Das Lied der Cola

Glosse von Annette Claus: Manch einer trägt ein Foto von den Lieben bei sich. Im Sichtfach des Portemonnaies ist es über die Jahre vergilbt und an den Rändern ausgefranst - aber die Menschen (und Tiere), die man liebt, so einfach entsorgen - wer bringt das schon übers Herz?

Manch einer trägt ein Foto von den Lieben bei sich. Im Sichtfach des Portemonnaies ist es über die Jahre vergilbt und an den Rändern ausgefranst - aber die Menschen (und Tiere), die man liebt, so einfach entsorgen - wer bringt das schon übers Herz?

Und wäre das nicht ein schlechtes Omen? So bleibt der Glücksbringer, wo er ist, und klammheimlich hat er über die Jahre seine Bedeutung gewandelt: Ihn zu behalten, soll Unglück vermeiden helfen.

Die Welt scheint geteilt, in Pessimisten und Optimisten. Letztere sehen wohl immer das halb volle Glas, erstere das halb leere. Angeblich sollen die Optimisten glücklicher und gesünder sein, predigen die Autoren von Ratgeber-Büchern und andere Nervensägen.

Und dann - nächste Stufe - gibt es noch die Zweckoptimisten und die Zweckpessimisten. Ich kann mir nicht helfen: Irgendwie leuchtet mir letztere Anschauung mehr ein. Wenn ich auf ein Ereignis hoffe, das dann so nicht eintrifft, ist das enttäuschend.

Wenn ich dagegen damit rechne, dass es nicht kommt, ist die Freude umso größer, wenn es doch passiert. Ein weites Feld.

Als Kind, wenn ich mit meinen Eltern im Auto über die Kennedybrücke nach Bonn fuhr, dann fiel mein Blick jedes Mal auf eine Leuchtreklame an dem Haus rechts der Brücke. "Western-Cola" stand da, und - warum auch immer - irgendwann habe ich mir angewöhnt, jedes Mal eine kleine "Western-Cola"-Melodie zu summen, wenn wir daran vorbeifuhren.

Glaube, Aberglaube oder einfach eine Zwangsneurose? Die Reklame ist längst verschwunden, die Melodie summe ich immer noch.

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