei bislang funktionstüchtig gewesen.

Hartmann erklärt, es habe sogar interessierte Nutzer und interessante Nutzungskonzepte gegeben.

Ziel der Bürgerinitiative sei es keineswegs, jede „Hütte“ zu erhalten, jedoch mit Rücksicht und Wertschätzung der Geschichte, eine Stadt zu gestalten, unterstreicht der Sprecher der Initiative. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Stadtrat einen Grundsatzbeschluss zur Neugestaltung des Stadteingangs rund um den Bahnhof gefasst. Schon damals hatte die Stadt darauf hingewiesen, dass mit der zuständigen Denkmalbehörde längst ein Abriss des Pavillons geklärt sei. „Das Gebäude steht nicht unter Schutz, die Abrissgenehmigung liegt vor“, so der damalige Beigeordnete Detlev Koch.

Wie mehrfach berichtet, soll das gesamte Bahnhofsquartier neu geordnet werden. Der bisherige Schotterparkplatz östlich des Bahnhofs soll bebaut, die Ampelkreuzung zur Landgrafenstraße durch einen Kreisel ersetzt werden. Der hintere Teil des Max-Meier-Parks bietet Platz für ein im Zuge der Landesgartenschau-Bewerbung angestrebtes und vom Land im Bewerbungsverfahren besonders gelobtes Inklusionshotel, dessen Zuwegung just über das Areal führt, auf dem derzeit der Pavillon steht.

Im Verlauf der nächsten Woche wird nun der Abrissbagger kommen, um den Pavillon endgültig Geschichte werden zu lassen.

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