Interview mit Rainer Mittmann Der Chef der Bundespolizei in Heimerzheim über die Zukunft des Standorts

heimerzheim · Nicht erst seit die Bundeswehr vor drei Jahren das Wiweb-Gelände bei Heimerzheim verlassen hat, existieren in Swisttal Befürchtungen, auch die Bundespolizei könne sich mittelfristig von ihrem Standort Heimerzheim trennen.

Diese Befürchtungen erhielten in jüngster Zeit neue Nahrung durch die geplanten Standortschließungen der Bundeswehr und durch die Tatsache, dass seit Jahren kaum in die sanierungsbedürftigen Gebäude investiert wurde. Auch der Bund muss ja schließlich sparen. Polizeidirektor Rainer Mittmann, der Leiter des Aus- und Fortbildungszentrums der Bundespolizei und Standortbeauftragter in Heimerzheim, ist jedoch optimistisch, dass der Standort noch lange bestehen bleibt. Mit ihm sprach Hans-Peter Fuß.

Wie lange werden Sie noch in Heimerzheim Dienst tun?
Mittmann: Ich persönlich voraussichtlich noch gut zwei Jahre. Dann gehe ich in den Ruhestand.

Und wie lange wird die Bundespolizei in Heimerzheim bleiben? In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Befürchtungen laut, die Bundespolizei verabschiede sich scheibchenweise. Es werde nichts mehr in die Immobilien investiert, viele Stellen würden zum Präsidium nach Potsdam und an andere Standorte verlagert.
Mittmann: An den Schließungsgerüchten ist nichts dran, sie entbehren jeglicher Grundlage. Im Gegenteil: Wir verfügen heute über den höchsten Personalstand in der 37-jährigen Geschichte des Standorts. Im Aus- und Fortbildungszentrum arbeiten rund 500 Auszubildende, Verwaltungsbeamte, Arbeiter und Angestellte. Im September bekommen wir gut 100 neue Auszubildende als Nachwuchs für den Polizeidienst. Hinzu kommen etwa 250 Bedienstete in den ausgelagerten Referaten des Bundespolizeipräsidiums Potsdam sowie die Mitarbeiter der Schule des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Das Stammpersonal des Aus- und Fortbildungszentrums umfasst 280 Leute, davon 160 zivile Mitarbeiter. Damit ist die Bundespolizei der größte Arbeitgeber in der Gemeinde Swisttal.

Was spricht noch gegen eine mittelfristige Aufgabe des Standorts?
Mittmann: Wir liegen im Wettbewerb um gute Auszubildende strategisch günstig im Großraum Rhein-Ruhr und Rhein-Main. Denn wir konkurrieren mit den Länderpolizeien. Die Bundespolizei ist besonders attraktiv, wenn sie heimatnah ausbildet und eine heimatnahe berufliche Verwendung in Aussicht stellen kann.

Wie viele junge Leute bilden Sie zurzeit aus?
Mittmann: 2008 waren es noch 120 pro Jahrgang, heute sind es 200. Und die Zahl wird weiter steigen. Denn bis 2020 werden überdurchschnittlich viele Bundespolizisten in den Ruhestand gehen, also müssen wir verstärkt Nachwuchs einstellen.

Wie erklären Sie sich dann, dass es immer wieder Gerüchte gibt, die Bundespolizei plane den Absprung aus Swisttal?
Mittmann: Der Eindruck entsteht wohl wegen des Renovierungsstaus in der gesamten Liegenschaft. Die Engpässe im Bundeshaushalt schlagen bei uns heftig zu Buche.

Was müsste denn alles gemacht werden?
Mittmann: Alle Unterbringungsgebäude müssten saniert werden. Die Zwei-Personen-Stuben müsste man in moderne Einzelzimmer sowie Doppelzimmer mit Duschen umbauen. Die Sanitäranlagen sind nicht mehr auf heutigem Standard. Marode Sanitärversorgungs- und -entsorgungsleitungen müssten dringend ausgetauscht werden. Die Ausstattung der Büros ist noch akzeptabel, allerdings ist unser Datennetz nur wenig belastbar. Aus dieser Situation heraus kann ich schon verstehen, dass in der Gemeinde gemunkelt wird, wir würden bald zumachen.

Sieht der Bundesinnenminister, dem Sie zugeordnet sind, ebenso die Notwendigkeit einer umfassenden Sanierung?
Mittmann: Ja. Ein Vertreter des Ministeriums hat uns kürzlich nach einem Besuch zugesagt, dass Baumaßnahmen notwendig sind.

Die Notwendigkeit sehen und am Ende dann auch sanieren, das sind zwei Paar Schuhe.
Mittmann: Das funktioniert natürlich nur, wenn der Finanzminister mitmacht. Und der verlangt ein Gesamtsanierungskonzept, sonst wird erfahrungsgemäß nichts investiert.

Wie könnte ein solches Konzept aussehen?
Mittmann: Ich könnte mir vorstellen, dass zunächst ein Neubau errichtet wird. Nach dessen Fertigstellung könnten dort die Leute aus dem ersten der vier zu renovierenden Gebäude einziehen. Wenn ich für Planung und Neubau vier Jahre veranschlage und für die Renovierung eines Gebäudes eineinhalb Jahre, könnte die gesamte Liegenschaft in einem Zeitraum von acht bis zehn Jahren durchsaniert sein. Das werde ich in meiner Dienstzeit natürlich nicht mehr erleben.

Wie hoch schätzen Sie die Kosten?
Mittmann: Das wird nach meiner Einschätzung wohl unter 30 Millionen Euro nicht zu machen sein.

Wenn der Bund diese Summe tatsächlich in Heimerzheim investiert, dürfte der Standort wohl für Jahrzehnte gesichert sein.
Mittmann: Der Standort ist meines Erachtens so lange gesichert, wie sich nichts an der Zuständigkeit und den Aufgaben der Bundespolizei ändert.

Zur Person: Polizeidirektor Rainer Mittmann (58) lebt in der Woche in der Unterkunft der Bundespolizei-Kaserne in Heimerzheim, am Wochenende bei Ehefrau Marianne in Möhnesee. Nach dem Abitur trat er 1974 in den Polizeidienst ein und absolvierte später ein Studium an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Nach Stationen u. a. im Bundesinnenministerium leitet der gebürtige Essener seit 2008 das Aus- und Fortbildungszentrum der Bundespolizei in Heimerzheim. Er fährt gerne Rennrad, läuft Halbmarathon (1.40 h), absolviert einmal im Jahr einen Triathlon und sympathisiert mit Borussia Dortmund.

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