Das DRK kann keine Pluspunkte sammeln

Das direkt vom Fernsehen übertragene Streitgespräch fällt harmlos aus - Die Sympathien liegen beim privaten Anbieter - Zahlreiche Rheinbreitbacher versammeln sich an der Oberen Burg zur Live-Sendung

  Talk an der Oberen Burg:  Beatrix Reiss (links) befragt Bürgermeisterin Ulrike Jossen und den privaten Rettungsdienstanbieter Wolfgang Niethammer.

Talk an der Oberen Burg: Beatrix Reiss (links) befragt Bürgermeisterin Ulrike Jossen und den privaten Rettungsdienstanbieter Wolfgang Niethammer.

Foto: Handt

Rheinbreitbach. Grelle Scheinwerfer hüllen den Park der Oberen Burg von Rheinbreitbach am Mittwochabend in gleißendes Licht. Beatrix Reiss vom Südwestfunk ist mit ihrer Mannschaft in den äußersten Norden gefahren, um dort ihre Live-Sendung "Reiss & Leute" zu drehen. Thema ist der Rettungsdienst in Rheinland-Pfalz.

"Ist denn überhaupt noch jemand in Rheinbreitbach zu Hause", wundert sich Reiss angesichts der enormen Zuschauerzahl, die sich um sie und ihre Gesprächspartner geschart hat. Platz auf ihrem "Streitsofa" nehmen Hubertus Sauer, der Geschäftsführer der DRK-Rettungsdienst Rhein-Lahn-Westerwald GmbH, Axel Lechleutner, der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes Köln, und Jens Lotz vom Regionalverband der Johanniter-Unfall-Hilfe Mittelrhein.

Mit dabei sind die Rheinbreitbacher Bürgermeisterin Ulrike Jossen und Wolfgang Niethammer, Chef der Firma Rettungsdienst Niethammer GmbH. Aus dem Mainzer Innenministerium zugeschaltet ist zudem Staatssekretär Karl Peter Bruch. "Es geht um die Konkurrenz im Rettungsdienst insgesamt, nicht nur um das Rheinbreitbacher Unternehmen", erklärt die Moderatorin.

Aber genau dessen Überleben interessiert die Zuschauer brennend. Denn Niethammers Firma hängt am Tropf und den, so sein Vorwurf ( wie der General-Anzeiger mehrfach berichtete), lässt das DRK aus der Leitstelle Montabaur nur höchst sparsam fließen. Sollte er aber aufgeben müssen, ist es um die Versorgung im Ernstfall für die Rheinbreitbacher schlecht bestellt.

"Es geht um die schnelle Rettung akut kranker Menschen, aber auch um ein knallhartes Geschäft, bei dem etwa ''Wildern in fremden Revieren'' mit dicken Geldbußen bestraft wird", bringt Reiss den Konflikt auf den Punkt. Nach dem Landesrettungsdienstgesetz ist der Rettungsdienst dem DRK, das acht von neun Leitstellen in Rheinland-Pfalz führt, übertragen. Voraussetzung: Der jeweilige Einsatzort muss in spätestens 15 Minuten erreicht werden können.

"Seit Mitte der 70-er Jahre hat das DRK das Netz der Leitstellen mit insgesamt 24 Wachen im Land aufgebaut und hält so den Rettungsdienst rund um die Uhr vor", erklärt Sauer die gewachsenen Strukturen. Zuständig für Rheinbreitbach sei die Rettungswache Linz, von der aus die Einsatzzeit "noch so gerade" eingehalten werden könne. Diese Aussage ruft erstmals eine lebhafte Reaktion bei den Zuhörern hervor. "Es gab hier aber doch einige Probleme", weiß selbst Reiss.

"Uns geht es nicht um die Bevorzugung eines örtlichen Unternehmens, sondern um die Sicherheit unserer Bürger", erklärt Jossen. Niethammer hatte vor fünf Jahren die Zulassung zur Durchführung von Rettungstransporten per Gerichtsentscheid einklagen müssen. Das DRK sah es nämlich nicht gerne, auf diesem Gebiet Konkurrenz zu bekommen. Helfen wird die Landesregierung dem Rheinbreitbacher Unternehmen wohl kaum, auch nicht mit der anstehenden Novellierung des Rettungsgesetzes.

"Wir wollen die Notarztversorgung neu aufstellen und die Krankentransporte für Privatunternehmer öffnen. Beim Rettungsdienst sind wir eher skeptisch. Da stützen wir uns landesweit auf die Verbände, denn es geht um Menschenleben", erklärt Bruch.

Genau die aber sind in der Verbandsgemeinde Unkel etwa bei einem Unfall, bei Herzinfarkt oder Schlaganfall in Gefahr. Die hoch über Linz liegende Rettungswache benötigt für die 14 Kilometer lange Strecke im günstigsten Fall 15 bis 20 Minuten. Bei Hochwasser, aber auch an Wochenenden, ist diese Zeit auf der viel befahrenen B 42 nicht einzuhalten. Die "Landwache" Niethammer dagegen könnte selbst den Höhenortsteil Breite Heide in drei Minuten erreichen.

Nur unwesentlich länger würden ihre Rettungssanitäter für den Weg nach Unkel oder Bruchhausen benötigen. "Konkurrenz belebt doch das Geschäft", wendet sich Reiss an Sauer. Der aber erklärt lakonisch: "Wir schalten uns nicht in die Geschäfte von Herrn Niethammer ein. Er muss wie wir seine Aufträge schon selber aquirieren." Da das DRK in ihren Leitstellen selbst der Auftraggeber ist, dürfte es sich hierbei um ein schwieriges Unterfangen für Niethammer handeln.

Bereits bei Krankentransporten hat der Unternehmer Schiffbruch erlitten. Auch hier gab das DRK nicht die Fahrten an Niethammer ab, die nötig waren, um den Rheinbreitbacher Betrieb rentabel zu betreiben. Beim Rettungsdienst ist er jedoch ganz besonders von der DRK-Leitstelle Montabaur abhängig, bei der automatisch die Notrufe unter "112" einlaufen. Das Rote Kreuz hatte nicht nur einen Kooperationsvertrag Anfang 2004 abgelehnt.

Selbst Niethammers Anfrage, seinen Rettungswagen gegen Bezahlung beim DRK desinfizieren zu lassen, wurde abschlägig beantwortet. Das Fazit der Fernsehmoderatorin: "Das DRK will eben nichts von seinem Kuchen abgegeben." Der geäußerte Verdacht: Der kleine lästige Privat-Konkurrent aus Rheinbreitbach soll ausbluten.

"Es geht eben doch in erster Linie um das liebe Geld und nicht um unsere Sicherheit", resümieren die vielen Zuhörer enttäuscht das insgesamt zahme Streitgespräch, das über eine halbe Stunde live in die Wohnzimmer übertragen wurde.

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