BUND kritisiert alte Bebauungspläne Klimaschutz und Stadtplanung im Clinch

Rhein-Sieg-Kreis · Für das neue Prozessgebäude in Siegburg wurden die ersten Bäume auf dem Parkplatz des Amtsgerichtes gefällt. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz kritisiert die Maßnahme mit Blick auf das Stadtklima. Und geht jetzt noch ein ganzes Stück weiter.

 Alle Bäume am Amtsgericht sind mittlerweile gefällt, einer, der stehenbleibt, wird gestutzt.

Alle Bäume am Amtsgericht sind mittlerweile gefällt, einer, der stehenbleibt, wird gestutzt.

Foto: Paul Kieras

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) will eine Wende in der Stadtplanung. Die Umweltschützer fordern die Ratsmitglieder in den Kommunen und im Rhein-Sieg-Kreis auf, noch nicht vollständig umgesetzte Bebauungspläne mit Blick auf Klima- und Naturschutz zu aktualisieren. Wenige Tage, nachdem in Siegburg Bäume im Zuge des Ausbaus des Gericht gefällt wurden, wendet sich die Kreisgruppe Rhein-Sieg-Kreis des BUND an die Politik. An der Bahnhofstraße soll ein neues Prozessgebäude gebaut werden. Dort will das Landgericht Bonn die Cum-ex-Verfahren mit rund 1500 Beschuldigten verhandeln. Grundlage für die Maßnahme sei der Bebauungsplan aus dem Jahr 1972. Der vor mehr als 50 Jahren festgelegte Plan werde laut BUND nicht mehr dem politischen Auftrag von heute gerecht. Das gelte für die Klimaschutzziele ebenso wie für das Stadtklima. Das Entfernen von Bäumen und das Errichten eines weiteren Gebäudes wirken sich negativ auf Lebensqualität in der Stadt aus.

Sind Bebauungspläne wirklich in Stein gemeißelt?

„Ein Bebauungsplan wird nicht schlecht. Wir haben diese Genehmigung zu erteilen“, sagte Siegburgs Technischer Beigeordneter Stephan Marks bei einer Bürgerinformationsveranstaltung im Dezember. Er betonte, dass die Pläne für die neue Bebauung zweimal im Planungsausschuss besprochen wurden und ihnen fraktionsübergreifend zugestimmt worden sei. Achim Baumgartner von der Kreisgruppe Rhein-Sieg-Kreis des BUND ist anderer Meinung: „Für viele heute wesentliche Aspekte der Planung hat man damals noch kein Bewusstsein gehabt“, sagt Baumgartner. So spiele etwa die Versickerung von Niederschlagswasser heute eine deutlich größere Rolle als 1972. Auch mit Blick auf die Energieversorgung seien die Pläne nicht mehr zeitgemäß.

Es wäre politischer Auftrag gewesen, Konflikte des Bebauungsplanes mit dem Klimaschutz zu klären. Die Bauleitplanung schließe auch Maßnahmen wie ein ergänzendes Stadtbaumkonzept für die Innenstadt oder ein Gebot zur Begrünung von Fassaden und Dächern im Umfeld ein. Dementsprechend müsste der Rat den Bebauungsplan ändern. Wenn der Plan älter als sieben Jahre sei, gelinge das in der Regel auch entschädigungsfrei.

Windeck und Siegburg-Zange auch im Visier

Weitere Beispiele für Bebauungspläne, die Baumgartner zufolge einer Überarbeitung bedürfen, sind Windeck Obernau und das Siegburger Gewerbegebiet Zange II. In Windeck hatte die Gemeinde im Juli 2020 Pläne zum Ausbau der Storm- und der Kleiststraße in Obernau vorgestellt und damit massiven Widerstand ausgelöst. Die Bürgerinitiative „Rettet die Dichterwiesen“ stellte das Vorhaben infrage, das auf einem Bebauungsplan aus dem Jahre 1974 fußt. Eine nach heutigem EU-Recht notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sagte die Gemeinde erst auf Bürgerinitiative und nach Intervention der Bezirksregierung zu.

Im Gewerbegebiet Zange II in Siegburg sieht Baumgarten durch den Bebauungsplan ein weiteres, mehrere Hektar großes Gebiet im Überschwemmungsgebiet der Sieg für den Naturschutz verloren. Das sei gerade vor dem Hintergrund der Flutkatastrophe im Ahrtal und an der Swist „offensichtlich absurd geworden“. Er stehe aus heutiger Sicht im Widerspruch zu Klimaschutz, Arten- und Naturschutz, aber eben auch zum Hochwasserschutz.

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