Der Bonn-Ausweis steht wieder zur Disposition

Die miserable Finanzlage der Stadt Bonn hat sich um weitere zehn Millionen Euro verschlechtert - Auch über die Sportstättennutzungsgebühr wird erneut geredet

Bonn. Neue Hiobsbotschaft für Bonns Kämmerer Ludger Sander: Er muss fast zehn Millionen Euro Zuweisungen an das Land zurückzahlen. Damit steigt das Defizit, das er für den Doppelhaushalt 2003/04 ausgleichen muss, auf 210 Millionen Euro. Dieses Haushaltsloch entspricht mehr als zehn Prozent des Doppelhaushaltes.

"Mit Ihnen möchte ich nicht tauschen", hört Sander derzeit von vielen Seiten. In der Kämmerei wird auf Hochtouren an Vorschlägen gearbeitet, wie die Doppelhaushalte 2001/02 und 2003/04 ausgeglichen werden können. Fest steht, dass die Verwaltung eine Reihe von Investitionen verschieben oder ganz streichen will. Welche, das will Sander noch nicht sagen, es fehlt noch das O.K. der Oberbürgermeisterin.

Bekannt ist allerdings, dass Sander in den kommenden Jahren kein Geld für die Hardtbergbahn bereitstellen will. Und fest steht auch, dass eine Vielzahl von der CDU vorgeschlagene Kürzungen und Verschiebungen bei den Investitionen in dieser Vorschlagsliste auftauchen werden.

Weitaus gravierender für die Bürger dürften allerdings Kürzungen bei den so genannten freiwilligen Leistungen sein - also bei Zuschüssen für Vereine, soziale und kulturelle Einrichtungen. Wo und wieviel gestrichen werden soll, das ist Thema der Beratungen in der Verwaltungsspitze kommende Woche. Bereits in seinem letzten Quartalsbericht hatte Sander von allen Ämtern Einsparungen von 20 Prozent gefordert. Diese Kürzungen, sagte er am Donnerstag, seien jetzt noch wichtiger denn je.

Im Stadthaus hält man es mittlerweile für sehr wahrscheinlich, dass der Bonn-Ausweis - wie schon einmal im Jahr 2000 - zur Disposition steht. Damals wurden die von der Verwaltung vorgeschlagenen Kürzungen allerdings nicht vom Stadtrat mitgetragen. Doch damals war die Finanzlage weitaus besser als heute.

Bonn-Ausweis-Inhaber erhalten Ermäßigungen für Bus- und Bahnfahrten, beim Eintritt in Bäder und zu kulturellen Veranstaltungen oder beim Besuch der Musikschule. Subventioniert wird auch das Essen in Gesamtschulen. Summasummarum kosten diese Vergünstigungen in diesem Jahr mehr als 1,5 Millionen Euro.

Neben dem Bonn-Ausweis wird möglicherweise auch die Sportstättennutzungsgebühr wieder ein Thema. Von Rot/Grün nach dem Wahlsieg 1994 eingeführt, wurde sie nach der Machtübernahme durch die CDU 1999 wieder abgeschafft. Bis dahin wurden jährlich rund 500 000 Mark von den Sportvereinen kassiert.

Einen Hoffnungsschimmer hatte Sander, als er einen Käufer für die städtischen Wohnungen fand, der dafür 86,5 Millionen Euro auf den Tisch legen wird. Doch sein Konzept, mit einem Teil davon Schulden abzubauen, um in den nächsten Jahren Zinsen und Tilgung zu sparen, kann er angesichts der akuten Finanznot ad acta legen.

Jetzt müssen mit dem Wohnungsverkauf die Löcher im laufenden und im nächsten Doppelhaushalt verringert werden. Bedeutet das "Finanzdesaster" (Sander) Steuererhöhungen?. "Nein", sagt der Kämmerer, "zur Zeit sind keine geplant".

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